11.07.2019 • BeschleunigerPhotonik

Mini-Beschleuniger erreicht Rekordenergie

Gekoppelte Terahertz-Anlage liefert deutlich bessere Qualität des Elektronenstrahls.

Ein DESY-Forschungsteam hat einen neuen Rekord für einen Miniatur-Teilchen­beschleuniger erzielt: Erstmals hat ein mit Terahertz-Strahlung betriebener Beschleuniger die Energie der injizierten Elektronen mehr als verdoppelt. Der Aufbau aus zwei gekoppelten Terahertz-Manipulatoren verbesserte dabei die Qualität des beschleunigten Elektronen­strahls im Vergleich zu früheren Terahertz-Experimenten erheblich.

Abb.: Der zweistufige Miniaturbeschleuniger wird mit Terahertz-Strahlung (rot)...
Abb.: Der zweistufige Miniaturbeschleuniger wird mit Terahertz-Strahlung (rot) betrieben. In einem ersten Schritt (links) werden die Elektronenpakete (blau) komprimiert, in einem zweiten Schritt (rechts) beschleunigt. Die beiden Einzelelemente sind jeweils rund zwei Zentimeter breit. (Bild: G. Born, DESY)

„Dieses Ergebnis ist ein wichtiger Schritt vorwärts auf dem Weg zur praktischen Nutzung von Terahertz-getriebenen Beschleunigern“, betont Franz Kärtner vom DESY. „Die Wellenlänge der Terahertz-Strahlung ist rund hundertmal kürzer als die Radiowellen, die üblicherweise zur Beschleunigung von Teilchen verwendet werden. Das heißt, dass sich auch die Beschleuniger­komponenten rund hundertmal kleiner bauen lassen.“

Der Terahertz-Ansatz verspricht daher Beschleuniger in Laborgröße, die komplett neue Anwendungen ermöglichen sollen wie etwa kompakte Röntgenlaser für die Analyse verschiedenster Materialien und möglicherweise sogar für medizinische Unter­suchungen. Die Technologie wird gegenwärtig entwickelt. Da Terahertz-Wellen so schnell oszillieren, müssen alle Komponenten und jeder Prozess­schritt präzise synchronisiert werden. „Um beispielsweise den höchsten Energie­zuwachs zu erzielen, müssen die Elektronen das Terahertz-Feld genau in der Beschleunigungs­phase zur halben Periode treffen“, sagt Team-Mitglied Dongfang Zhang.

In Beschleunigern fliegen Teilchen in der Regel nicht in einem kontinuier­lichen Strahl, sondern in vielen kleinen Paketen. Wegen des schnell wechselnden Feldes in Terahertz-Beschleunigern, müssen diese Pakete sehr kurz sein, damit sie über ihre gesamte Länge eine gleichmäßige Beschleunigung erfahren. „In früheren Experimenten waren die Elektronen­pakete zu lang“, berichtet Zhang. „Da das Terahertz-Feld so schnell oszilliert, wurden nur einige Elektronen in den Paketen beschleunigt, während andere sogar abgebremst wurden. Unter dem Strich ergab sich so nur ein moderater Energie­zuwachs und, viel schlimmer, ein breite Verteilung der Elektronen­energien, was eine schlechte Strahl­qualität bedeutet.“ Dazu vergrößerte dieser Effekt die Emittanz, ein Maß für die Bündelung des Elektronen­strahls. Je stärker die Bündelung, desto besser – und desto kleiner die Emittanz.

Um die Strahlqualität zu verbessern, haben  Zhang und seine Kollegen einen Zwei-Stufen-Beschleuniger gebaut. Dazu verwendeten sie zwei identische Kopien eines selbst entwickelten Mehr­zweck­geräts: Der Segmentierte Terahertz-Elektronen­beschleuniger und -manipulator STEAM kann je nach Betriebsmodus Elektronen­pakete komprimieren, fokussieren, beschleunigen und analysieren. Die Forscher schalteten zwei STEAMs hinter­ein­ander: Das erste komprimiert die hinein­fliegenden Elektronen­pakete von ungefähr 0,3 Millimeter Länge auf 0,1 Millimeter, und das zweite beschleunigt dann die komprimierten Pakete. „Diese Anordnung erfordert eine Kontrolle im Bereich von billiardstel Sekunden, was uns gelungen ist“, berichtet Zhang. „Das hat zu einer vierfach kleineren Energie­verteilung und einer sechsmal kleineren Emittanz geführt, was die bislang besten Strahl­parameter eines Terahertz-Beschleunigers darstellt.“

Der Beschleuniger erhöhte die Energie der verwendeten Elektronen von 55 auf 125 Kilo-Elektronenvolt, lieferte also einen Energie­zuwachs von 70 keV. „Das ist der erste Energieschub von mehr als hundert Prozent in einem Terahertz-getriebenen Beschleuniger“, betont Zhang. Das Zwei-Stufen-System erzeugte ein Beschleunigungs­feld mit einer Stärke von 200 Millionen Volt pro Meter, das ist nah an den derzeit stärksten konventionellen Teilchen­beschleunigern. Für praktische Anwendungen muss das deutlich erhöht und die Strahl­qualität weiter verbessert werden. Die Wissenschaftler haben nun einen Weg gezeigt, wie das gelingen könnte. „Unsere Arbeit zeigt, dass noch eine dreimal stärkere Kompression der Elektronen­pakete möglich ist. Zusammen mit stärkerer Terahertz-Strahlung scheinen und Beschleuniger-Gradienten im Bereich von Gigavolt pro Meter machbar“, sagt Zhang. „Das Terahertz-Konzept erscheint daher zunehmend als realistische Option für die Entwicklung kompakter Elektronen­beschleuniger.“

Der erreichte Fortschritt ist auch von zentraler Bedeutung für das vom europäischen Forschungsrat ERC geförderten Projekt „Frontiers in Attosecond X-ray Science: Imaging and Spectroscopy“, das an der Ablichtung und Spektroskopie komplexer biophysi­ka­lischer Prozesse mit Hilfe kurzer Röntgenpulse arbeitet, die mit Terahertz-betriebenen Beschleunigern erzeugt werden.

DESY / RK

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