15.01.2024

Mit scharfer Spitze neben Moleküle blicken

Lateralkraft-Mikroskopie macht Wasserstoffatome an den Seiten von Molekülen sichtbar.

Forscher der Uni Regensburg und der TU Graz haben gezeigt, dass Wasserstoffatome an den Seiten von Molekülen, die auf einer Oberfläche liegen, direkt abgebildet werden können. Ihre Studie beschreibt, dass durch einen Blick neben die Moleküle die Position und das Vorhandensein von den zuvor verborgenen Wasserstoffatomen aufgedeckt werden kann.

Abb.: LFM-Spitze, die sich der Seite eines Moleküls nähert.
Abb.: Künstlerische Darstellung einer LFM-Spitze, die sich der Seite eines Moleküls nähert, wo sie für die Wasserstoff-Atome empfindlich ist.
Quelle: A. J. Weymouth, U. Regensburg

Wasserstoffatome, die sich an den Außenseiten von Molekülen befinden, beeinflussen viele Eigenschaften dieser Moleküle, darunter auch ihre Wechselwirkung mit anderen Molekülen. Wasserstoffbrückenbindungen sind eine der häufigsten Formen molekularer Wechselwirkungen, bei denen ein positiv geladenes Wasserstoffatom an der Seite eines Moleküls von einem negativen Atom in einem benachbarten Molekül angezogen wird. Wasserstoffbrücken sind von großer Bedeutung im Bereich der Oberflächensynthese, bei der Moleküle zunächst auf einer Oberfläche absorbiert werden und dann miteinander reagieren. Doch trotz ihrer Bedeutung waren direkte Beobachtungen dieser kleinen, aber wichtigen Atome bisher kaum möglich.

Um die Seiten von Molekülen sichtbar zu machen, verwendeten die Forscher eine spezielle Technik, die von der Rasterkraftmikroskopie AFM abgeleitet ist. Bei AFM-Messungen wird eine scharfe Spitze in die Nähe einer Oberfläche gebracht und die auf die Spitze wirkenden Kräfte aufgezeichnet, während sie sich über die Oberfläche bewegt. Frühere AFM-Experimente konzentrierten sich auf die vertikale Komponente der Kraft und konnten deshalb die Wasserstoffatome an den Seiten der Moleküle nicht erkennen.

Um diese Einschränkung zu überwinden, setzten die Forscher die Lateralkraft-Mikroskopie LFM ein, welche die horizontalen Kräfte misst, die auf die AFM-Spitze einwirken. „Trotz der Tatsache, dass sie noch nicht weit verbreitet ist, bietet LFM mehrere Vorteile gegenüber des konventionellen AFM, darunter eine außergewöhnliche Abstandsempfindlichkeit, die es ermöglicht, physikalische Parameter aus einem einzigen Bild zu extrahieren und die Fähigkeit Reibungskräfte zu quantifizieren, indem ein einzelnes Atom über chemische Bindungen geschoben wird“, erläutert Alfred Weymouth von der Uni Regensburg.

Durch die Messung der lateralen Kraft, die auf die AFM-Spitze an den Rändern der Moleküle ausgeübt wird, konnten Weymouth und seine Mitarbeiter Wasserstoffatome direkt erkennbar machen. Die Rohdaten aus den Experimenten konnten direkt mit theoretischen Berechnungen verglichen werden, was zu einem besseren Verständnis der atomaren Wechselwirkungen führte. Während Atom-Atom-Wechselwirkungen häufig mit vereinfachten, abstandsabhängigen Funktionen modelliert werden, zeigte der Vergleich dieser Modelle mit den experimentellen Daten die Grenzen dieser Näherungen auf und machte deutlich, wie wichtig es ist, zusätzliche Faktoren in diese theoretischen Rahmenwerke einzubeziehen.

Diese Erkenntnisse sind sowohl für AFM- als auch für LFM-Untersuchungen wertvoll, da sie den Forscher ermöglichen, ihr Verständnis grundlegender atomarer Wechselwirkungen zu verfeinern. Die Möglichkeit, Wasserstoffatome direkt zu beobachten, stellt einen bedeutenden Durchbruch für die Forschung dar und bietet ein leistungsfähiges Instrument, um die komplizierten Mechanismen und Zwischenschritte chemischer Reaktionen an Oberflächen aufzuklären. Dieser Durchbruch birgt ein immenses Potenzial für Fortschritte in verschiedenen Bereichen, einschließlich der Oberflächenkatalyse und der molekularen Wechselwirkungen im menschlichen Körper.

Die Entwicklung dieser neuartigen Technik erweitert unser Verständnis der mikroskopischen Welt und eröffnet neue Wege für Forschung und Innovation. Durch die direkte Visualisierung des Verhaltens von Wasserstoffatomen können Forscher tiefere Einblicke in die grundlegenden Prozesse gewinnen, die die Wechselwirkungen von Molekülen bestimmen und so den Weg für transformative Fortschritte in verschiedenen Bereichen ebnen.

U. Regensburg / RK

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