23.07.2012

Minus 272 Grad Celsius in Jena

Uni-Physiker eröffneten ihr neues Tieftemperaturlabor.

Um neue Materialien zu erzeugen, gibt es vielfältige Wege. Einige Physiker der Friedrich-Schiller-Universität Jena setzen auf Kälte – extreme Kälte, denn die verlangsamt selbst die Bewegungen von Atomen. Dadurch können die Experten diese kalten Atome besser fixieren und bearbeiten. Mit einem neuen Hightech-Tieftemperaturmikroskop will zum Beispiel das Team von Torsten Fritz die Grundlagen für innovative organisch basierte elektronische Bauelemente schaffen, bis hin zur Verwirklichung organischer Supraleiter. Um diese Entwicklungen zu ermöglichen, musste nicht nur ein neues Gerät angeschafft, sondern ein ganzes Labor umgebaut werden. Am 19. Juli fand die Einweihung des neuen Labors für Tieftemperatur-Rastersondenmikroskopie und -Spektroskopie statt.

Abb.: An einem einmaligen Tieftemperatur-Rastersondenmikroskop arbeitet Roman Forker im neuen Tieftemperaturlabor des Instituts für Festkörperphysik der Friedrich-Schiller-Universität Jena. (Bild: J.-P. Kasper, FSU)

Sie markiert den Abschluss der aufwendigen Renovierungsarbeiten im Nebengebäude des Gelben Hauses – von den Physikern „Bunker“ genannt – sowie die Installation des neu beschafften Großgerätes, das offiziell „Tieftemperatur-STM/AFM mit optischen Messmöglichkeiten" heißt. Die fast 900.000 Euro teure Maschine ist die erste ausgelieferte einer komplett neu entwickelten Gerätegeneration im Bereich Tieftemperatur-Rastersondenmikroskopie (STM und AFM). Das Gerät ermöglicht Rekord-Temperaturen bis zu minus 272 °C – also nur ein Grad über dem absoluten Nullpunkt. „Die spezielle STM/AFM-Kammer unseres Geräts verfügt sowohl über optische Fenster für optische Messungen bei tiefen Temperaturen als auch über spezielle Verdampferports, so dass während der Messungen Molekülschichten abgeschieden werden können“, ergänzt Fritz. Zusätzlich ist das neue Forschungsgerät mit einer Präparations- und Analysekammer ausgestattet, die über einen Helium-gekühlten Manipulator (13,7 K) verfügt. Hier können die Forscher neben der Präparation der Proben optische Experimente bei tiefen Temperaturen, Materialmanipulationen durch Temperaturveränderungen und Elektronenbeugungsexperimente durchführen.

„Das neue Gerät, das den allerneusten Stand der Technik repräsentiert, soll uns helfen, sowohl Struktur als auch physikalische Eigenschaften mit einer bisher nicht möglichen Präzision zu charakterisieren. Damit wollen wir die Grundlagen für neuartige organisch basierte elektronische Bauelemente schaffen“, gibt Fritz das Forschungsziel vor. Doch auch seine Kollegen Paul Seidel und Carsten Ronning profitieren vom Neuerwerb und setzen es für eigene Forschungsprojekte ein.

Um das Gerät optimal nutzen zu können hat die Universität umfassende Bau- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt und ein Speziallabor errichtet. Dieses ist jetzt frei von thermischen Einflüssen, elektrischen Störungen und mechanischen Schwingungen. Damit sind die Jenaer Festkörperphysiker bestens gerüstet, um neue Materialien und Bauelemente zu erforschen und zu schaffen.

FSU / OD

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