15.05.2013

Mit „BEER“ und Einstein auf Exoplaneten-Suche

Neue Methode findet „Einsteins Planeten“ mittels Algorithmus für „relativistisches Beaming“.

Astronomen bedienen sich einer guten Handvoll Techniken, um Exoplaneten nachzuweisen. Vor allem die Transit- und die Radialgeschwindigkeitsmethode haben sich hierbei als sehr effizient erwiesen. Nun hat ein bislang wenig bekannter Effekt dank eines neuen Algorithmus seine Tauglichkeit für die Planetenjagd erwiesen. Israelische Forscher kombinierten die Wirkung des „relativistischen Beamings“ mit zwei weiteren Effekten und konnten so in den Daten des Weltraumteleskops Kepler einen neuen Planeten entdecken. Messungen mit anderen Teleskopen bestätigten diesen Fund. Es handelt sich um einen „heißen Jupiter“, einen Gasplaneten, der seinen Stern in nur anderthalb Tagen umrundet.

Abb.: Künstlerische Darstellung von Kepler-76b. Er befindet sich sehr nahe an seinem Stern und umrundet ihn in nur 1,5 Tagen. (Bild: D. A. Aguilar, CfA)

Das relativistische Beaming beruht darauf, dass die Strahlung bewegter Körper in ihre Bewegungsrichtung fokussiert wird. Die Stärke des Beamings hängt davon ab, wie stark ein Himmelskörper seinen Stern beschleunigen kann und wird vom Abstand und vom Massenverhältnis der beiden Objekte bestimmt. Der Effekt auf die Helligkeit von Sternen ist klein: Bei Doppelsternsystemen beträgt er 100 bis 500 ppm (parts per million). Er verringert sich bei Braunen Zwergen und Gasplaneten auf 2 bis 50 ppm.

Dank der hohen Empfindlichkeit des Weltraumteleskops Kepler sind diese Schwankungen dennoch messbar. „Das ist das erste Mal, dass dieser Aspekt der Einsteinschen Relativitätstheorie genutzt wurde, um einen Planeten zu entdecken“, sagt der Astronom Tsevi Mazeh von der Universität Tel Aviv, der gemeinsam mit seinem Studenten Simchon Faigler die neue Methode ersonnen hat.

Der Kepler-76b genannte, neu entdeckte Planet befindet sich in 2000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Schwan. Zu Ehren des Begründers der Relativitätstheorie erhielt er den Spitznamen „Einsteins Planet“. Aufgrund des geringen Abstands zu seinem Stern ist Kepler-76b rund 2000 Grad Celsius heiß. Er ist etwa ein Viertel größer als Jupiter und doppelt so schwer.

Auch andere Ursachen können Helligkeitsschwankungen in der erwarteten Größenordnung auslösen. Um diese als Fehlerquellen auszuschließen, entwickelten die Forscher einen Algorithmus, den sie nach den berücksichtigten Effekten „BEER“ tauften. Er steht für „relativistic BEaming, Ellipsoidal, and Reflection/emission modulation“.

Abb.: Von der Erde aus gesehen schneidet der Orbit von Kepler-76b die Kante seines Sterns. (Bild: D. Evan)

Mit Hilfe von BEER korrigierten die Forscher einerseits die ellipsoide Verformung eines Sterns durch die Schwerkraft eines nahen Begleiters. Ein Stern ist – vergleichbar mit der Form eines Rugbyballs – aufgrund der größeren sichtbaren Oberfläche etwas heller, wenn man seine Seite betrachtet, und dunkler, wenn man auf seine Stirnseite schaut. Außerdem zogen Mazeh und Faigler in Betracht, dass auch die Reflektion des Sternenlichts am Planeten zu Helligkeitsschwankungen führen kann.

Um die Tauglichkeit ihres Algorithmus zu prüfen, ließen sich die Forscher die Existenz von Kepler-76b auch vom Whippler-Observatorium in Arizona und vom Haute-Provence-Observatorium in Frankreich mit Hilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode bestätigen. Auch in Transit-Daten von Kepler wurden die Forscher schließlich fündig. Offenbar kratzt der Orbit von Einsteins Planet die von der Erde aus gesehen untere Kante seines Sterns und ist damit einer von wenigen Exoplaneten, die einen streifenden Transit mit teilweiser Bedeckung vollführen.

Die Forscher fanden in den Daten auch eine interessante Phasenverschiebung in den Reflektions- und Emissionsmodulationen. Sie deutet darauf hin, dass sich der heißeste Punkt des Planeten nicht mittig auf seiner Vorderseite befindet. Einsteins Planet bewegt sich aufgrund der Nähe zu seinem Stern in gebundener Rotation. Er wendet seinem Zentralgestirn stets dieselbe Seite zu – so wie der Mond der Erde. Der heißeste Punkt auf dem Planeten ist nach den Daten aber um rund zehn Grad verschoben, was rund 16.000 Kilometern entspricht. Nach Angaben der Astronomen deutet dies auf enorm starke Winde hin, die abhängig vom Breitengrad unterschiedliche Geschwindigkeiten besitzen und dadurch die Wärme wegtransportieren können. Dieser Effekt ist damit erstmals im optischen Bereich nachgewiesen worden. Bislang war er nur von Infrarot-Messungen des Weltraumteleskops Spitzer an einem anderen Exoplaneten bekannt.

Insgesamt untersuchten die Astronomen mit BEER über 40.000 Kepler-Systeme. Aus diesen wählten sie zunächst die 26 Kandidaten mit dem besten Signal-Rausch-Verhältnis aus und entschieden sich dann dafür, Kepler-76 genauer zu untersuchen. Nun wollen sie auch die anderen Kandidaten einer rigorosen Analyse unterziehen.

Für die Suche nach einer zweiten Erde ist der neue Algorithmus jedoch nicht besonders geeignet. Der Effekt des relativistischen Beamings eines solchen Planeten auf seinen Stern wäre zu schwach, um ihn mit den heutigen Instrumenten nachweisen zu können. Die Methode bietet sich aber für Braune Zwerge, schwere Planeten oder für Doppelsternsysteme an, die mit herkömmlichen Mitteln nicht oder nur schwer aufgelöst werden können. Denn im Gegensatz zur Radialgeschwindigkeitsmethode benötigt sie keine hochpräzisen Spektren. Und die Planeten müssen sich auch nicht in Sichtlinie zur Erde befinden, wie es für Transit-Nachweise nötig ist.

Dirk Eidemüller

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