18.02.2020

Mit dem E-Flieger von Mannheim nach Berlin

Forschungsprojekt CoCoRe zeigt Potenzial für hybridelektrische Flugzeuge der Commuter-Klasse.

Nach ersten elektrifizierten Kleinflugzeugen wird der nächste große Schritt des elektrischen Fliegens in die Commuter-Klasse der 19-Sitzer-Flugzeuge gehen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat gemeinsam mit Bauhaus Luftfahrt nun im Projekt „Cooperation for Commuter Research“, kurz CoCoRe, analysiert, welche Möglich­keiten und Potenziale es im Bereich hybrid-elektrischer 19-Sitzer gibt. Dabei zeigt sich, dass elektrische Antriebe für die häufig geflogenen kurzen Distanzen bis 350 Kilometer in dieser Klasse sinnvoll CO2-sparend einge­setzt werden können. Zukünftig sind in diesem Entfernungs­bereich auch Flugtaxi­ver­bindungen von Flug­plätzen weniger gut ange­bundener mittel­großer Städte denkbar.

Abb.: Konzeptstudie eines hybridelektrischen 19-Sitzers. (Bild: DLR / BHL)
Abb.: Konzeptstudie eines hybridelektrischen 19-Sitzers. (Bild: DLR / BHL)

Heute sind weltweit etwa dreitausend Flugzeuge der Commuter-Klasse im Einsatz, wobei in den vergangenen Jahren im zivilen Bereich nur etwas mehr als ein Dutzend 19-Sitzer pro Jahr neu ausgeliefert wurden. „In unserer Studie haben wir exemplarisch eine Konfi­gu­ra­tion unter­sucht, die sich mit einigen Modifi­ka­tionen eng an die heute fliegenden 19-Sitzer Do-228 und insbesondere Jetstream 31 anlehnen“, erklärt Projekt­leiter Wolfgang Grimme vom DLR-Institut für Flug­hafen­wesen und Luft­verkehr. Besonders modi­fi­zierten die Forscher in ihrem Entwurf die Fahr­werks­gondeln, die über den Trag­flächen für die Aufnahme von schnell austausch­baren Batterie­blöcken erweitert wurden. „Damit haben wir das Gewicht der vergleichs­weise schweren Batterien genau da, wo es am Flugzeug am günstigsten bei Start und Landung sitzt – direkt über den Fahr­werken. Leere Batterien können so unkompli­ziert und schnell an einem Flughafen gewechselt werden.“

Begrenzt durch das Gewicht der Batterien von zwei Tonnen bei einer Gesamt­abflug­masse von 8,6 Tonnen gehen die Forscher in ihrem Konzept von einer voll­elektrisch geflogenen Reich­weite von zwei­hundert Kilo­metern aus. Je nach Bedarf lässt sich diese mit zwei Range Extendern in Form einer Gasturbine, die mit dem jeweiligen Propeller gekoppelt und entkoppelt werden kann, auf eine Reich­weite von über tausend Kilo­meter erweitern. „Nach unseren Recherchen fliegen 19-Sitzer weltweit zu 56 Prozent Strecken unter zwei­hundert Kilo­metern und zu 83 Prozent unter 350 Kilo­metern, so dass diese Kombi­nation aus vollelektrischem Flug ergänzt um einen Range Extender bereits einen Großteil der CO2-Emissionen im Bereich der Commuter-Flugzeuge vermeiden würde“, erklärt Annika Paul von Bauhaus Luftfahrt.

Der Range Extender ist dabei auch für die Sicherheit solch eines elektri­fi­zierten Flug­zeugs entscheidend, da im Notfall, wenn etwa ein entfernterer Ausweich­flughafen bei schlechten Wetter­bedingungen angesteuert werden müsste, dieser die notwendige zusätz­liche Reich­weite ermöglicht. Der Range Extender ermöglicht also einen längeren voll­elek­trischen Flug, da die Batterie nicht für Reserven in Anspruch genommen werden muss.

Bei zukünftig weiteren Verbesserungen der Speicher­kapazität von Batterien ist auch eine rein elektrische Reich­weite über zwei­hundert Kilo­metern bei gleichem Batterie­gewicht denkbar. Zudem würde die aller­dings besonders kosten­intensive Entwicklung neuer Flugzeug­konfigu­ra­tionen etwa mit zahl­reichen verteilten elek­trischen Propellern an den Trag­flächen in Kombi­nation mit einer modernen leichteren Flugzeug­bauweise ebenso die Reich­weite des voll­elek­trischen Flugs erweitern. Voll­elek­trische Flüge von über vier­hundert Kilo­metern sind aus diesen Gründen in Zukunft durchaus denkbar.

Zusätzlich zur Analyse der technischen Möglich­keiten führten die Forscher im Projekt CoCoRe auch eine Markt­analyse möglicher Einsatz­felder elektrischer Commuter-Flugzeuge durch. Neben dem verbreiteten klassischen Einsatz­bereich als kleine Zubringer­flugzeuge für entlegene Regionen mit wenig Passagier­aufkommen wie beispiels­weise in Kanada identi­fi­zierten die Forscher auch einen Bedarf für mittel­große Städte in Europa die über unzu­reichende Direkt­anbin­dungen unter anderem an große Ballungs­zentren verfügen. Für diese Städte wäre ein wirt­schaft­lich trag­barer regionaler Flugtaxi­dienst von kleineren Flug­plätzen aus denkbar. Für Deutschland sind solche Strecken beispiels­weise Mannheim-Berlin, Bremen-Berlin oder auch Münster-Leipzig. Wirt­schaft­lich heraus­fordernd gegen­über konven­tio­nell betriebenen Commuter-Flugzeugen sind für solche Szenarien bisher noch die geringe Anzahl von etwa tausend Ladezyklen der Batterien und die vergleichs­weise geringen CO2-Preise. Erhöhen sich diese Faktoren zukünftig, steigen ebenfalls die wirt­schaft­lichen Perspek­tiven elek­trischer Flugzeuge.

DLR / RK

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