17.07.2012

Mit inkohärentem Licht um die Ecke schauen

Phasenmodulatoren ermöglichen Echtzeit-Rekonstruktion von gestreutem Licht.

Für zahlreiche Anwendungen ist der Blick durch inhomogene Medien wichtig. In der Astronomie benötigen die Beobachter  Korrekturen der durch Luftturbulenzen abgelenkten Lichtstrahlen, in der Mikroskopie versucht man, die Abbildung durch trübes Gewebe hindurch zu verbessern. Israelische Wissenschaftler haben nun eine neue Methode ersonnen, die zufälligen Verzerrungen der Wellenfronten von an rauen Medien gestreutem Licht so weit zu korrigieren, dass ein kontrastreiches Bild entsteht. Durch geschickte Phasenmodulation des Streulichts konnten sie in Echtzeit aus diffusem Licht das Objekt rekonstruieren. Der Ansatz funktioniert sowohl in Transmission als auch nach der Streuung an einer Oberfläche.

Abb.: Bei der Projektion eines Objekts auf ein stark streuendes Medium (hier: weißes Papier) korrigiert der räumliche Phasenmodulator die Verzerrungen der Wellenfront. (Bild: Y. Silberberg, Weizmann I.)

Mit dieser Technik ist es möglich, sozusagen „um die Ecke“ zu schauen, sofern das gestreute Licht durch einen räumlichen Phasenmodulator läuft. Ein Bandpassfilter erhöht den Kontrast, indem er unkorrigierte Wellenlängen herausfiltert; er ist aber zur Abbildung nicht zwingend erforderlich. Interessanterweise ist die Bildqualität bei inkohärentem Licht besser, kohärentes Licht wie das eines Helium-Neon-Lasers produziert dagegen vor allem bei kleineren Objekten fleckige Bildartefakte.

Zur Beleuchtung verwendeten die Forscher bei Transmission eine Wolfram-Halogen-Lampe, die inkohärentes weißes Licht erzeugt. Für die Reflektionsabbildungen benutzten sie eine pseudothermale Lichtquelle mit kleinerer Bandbreite, da die höheren optischen Verluste und die geringere Korrekturbandbreite eine Lichtquelle mit höherer spektraler Intensität erforderlich machen. Der eigentliche Clou des Aufbaus liegt allerdings in der geschickten Kalibrierung des räumlichen Phasenmodulators.

Die Forscher wählten einen handelsüblichen Phasenmodulator, dessen nematische Flüssigkristallschicht die Phase von Licht verändert, ohne Einfluss auf die Intensität oder den Polarisationszustand zu nehmen. Der Phasenmodulator ist über einen Controller an einen PC angeschlossen und kann an jedem Punkt einzeln angesteuert werden. Über einen adaptiven Algorithmus bestimmten die Forscher die nötigen Wellenfront-Korrekturen. Je nach Aufbau benötigten sie zur Optimierung der vollständigen Phasenmodulation einige Dutzend Minuten. Sie gehen aber davon aus, der Optimierungsprozess könne sich mit Hilfe mikroelektromechanischer räumlicher Phasenmodulatoren auch in Bruchteilen von Sekunden fertig stellen lassen.

Abb.: Phasenkorrigierte Abbildung in Transmission: Streulicht in einer konventionellen Kamera (c, kleines Bild: ohne Streumedium), Abbildung mit optimierter Phasenmodulation (d), dieselbe Abbildung ohne Bandpassfilter (e), die Abbildung eines etwas kleineren Objekts mit dem kohärentem Licht eines He-Ne-Lasers führt zu deutlich sichtbaren Bildartefakten (f; Bild: Y. Silberberg, Weizmann I.)

Zwei Charakteristika stechen bei diesem Ansatz hervor. Einerseits funktioniert er sowohl in Transmission wie auch bei Streuung an einer Oberfläche: Der räumliche Phasenmodulator verwandelt das trübe Medium in eine ‚Streulinse’, ein reflektierendes Medium zu einem ‚Streuspiegel’. Allerdings eignet sich die Technik bislang vor allem für die Streuung an dünnen Schichten, dickere, mehrfach streuende Schichten stellen den Ansatz noch vor größere Probleme.

Der zweite interessante Punkt liegt darin, dass die Phasenkorrektur zwar weit davon entfernt liegt, perfekt zu sein, denn die Anzahl an Freiheitsgraden bei Messung und Phasenkorrektur ist viele Größenordnungen kleiner als diejenige, die man für eine perfekte Korrektur bräuchte. Daher sehen die korrigierten Wellenfronten eher wie zufällige Phasenmuster aus, denn wie Kugelwellen. Bemerkenswerterweise erlauben sie immer noch hochaufgelöstes Fokussieren und Abbilden.

Diese nicht perfekte Korrektur manifestiert sich aber nur als Verlust von Intensität und Kontrast, und nicht als Verlust in der Auflösung. Die Forscher sehen mögliche Anwendungen ihrer Technik besonders bei Abbildungen, bei denen inhomogene Schichten oberhalb der Brennebene liegen, etwa bei Aufnahmen durch dünne Eierschalen hindurch; oder auch in der neurophysiologischen Bildgebung.

Dirk Eidemüller

OD

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