01.11.2016

Mal Rugby-Ei, mal Diskus

Neue Simulationen und Messungen ermöglichen Bestimmung der Form von Atomkernen.

Ein Atomkern besteht aus einer bestimmten Anzahl von Protonen und Neutronen, je nachdem welches Isotop eines chemischen Elements er darstellt. Seit langem ist bekannt, dass Atomkerne verschiedene Gestalten annehmen können. Viele sind kugel­förmig, andere sind geformt wie ein Rugby-Ball oder wie eine Diskus­scheibe. Einige Atomkerne können sogar ihre Form spontan ändern. Bei einer solchen Form­änderung geben sie entweder Energie ab oder nehmen welche auf, wobei sie wegen der Äquivalenz von Masse und Energie dabei ein wenig leichter oder schwerer werden. Bisher waren die Ursachen des Formwechsels von Atomkernen, genauso wie die Ursachen vieler anderer Kern­eigenschaften, weitgehend unklar.

Abb.: Verschieden angeregte Kernzustände von Zirkon-96 (Bild: C. Kremer et al.)

Physiker um den Tokioter Professor Takaharu Otsuka haben eine Theorie entwickelt, die die Eigenschaften eines Atomkerns auf die Kräfte zwischen den vielen im Kern befindlichen Protonen und Neutronen zurückführt und es ermöglicht, etwa die Gestalt eines Atomkerns in einem Groß-Computer zu berechnen. Die Berechnungen am Forschungs­zentrum Riken in Tokio wurden für verschiedene Isotope des Metalls Zirkon mit 40 Protonen und Neutronenzahlen von 50 bis 70 durchgeführt, wobei mehr als 1023 unterschiedliche Quanten­zustände berücksichtigt werden mussten, ein Weltrekord. Die mehr­wöchigen Berechnungen ergaben, dass das Isotop Zr-96 mit 56 Neutronen im leichtesten Zustand kugelförmig und in einem nur wenig schwereren Quanten­zustand Rugby-Ball-artig deformiert sein müsse.

Die TU Darmstadt verfügt mit ihrem Elektronen­beschleuniger über eines der präzisesten Mess­instrumente, die die Theorien der japanischen Physiker testen können. Ein Team von Experimental­physikern um den Direktor des Instituts für Kernphysik der TU Darmstadt, Norbert Pietralla, führte Präzisions­messungen durch, bei denen die Forscher hoch­energetische Strahlen von Elektronen an einer Folie aus Zirkon streuten und ihre Energieabgabe an die darin enthaltenen Kerne des Isotops 96Zr präzise vermaßen. So wird die Gestalt der Atomkerne wie in einem hoch­auflösenden Elektronen­mikroskop nachweisbar. „Unsere Messungen bestätigen die Theorie der Kollegen aus Tokio“, sagt Pietralla. Damit liege nun das Verständnis vor, um nicht nur die Gestalt von Atom­kernen sondern viele weitere Eigenschaften dieser komplexen Quanten­objekte zu berechnen und verlässlich vorherzusagen.

TU Darmstadt / DE

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