30.07.2014

Maßgeschneiderte Oberflächeninspektion

Hochpräzises, modulares Inspek­tions­system zur Qualitäts­kontrolle von Bauteil­ober­flächen lässt sich kunden­spezi­fisch anpassen und in den Produk­tions­prozess inte­grieren.

Bevor ein Werkstück die Produktions­halle verlässt, wird es genau unter die Lupe genommen: Denn schon kleinste Risse oder Schlags­tellen können Zuverläs­sigkeit und Lebens­dauer eines Bauteils beein­trächtigen – gerade bei sicherheitskritischen Anwendungen, etwa in der Automobilindustrie oder der Luft- und Raumfahrt, dürfen daher nur einwandfreie Teile verbaut werden. Aber auch ästhetische Aspekte zählen, beispielsweise bei Decken­platten oder Bauteilen für den Automobil-Innenraum.

Abb.: Prototypische Inspektion der Oberfläche einer Bladed Integrated Disk (Blisk) mit zwei Kameras und einer Beleuchtung (Bild: Fh.-ITWM)

Um ein Werk­stück zu prüfen, werden Verfahren zur Bild­­verar­beitung eingesetzt. Mehrere Kameras machen aus unter­schied­­lichen Winkeln Aufnahmen von der Bau­teil­ober­fläche, die von einer Soft­ware ausge­wertet werden. „Jedes Material hat eine ganz eigene Ober­flächen­struktur. Um die Qualität zu beur­teilen, muss das Prüf­­ver­fahren genau auf diese speziellen Eigen­schaften abge­stimmt sein“, erklärt Markus Rauhut vom Fraun­hofer-Institut für Techno- und Wirt­schafts­­mathe­matik ITWM. Auch Größe und Form eines Bau­teils sowie die gewünschte Auf­lösung der Auf­nahmen spielen eine Rolle.

Zwar gibt es bereits eine Reihe von Oberflächen­inspektions­systemen am Markt, die jedoch nur für bestimmte Materialien und Größen ausgelegt sind. Das gesamte Spektrum an möglichen Prüf­aufgaben lässt sich mit Standard­lösungen nicht abdecken. Diese Lücke schließen die Forscher vom ITWM: Mit „MASC – Modular Algorithms for Surface InspeCtion“ entwickelten die Kaisers­lauterer ein modulares Inspektions­system, das sich individuell an kunden­spezifische Anforderungen anpassen lässt. „Unser System eignet sich für unterschied­lichste Materialien wie Metall, Leder, Textilien oder Papier und umfasst ein Größenspektrum von winzigen Bauteilen für die Medizin­technik bis hin zu ganzen Rinder­häuten oder Deckenplatten“, so Rauhut. MASC-STeX zur Inspektion von Deckenplatten und MASC-Dehnzelle zur Inspektion von Dehnzellen sind bereits im praktischen Einsatz bei der Industrie.

Zunächst wird die Werkstück­oberfläche mit mehreren Kameras aus unterschied­lichen Winkeln ausge­leuchtet und abgerastert. „Das ist wichtig, um auch Schlag­stellen oder Risse aufzuspüren, die nur von einer Seite sichtbar sind“, erläutert Rauhut. Bei Freiformflächen werden auf diese Weise auch Regionen erfasst, die durch Krümmungen oder Ecken abgedeckt sind. Je komplexer die Geometrie, desto mehr Kameras benötigt man in der Regel. „Um den Aufwand in Grenzen zu halten, konzentrieren wir uns in der Praxis auf Bereiche, in denen ein Fehler tatsächlich negative Auswirkungen hätte“, so der Forscher. Zur Analyse der Aufnahmen entwickelten die Wissenschaftler mathematische Auswerte­algorithmen und bauten daraus eine umfangreiche Software­bibliothek auf. „Ein Algorithmus ist beispielsweise darauf programmiert, Kanten oder bestimmte Farbpunkte im Bild zu finden“, erklärt Kai Taeubner vom ITWM. Allein die Basisversion der Software umfasst mehr als 300 Algorithmen, die je nach Prüfaufgabe kombiniert werden können.

Eine besondere Herausforderung sind Prüfaufgaben, bei denen eine sehr hohe Auflösung gefragt ist. Keine Oberfläche ist ganz homogen, jede weist kleine Macken oder Schwankungen in der Helligkeit auf. Bei Projekten, die von der Auflösung in den mikro­skopischen Bereich gehen, wird es immer schwieriger, Unregelmäßig­keiten in der Ober­flächen­textur von tatsächlichen Fehlern zu unterscheiden. Die Folge: Einwandfreie Bauteile werden als fehlerhaft aussortiert. „Das ist ein weiterer Vorteil unseres Verfahrens: Wir können die Analyse mithilfe unserer Algorithmen so verfeinern, dass Pseudo­fehler nahezu ausgeschlossen sind“, so Taeubner.

Sind alle Prüfparameter eingestellt, wird das Verfahren beim Kunden in den Produktions­prozess integriert. Die Kameras werden dazu entweder direkt am Band installiert oder mit Robotern zugeführt. Bei einem Fehle­rfund stoppt der Produktions­prozess automatisch, gleichzeitig erhält der Maschinen­führer eine Meldung. Die erkannten Fehler werden klassifiziert und das Prüfobjekt in Güteklassen eingeteilt.

Fh.-ITWM / OD

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