Mehr Licht!
Zweite Röntgenlichtquelle geht am European XFEL in Betrieb.
Am größten Röntgenlaser der Welt, dem European XFEL in der Metropolregion Hamburg, ist jetzt die zweite Röntgenlichtquelle erfolgreich gestartet. Die Lichterzeugungsstrecke SASE3 erzeugte in einem der unterirdischen Tunnel erstmals Röntgen-
Abb.: Der erste Röntgenlaserstrahl im Tunnel der SASE3-Röntgenlichtquelle auf dem Bildschirm (Bild: European XFEL)
European XFEL-Geschäftsführer Robert Feidenhans’l sagte: „Aufbau und Inbetriebnahme der neuen Lichtquelle sind komplexe Prozesse, an denen wir und unsere Kollegen von DESY in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv gearbeitet haben. Wir freuen uns sehr, dass es uns nun auch an der zweiten Lichtquelle SASE3 reibungslos gelungen ist und dass beide Quellen SASE1 und SASE3 gleichzeitig Licht erzeugen. Dafür möchte ich allen Beteiligten und insbesondere auch dem Beschleunigerteam von DESY meinen großen Dank aussprechen. Wir sind weiter auf einem guten Weg, die vier im Aufbau befindlichen weiteren Experimentierstationen in Betrieb zu nehmen; zunächst zwei im November, die beiden anderen Anfang 2019. Dadurch wird sich die Kapazität Mitte 2019 von bislang zwei Stationen auf dann sechs verdreifachen.“
Die neue Röntgenlichtquelle SASE3 nutzt Elektronen, die durch die Lichtquelle SASE1 geflogen sind und dort bereits Röntgenlaserlicht erzeugt haben. SASE3 erzeugt Laserlicht für die noch im Aufbau befindlichen Experimentierstationen SQS (Small Quantum Systems) und SCS (Spectroscopy and Coherent Scattering). SQS ist auf die Erforschung fundamentaler Prozesse wie den Bruch von chemischen Bindungen in Molekülen oder die Vorgänge auf atomarer Ebene bei der gleichzeitigen Absorption von mehreren Photonen spezialisiert, SCS auf die Untersuchung von schnellen Änderungen von Materialeigenschaften, beispielsweise bei magnetischen Materialien, Hochtemperatur-
Winni Decking, bei DESY zuständig für den Betrieb des European XFEL-
Das Röntgenlaserlicht des European XFEL ist extrem intensiv und milliardenfach heller als das von herkömmlichen Synchrotron-
SASE3 ist eins von derzeit drei Undulatorsystemen am European XFEL. SASE1 hatte im Mai 2017 das erste Röntgenlicht am European XFEL erzeugt, jetzt folgte plangemäß SASE3. Das „first lasing“ von SASE2 ist für Mitte des Jahres geplant. SASE1 und SASE2 sind 200 Meter lang, weitgehend baugleich und erzeugen extrem kurzwelliges Röntgenlicht. Das hinter SASE1 installierte System SASE3 ist mit 120 Metern etwas kürzer und liefert langwelligeres Licht.
Die erreichbare Wellenlänge von SASE1 und SASE 2 entspricht in etwa der Größe von Atomen. Man kann daher mit atomarer Auflösung Bilder und Filme im Nanokosmos aufnehmen – beispielsweise von Biomolekülen, die für die Entstehung von Krankheiten oder die Entwicklung von Therapien von Bedeutung sind.
Beim „first lasing“ lieferte SASE3 Röntgenlicht mit einer Wellenlänge von 1,4 Nanometern (900 Elektronenvolt) – das ist etwa 600 mal kürzer als die Wellenlänge von sichtbarem Licht. Die Inbetriebnahme erfolgte mit 20 Pulsen pro Sekunde, später werden es bis zu 27.000 sein. Eine Besonderheit ist, dass die beschleunigten Elektronen zunächst für die Laserlichterzeugung in SASE1 und anschließend zur Lichterzeugung in der mehrere hundert Meter dahinter liegenden Röntgenlichtquelle SASE3 genutzt wurden, so dass beide Lichtquellen gleichzeitig Röntgenstrahlung lieferten. Der geplante gleichzeitige Betrieb mehrerer, teilweise hintereinander geschalteter, Röntgenlichtquellen und der an sie angeschlossenen Experimentierstationen ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des European XFEL, das wegen der hohen internationalen Nachfrage nach Experimentierzeit von großer Bedeutung ist.
European XFEL / DE