Ein seltenes Himmelsschauspiel ist am Montag, den 9. Mai zu beobachten: ein Merkur-Transit. Dabei zieht der innerste Planet unseres Sonnensystems seine Bahn zwischen Erde und Sonne, wobei er als winziger Punkt vor unserem Zentralgestirn zu sehen ist. Um 13.15 Uhr gibt es den ersten Kontakt, der Merkur tritt vor die Sonnenscheibe. Der Austritt erfolgt erst nach Sonnenuntergang. Doch Vorsicht! Niemals mit einem Fernglas oder Fernrohr direkt in die Sonne schauen – eine sofortige Schädigung des Auges wäre die Folge. Für eine gefahrlose Beobachtung des Merkur-Durchgangs gibt es zwei Möglichkeiten: die Anbringung eines handelsüblichen Sonnenfilters vor dem Objektiv, oder die Projektion des Sonnenbilds auf eine weiße Fläche. Viele Sternwarten bieten zudem Möglichkeiten, das Schauspiel unter fachlicher Anleitung zu beobachten. Und auch im Internet lässt sich der Merkur-Transit live verfolgen.
Abb.: Verlauf des Merkurtransits am 9. Mai 2016. (Bild: J. Wendt, AIP)
Mit einem Durchmesser von nur 4878 Kilometern ist Merkur der kleinste Planet unseres Sonnensystems. Seine Schwerkraft ist so gering, dass keine stabile Atmosphäre um den Planeten entstehen kann: Nur eine extrem dünnes Gasgemisch, auch Exosphäre genannt, umhüllt Merkur. Die Merkur-Exosphäre besteht vor allem aus Sauerstoff, Natrium und Wasserstoff. Sie ist so dünn, dass ihr Nachweis extrem schwierig und nur während eines der seltenen Transits oder durch Weltraumsonden möglich ist. Der letzte in Mitteleuropa sichtbare Merkurtransit fand 2003 statt, der nächste fällt ins Jahr 2019.
Zwei Forschungsgruppen des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam wollen den Transit nutzen, um Natrium in der Exosphäre von Merkur nachzuweisen und um die Messgenauigkeit von Instrumenten zu testen. AIP-Forscher Matthias Mallonn plant, mit Hilfe des PEPSI-Spektrographen am Solar-Disk Integrated Telescope in Arizona das Signal der Exosphäre von Merkur zu detektieren. Dabei vergleicht er Messungen der Natriumabsorption vor, während und nach dem Vorbeizug des Planeten. Diese Beobachtungstechnik entspricht der derzeit erfolgreichsten Methode, Atmosphären von extrasolaren Planeten zu untersuchen. Merkurs Exosphäre schwächt das Sonnenlicht bei der Wellenlänge von Natrium während des Transits nur um etwa ein Hunderttausendstel ab. Dieser Effekt lässt sich nur mit einem extrem präzisen Spektrographen nachweisen. „Wir nehmen die gesamte Sonnenscheibe auf, dadurch ist das Signal der Exosphäre Merkurs winzig. Mit der Messung will ich herausfinden, welche Genauigkeiten ich erzielen kann, um diese Erfahrung später auf Exoplaneten anzuwenden”, so der Forscher.
Den Sonnenphysikern des AIP um Carsten Denker geht es um die Beobachtung des Merkurtransits im Detail. So wurde die Ausdehnung und Form der Exosphäre von Merkur anhand von Natrium-Absorptionslinien erstmals während des Merkurtransits 2003 vermessen. Denker möchte diese Messungen nun gemeinsam mit einem Team aus Freiburg und Spanien mit einem 2D-Spektrographen am europäischen Sonnenteleskop GREGOR auf Teneriffa wiederholen – möglicherweise sogar mit größerer Genauigkeit. Für Bildaufnahmen sollen zudem eine sehr schnelle Kamera und adaptive Optik eingesetzt werden, mit deren Hilfe die Forscher auf gestochen scharfe Bilder des Ereignisses hoffen. „Der Merkurtransit bietet uns eine einzigartige Möglichkeit unsere Messmethodik zu kalibrieren” erläutert Denker. „Wie scharf wir den harten Übergang zwischen dem Planetenrand und der Sonne beobachten können, ermöglicht uns einzuschätzen, wie sehr Streulicht die Beobachtung mit GREGOR tatsächlich beeinflusst.”
Im Rahmen des EU-Projekts STARS4ALL wird in Zusammenarbeit mit anderen Instituten und Organisationen eine Live-Übertragung auf dem Portal www.sky-live.tv veranstaltet. Dabei werden Videos und Fotos des Transits aus Teneriffa, La Palma und Fuerteventura, sowie aus Island gezeigt und von Kommentaren auf Spanisch und Englisch begleitet. Miquel Serra-Ricart, Astronom des Instituts für Astrophysik der Kanarischen Inseln, ist für die Übertragung verantwortlich: „Der Merkurtransit ist eine gute Möglichkeit, um das Thema Astronomie an Schüler zu vermitteln. Es ist spektakuläres aber einfaches Phänomen, an dem sich fundamentale Gesetze der Physik gut erklären lassen. Es ist jedoch äußerst wichtig, sich während der Beobachtungen strikt an die Sicherheitsmaßnahmen zu halten, so dass die Sonne nicht die Augen schädigt.“
FSU / AIP / IGB / RK