19.10.2017

Magnetisches Moment von Protonen und Antiprotonen identisch

Fundamentale Eigenschaft der Teilchen auf neun signi­fi­kante Stellen genau gemessen.

Die Wissenschaft ist noch immer auf der Suche nach einem Unter­schied zwischen Protonen und Anti­protonen, der die Existenz von Materie in unserem Uni­versum erklären könnte. Jetzt ist es Forschern der BASE-Kollabo­ration am Forschungs­zentrum CERN gelungen, das magne­tische Moment von Anti­protonen mit extrem hoher Genauig­keit zu messen. Doch auch diese Daten geben keinen Auf­schluss darüber, wes­halb sich im frühen Uni­versum Materie gebildet hat, denn eigent­lich hätten sich Teil­chen und Anti­teil­chen komplett ver­nichten müssen. Die neuesten BASE-Messungen zeigen statt­dessen eine große Über­ein­stimmung zwischen Protonen und Anti­protonen und bestätigen das Standard­modell der Teilchen­physik. Das Materie-Anti­materie-Ungleich­gewicht im Uni­versum gilt als eines der größten Rätsel in der Physik.

Abb.: Das BASE-Experiment am Antiprotonen-Ent­schleu­niger am CERN: Zu sehen ist die Kontroll­peri­pherie, der supra­leitende Magnet, in dem sich die Penning­falle befindet, und das Anti­proton-Trans­fer-Strahl­rohr. (Bild: S. Sellner, RIKEN)

Die BASE-Kollaboration vergleicht die fundamentalen Eigen­schaften von Protonen und Anti­protonen mit höchster Präzi­sion, in der vor­liegenden Studie das magne­tische Moment. Gemessen wird der g-Faktor, der die magne­tische Feld­stärke angibt. „Die Frage ist, ob das Anti­proton genauso magne­tisch ist wie das Proton", erklärt Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Gruppe. „Das ist das Rätsel, dem wir auf der Spur sind.“

Die BASE-Gruppe hatte dazu bereits im Januar für das Anti­proton eine hoch­genaue Messung des g-Faktors ver­öffent­licht, die jetzt noch über­troffen wird: Mit der aktu­ellen Hoch­präzi­sions­messung wurde der g-Faktor auf neun signi­fi­kante Stellen genau bestimmt. Der Wert ist 350-mal genauer als das im Januar publi­zierte Ergebnis. „Diese Steige­rung in einer so kurzen Zeit war nur dank einer komplett neuen Methode mög­lich“, so Ulmer. Dazu haben die Wissen­schaftler erst­mals zwei Anti­protonen ver­wendet und sie mit zwei Penning­fallen analy­siert.

Antiprotonen werden am CERN künstlich erzeugt und von den Forschern für Versuche in einer Reservoir­falle gespeichert. Die Anti­protonen für das jetzige Experi­ment stammten aus dem Jahr 2015 und wurden zwischen August und Dezember 2016 ver­messen – auch das eine kleine Sensa­tion, da eine so lange Anti­materie-Speicher­zeit bis­lang noch nicht doku­men­tiert ist. Normaler­weise würden Anti­protonen in kürzester Zeit in Kontakt mit Materie anni­hi­lieren. Die Speiche­rung erfolgte für 405 Tage in einem Vakuum, das zehn­mal weniger Teil­chen enthielt als der inter­stellare Raum. Insge­samt wurden 16 Anti­protonen ver­braucht, die teil­weise auf eine Tempe­ratur nahe dem abso­luten Null­punkt gekühlt wurden.

Das neue Prinzip beruht auf dem Zusammenspiel von zwei Penning­fallen. Solche Fallen halten die Anti­protonen durch elek­trische und magne­tische Felder fest. Die bis­herigen Messungen waren durch eine starke magne­tische Inhomo­ge­nität in der Analyse­falle limi­tiert. Um diese Schranke zu durch­brechen, fügten die Wissen­schaftler eine zweite Falle mit einem Magnet­feld hoher Homo­genität hinzu. „Damit haben wir eine Methode ange­wendet, die an der Uni Mainz ent­wickelt wurde und die Messungen mit höherer Präzi­sion ermög­licht“, erklärt Ulmer. „Diese Messung mit Anti­protonen zum Laufen zu bringen ist extrem schwierig und wir haben seit zehn Jahren daran gear­beitet. Der Durch­bruch ist uns durch die bahn­brechende Idee gelungen, die Messung mit zwei Teil­chen durch­zu­führen.“ Gemessen werden die Larmor­frequenz und die Zyklo­tron­frequenz, aus denen sich der g-Faktor ergibt.

Der so ermittelte g-Faktor für das Antiproton wird mit dem g-Faktor des Protons ver­glichen, den die BASE-Forscher 2014 mit der bis­lang höchsten Genauig­keit ermittelt haben – ohne dass ein Unter­schied zwischen den beiden zu finden ist. Diese Über­ein­stimmung stellt eine Bestäti­gung der CPT-Symmetrie dar, wonach im Uni­versum eine funda­mentale Symmetrie zwischen Teilchen und Anti­teilchen besteht. „In all unseren Beob­ach­tungen ver­halten sich Materie und Anti­materie komplett symme­trisch, wes­halb es das Uni­versum so gar nicht geben dürfte", erklärt Christian Smorra vom CERN. "Ganz offen­sicht­lich besteht aber eine Asym­metrie, wir ver­stehen nur den Unter­schied nicht. Woher kommt diese Symmetrie­brechung?" Die Motiva­tion der BASE-Wissen­schaftler ist es nun, durch noch genauere Messungen der Eigen­schaften sowohl des Protons als auch des Anti­protons eine Antwort auf diese Frage zu finden. Die BASE-Kollabo­ration will dazu in den nächsten Jahren weitere inno­vative Methoden ent­wickeln und das jetzige Ergebnis noch weiter präzi­sieren.

JGU / RK

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