Magnonen haben den Dreh raus
Neue Art von Spinwellen ermöglicht innovativen Ansatz für IT-Anwendungen.
Viele Anwendungen der Informationstechnologie haben ein Problem: Ihrer Weiterentwicklung sind physikalische Grenzen gesetzt. Je leistungsfähiger sie werden, desto mehr Energie verbrauchen sie und desto mehr erwärmen sie sich. Außerdem lassen sich die Technologien nur noch begrenzt weiter verkleinern. Einen möglichen Ausweg dafür haben Physiker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Lanzhou in China gefunden. Sie beschreiben eine neue Art von Spinwellen, mit denen sich Informationen deutlich effizienter übertragen und verarbeiten lassen.
Konventionelle IT-Anwendungen basieren auf elektrischen Ladungsströmen. „Diese gehen zwangsläufig mit Energieverlusten und einer Erwärmung der Umgebung, also des Materials, einher“, sagt der Jamal Berakdar von der MLU. Deshalb würden der Datendurchsatz und die weitere Verkleinerung der Anwendungen mittlerweile an ihre physikalischen Grenzen stoßen, so der Forscher weiter. Für ihre Studie untersuchten die Arbeitsgruppen von Berakdar und Chenglong Jia von der Universität Lanzhou deshalb eine Alternative zu den gängigen Ansätzen, auf denen aktuelle IT-Anwendungen, wie Datenkommunikation, Speichermedien, Chips und andere Bauteile, basieren.
Im Zentrum ihrer Arbeit standen dabei Magnonen. „Das sind Wellen, die sich mit nur einem Bruchteil der für Stromerzeugung benötigten Energie in Ferromagneten anregen und praktisch ohne Wärmeerzeugung für die Signalübertragung und für logische Operationen in verschiedenen Bauteilen einsetzen lassen“, erklärt Berakdar. In der aktuellen Studie beschreibt das deutsch-chinesische Team eine Art von Wirbelmagnon, bei dem sich sowohl die Wirbelstärke und die Windungszahl als auch die Orientierung der Wirbel kontrollieren lassen. Damit sei es möglich, Signale zu kodieren, die sich über weite Strecken ohne Dämpfungsverluste ausbreiten können.
Weitere analytische und numerische Simulationen zeigten zudem, wie sich die Wirbelmagnonen in einem Wellenleiter schraubenförmig ausbreiten. Den Forschern zufolge ermöglichen diese Eigenschaften eine zuverlässige, drastische Erhöhung der Informationsübertragungsdichte. Neben der Energiesparsamkeit seien zudem die kontrollierbaren und verglichen mit optischen Wellen kurzen Wellenlängen von Vorteil, so Berakdar weiter. Das neue Verfahren könne sogar in bereits vorhandene Technologien integriert werden.
MLU / od
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. Jia et al.: Twisted magnon beams carrying orbital angular momentum. Nat. Comm. 10, 2077 (2019); DOI: 10.1038/s41467-019-10008-3 - Nonequilibrium Many-Body Systems (J. Berakdar), Institut für Physik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale