Mehr Vielfalt im 3D-Druck
Pulverbaukasten erweitert Möglichkeiten des Laserstrahlschmelzens.
Bei konventionellen Produktionsprozessen gibt es hunderte verschiedene Stähle, Aluminiumlegierungen, verschleißfeste Kobalt-Chrom-Legierungen und vieles mehr für jede spezifische Anwendung. Im 3D-Druck beschränkt sich die Auswahl über alle metallischen Werkstoffe auf weniger als dreißig Materialien, sodass nicht alle Anforderungen abgedeckt werden können. Mit dem Pulverbaukasten für pulverbasiertes Laserstrahlschmelzen (LPBF), der beispielsweise aus Eisenbasispulver mit und ohne Kohlenstoff, Chrom, Nickel, Molybdän und Titancarbid besteht, lässt sich die Werkstoffpalette spezifisch erweitern. Entwickelt wurde er am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Zusammenarbeit mit der RHWT Aachen.
Zu den häufig geforderten Materialeigenschaften zählen Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit, Härte und Wärmeleitfähigkeit. Viele Stahllegierungen bestehen aus denselben Elementen wie Kohlenstoff, Chrom und Nickel, unterscheiden sich jedoch in den jeweiligen Anteilen. Das entwickelte Verfahren beinhaltet die Wahl der Legierungszusammensetzung ausgehend vom spezifischen Anforderungsprofil des Werkstoffs, die Festlegung der Pulverzusammensetzung mittels thermodynamischer Simulationsmethoden und die Pulveraufbereitung durch angepasste Misch- und Homogenisierungsverfahren. Anschließend werden die optimalen Prozessparameter bestimmt und der so erzeugte Werkstoff durch mikrostrukturelle Charakterisierung und Prüfung der mechanischen Eigenschaften qualifiziert.
Ist das Pulver gemischt, entsteht die Legierung durch den anschließenden Laserstrahlschmelzprozess. Durch die Energie des Lasers schmelzen die Metallpulverpartikel auf und vermischen sich zur gewünschten Legierung. Am Ende des Prozesses steht das fertige Bauteil mit maßgeschneiderten Materialeigenschaften. Als erste konkrete Anwendung innerhalb des Projekts galt es maßgeschneiderte, korrosionsbeständige Edelstähle für gezielt eingestellte Eigenschaftsprofile durch Legieren im Pulverbaukasten herzustellen. Während der Entwicklungsarbeiten wurden die Einflussfaktoren, die eine gute korrosionsbeständige Legierungsbildung begünstigen, identifiziert und die Güte der Legierung anwendungsorientiert geprüft. Im Ergebnis konnte gezeigt werden, dass die im LPBF-Prozess legierten korrosionsbeständigen Werkzeug- und Duplexstähle resistenter sind als das jeweilige Basispulver und sie ihre gewünschten Zieleigenschaften erreicht haben.
Ein weiterer Vorteil bietet sich durch die Möglichkeit, das Gefüge mittels angepassten Laserparametern einzustellen. Ein Beispiel dafür sind die unterschiedlich großen Karbide in der Struktur der Werkzeugstähle. Je nach Einsatzgebiet werden verschiedene Größen benötigt. Mit dem entwickelten Pulverbaukasten lassen sich diese effizient variieren und zu homogenen Bauteilen verarbeiten. Die Ergebnisse dieses Teilprojekts können auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden. Von dem Forschungsvorhaben profitieren insbesondere Unternehmen, die hoch flexibel sein müssen und verschiedene Kunden mit unterschiedlichen Anforderungsprofilen beliefern. Dazu zählen insbesondere Produktionsdienstleister, die meist zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen gehören.
Die Produktion von Metallpulvern dauert im Normalfall vier Wochen. Möchte ein Produzent verschiedene Materialien mit geringen Mengen abdecken, wachsen die Wartezeiten enorm. Sind die Grundmaterialien einmal beschafft, können durch den Pulverbaukasten gewünschte Materialeigenschaften eingestellt und die Produktion bei potenziellen Lieferengpässen sichergestellt werden. Nächste Entwicklungsschritte sind die automatisierte Berechnung und Einstellung der Pulvermischung für die spezifische Produktentwicklung.
Fh.-IFAM / JOL