17.11.2015

Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum eröffnet

Krebsbehandlung mit einem bei der GSI entwickelten Verfahren kann beginnen.

Letzte Woche eröffnete das Marburger Ionenstrahl-Therapie­zentrum MIT, nachdem im Oktober bereits die ersten Patienten behan­delt wurden. Die Therapie mit schweren Ionen wurde beim GSI Helm­holtz­zentrum für Schwer­ionen­forschung in Darmstadt entwickelt und an der Beschleuniger­anlage von 1997 bis 2008 erfolg­reich in der Behandlung von Tumor­patienten eingesetzt. In Marburg geht nun deutsch­land­weit die zweite Anlage an einer Klinik in Betrieb, mit der größere Patienten­zahlen auf diese Weise behandelt werden können.

Abb.1: Am Behandlungs­platz bei GSI wurden 444 Patienten mit großem Erfolg behandelt. (Bild: A. Zschau / GSI Helmholtzzentrum)

Am MIT wird eine effiziente und nebenwirkungsarme Krebs­therapie bis zu 750 Menschen jährlich zur Verfügung stehen. Nach dem Vorbild des Heidel­berger Ionen­strahl-Therapie­zentrums wurde in Marburg eine Anlage zur Bestrah­lung mit Ionen gebaut, die auf Forschung und Entwicklung von GSI, dem Uni­klinikum Heidelberg, dem Deutschen Krebs­forschungs­zentrum DKFZ und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossen­dorf beruht.

„Wir freuen uns, dass die Marburger Anlage fertig­gestellt werden konnte und dass ab sofort mehr Patienten von der bei GSI entwickelten, sehr wirkungs­vollen und schonenden Ionen­strahl-Therapie profitieren können“, sagt Gerhard Kraft, der ehemalige Leiter der Abteilung Bio­physik bei GSI. „Sie ist ein heraus­ragendes Beispiel dafür, wie Grund­lagen­forschung durch gelunge­nen Techno­logie­transfer der Gesell­schaft und den Menschen zugute­kommt.“ Karlheinz Langanke, der Wissenschaftliche Geschäfts­führer von GSI, sagt: „Dies ist auch ein großer persön­licher Erfolg für Gerhard Kraft, den Gründer der Ionen­therapie bei GSI und Pionier in Europa“.

Abb. 2: Der Behand­lungs­platz im MIT. (Bild: Uni­versi­täts­klini­kum Heidel­berg)

Bereits in den 1980er Jahren fanden bei GSI erste erfolg­ver­sprechende bio­logische Experi­mente und technische Entwick­lungen zu einer neu­artigen Techno­logie der Bestrahlung von Tumoren mit schweren Ionen statt. Bio­physiker arbeiteten eng mit Beschleuniger­physikern, Tech­nikern und Medizinern zusammen, um die Beschleuniger­anlage für eine Krebs­therapie weiter­zuentwickeln. Denn mit dem gleichen Beschleuniger, mit dem auch Super­novae und Neutronen­sterne erforscht werden, sollten Men­schen behandelt werden. Von 1997 bis 2008 wurden die ersten klinischen Studie gemeinsam mit dem Uni­versitäts­klinikum Heidel­­berg, dem DKFZ und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossen­dorf durchgeführt: 444 Patienten, die vor­wiegend Tumore an der Schädel­­basis hatten, wurden mit Kohlen­stoff-Ionen­strahlen aus der GSI-Beschleuniger­anlage mit großem Erfolg behandelt.

Besonders wirkungsvoll und schonend ist dieses Verfahren, weil Ionen­strah­len in den Körper eindringen und ihre Wirkung verstärkt im Tumor­gewebe ent­falten, wo sie stecken bleiben. Sie können außer­dem durch das bei GSI entwickelte Raster­scan­verfahren Punkt für Punkt millimeter­genau im schädlichen Tumor­gewebe platziert werden, sodass gesundes um­liegendes Gewebe geschont wird.

Die im GSI-Pilot­projekt gewonnenen Erkennt­nisse flossen direkt in die Kons­truk­tion einer Beschleuniger­anlage speziell für den Therapie­betrieb, die einen klinischen Routine­betrieb möglich machen sollte. In Heidel­berg wurde darauf­hin das Heidel­berger Ionen­strahl-Therapie­zentrum HIT gebaut, für das eine deutlich kleinere Beschleuniger­anlage von GSI entwickelt wurde. Nach diesem Vor­bild wurde auch die Anlage in Marburg errichtet.

GSI / SK

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