18.10.2021

Mechanismus ultraschneller Entmagnetisierung

Analyse der magnetischen Eigenschaften durch Elektronen in Gadolinium.

Neue Materialien sollen Informations­verarbeitung effizienter machen, zum Beispiel durch ultraschnelle spin­tronische Bauelemente, die Daten mit weniger Energieaufwand speichern. Bislang sind die mikroskopischen Mechanismen der ultraschnellen Entmagnetisierung jedoch noch nicht vollständig verstanden. Um den Prozess der Entmagne­tisierung zu untersuchen, schickt man normalerweise einen ultrakurzen Laserpuls auf die Probe, erhitzt sie dadurch plötzlich, und analysiert dann, wie sich das System in den nächsten Pikosekunden entwickelt. „Unser Ansatz ist anders", sagt Régis Decker vom Helmholtz Zentrum Berlin. „Wir halten die Probe während der spektro­skopischen Messungen auf einer festen Temperatur. Diese Messungen machen wir über einen weiten Temperatur­bereich, von -120°C bis 450°C für Gadolinium - und bis zu 1000°C bei den früheren Experimenten mit Nickel und der Eisen-Nickel-Legierung“.

Abb.: Mit einem Glühfaden wird die Probe während der Messung auf konstante...
Abb.: Mit einem Glühfaden wird die Probe während der Messung auf konstante Temperatur geheizt. (Bild: HZB)

Dadurch ist es möglich, bei jeder einzelnen Temperatur die Auswirkungen der Gitter­schwingungen auf die ultraschnelle Entmagnetisierung zu quanti­fizieren. „Indem wir die Probe auf einer konstanten Temperatur halten, machen wir einen Schnappschuss der Gitter­schwingungen nach dem kurzen Laserpuls.“ Das Element Gadolinium besitzt 4f- und 5d-Elektronen­orbitale, die beide zu seinen ferro­magnetischen Eigenschaften beitragen. Je höher die Temperatur, desto mehr schwingt das kristalline Gitter, die Anzahl der Phononen steigt und desto wahr­scheinlicher sind Spin-Flips durch Streuung von Elektronen an Phononen. Mit der Methode der inelastischen Röntgen­streuung (RIXS) konnten die Physi­kerinnen und Physiker nicht nur die Anzahl der Phononen bei einer bestimmten Temperatur bestimmen, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen Phononen und 4f- und 5d-Elektronen unterscheiden. Dafür konnten sie auf die strengen röntgen­spektroskopischen Symmetrie­auswahlregeln zurückgreifen.

Die Daten zeigen, dass es zwischen den lokalisierten 4f-Elektronen und Phononen kaum Wechsel­wirkung gibt, während die 5d-Elektronen stark an den Phononen gestreut werden, so dass ein Spin-Flip nur dort stattfindet. „Die Elektron-Phononen-Streuung gilt als einer der Hauptauslöser der ultraschnellen Entmagne­tisierung. Wir zeigen hier, dass beim Element Gadolinium nur die 5d-Elektronen daran beteiligt sind“, sagt Decker. Interessanter­weise weisen die Messergebnisse auch auf eine Temperaturschwelle hin, die vom Material abhängt und unterhalb derer dieser Mechanismus nicht auftritt. „Dies deutet auf die Existenz eines anderen mikro­skopischen Mechanismus bei niedrigeren Temperaturen hin, wie es die Theorie vorhersagt", erklärt Decker. 
 

HZB / JOL

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