17.12.2018

Magnetische Bakterien navigieren medizinische Nanoroboter

Strukturelle Komponenten der Bakterien mit pola­ri­siertem Neutronen­strahl unter­sucht.

Magnetotaktische Bakterien – kurz MTBs – sind Wasser­orga­nismen mit der Fähig­keit, sich in Magnet­feldern auszu­richten. Dieses unge­wöhn­liche Ver­halten macht sie zu einem inte­res­santen Forschungs­objekt, um ein besseres Ver­ständnis von Bio­magne­tismus zu erhalten und solche Bakte­rien poten­ziell in zukünf­tigen Techno­logien wie medi­zi­nischen Nano­robotern ein­zu­setzen. Forscher haben nun mit Hilfe von Neutronen die magne­tischen Eigen­schaften unter­sucht, indem sie die speziali­sierten Kompo­nenten der daran betei­ligten Zellen analy­sierten.

Abb.: Experimentelle Rekon­struk­tion einer Magne­to­somen­kette, wie sie...
Abb.: Experimentelle Rekon­struk­tion einer Magne­to­somen­kette, wie sie durch Elek­tronen­kryo­tomo­graphie-Bild­ge­bung er­halten wird. (Bild: ILL)

Die Navigationsfähigkeiten von MTBs basieren auf Magnetosomen – Membran­struk­turen mit magne­tischen Nano­par­tikeln, welche die Bakte­rien aus ihrer Um­ge­bung mine­ra­li­sieren. Die Magne­to­somen ordnen sich in einer Kette an, die wie ein Magnet­kom­pass funk­tio­niert, so dass sich ein Bakte­rium an­hand des Magnet­felds der Erde auf das Fluss­bett hin­be­wegen kann, welches es be­vor­zugt be­wohnt. Diese un­ge­wöhn­lichen Nano­par­tikel wurden jetzt mit Hilfe von Neu­tronen­strahlen unter­sucht, um die zu­grunde­lie­gen­den Mecha­nis­men auf­zu­decken, welche An­ord­nung und Geo­me­trie der Ketten be­stimmen.

Ein internationales Gemeinschaftsprojekt von Forschern der Uni­ver­sität des Basken­lands, der Uni­ver­sität Kanta­brien und des Institut Laue Langevin in Grenoble haben die genaue struk­tu­relle Konfi­gura­tion der Magne­to­somen im MTB-Stamm Magneto­spirillum gryphis­waldense auf­ge­deckt. Dabei unter­suchten sie mittels Neutronen­klein­winkel­streuung (Small Angle Neutron Scatte­ring, SANS) eine Suspen­sion von MTBs, um die magne­tische Mikro­struktur der Orga­nismen in einer Wasser­lösung detail­liert betrachten zu können. Zu diesem Zweck wurde ein spezi­elles Instru­ment gewählt – das „Massive dynamic q-range small-angle diffracto­meter“ D33 am Institut Laue Langevin, dessen polari­sierter Neutronen­strahl den Forschern ermög­lichte, sowohl die struktu­rellen Kompo­nenten als auch die magne­tische Anord­nung zu analy­sieren. Es ist schwierig, die magne­tischen Struk­turen inner­halb und zwischen Nano­partikeln direkt zu betrachten. Polari­sierte, Neutronen­spin-auf­ge­löste SANS ist eines der wenigen Werk­zeuge zur Unter­suchung von Nano­partikeln auf der rele­vanten Längen­skala unter­halb von einem Mikro­meter.

Dank SANS konnten die Wissenschaftler neue Einblicke in die Struktur der Magneto­som­kette gewinnen. Von dieser war bereits bekannt, dass sie gebogen und nicht gerade ist, aber mit der Neutronen­unter­suchung konnte genauer ermittelt werden, was hier geschieht. Die Neutronen­unter­suchung deckte auf, dass die Krüm­mungen die Rich­tung des magne­tischen Gesamt­moments nicht beein­flussen, obwohl ein­zelne Nano­partikeln eine Abwei­chung des magne­tischen Moments von zwanzig Grad von der Ketten­achse auf­weisen. Wenn man diese Abwei­chung berück­sich­tigt, erklärt sich die spiral­förmige Form der Ketten als ener­getisch günstigste Konfi­gura­tion für die magne­tischen Nano­partikel auf­grund der magne­tischen dipolaren Wechsel­wirkung und des aktiven Anord­nungs­mecha­nismus der bakte­ri­ellen Proteine.

Die Forschungsergebnisse führen zu einem besseren Verständnis des Ketten­ver­haltens und seiner Aus­wir­kungen auf mögliche MTB-Anwen­dungen. Das könnte die Ent­wick­lung biolo­gischer Nano­roboter unter­stützen, die Medi­ka­mente im Körper bereit­stellen oder dort kleine chirur­gische Ein­griffe vor­nehmen. Die Magneto­som­kette der Bakterien könnte dabei der Rich­tungs­steue­rung dienen. In diesem Fall wäre es wichtig, die genaue Konfi­gura­tion der Kette zu kennen, um eine korrekte Navi­ga­tion im Körper zu gewähr­leisten. Nano­roboter würden mini­mal inva­sive medi­zi­nische Ver­fahren ermög­lichen, bei denen Patienten die Ein­schnitte der gegen­wärtigen chirur­gischen Methoden erspart bleiben.

ILL / RK

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