28.09.2018

Moleküle mit Schall abbilden

Nanomechanische Absorptions-Mikroskopie kann einzelne Moleküle auflösen.

Einzelne Moleküle kann man nicht fotografieren. Wenn man Objekte abbilden will, die kleiner sind als die Wellen­länge des Lichts, muss man sich besondere Tricks einfallen lassen. Man verwendet etwa Elektronen­mikroskope oder bestimmt die Position bestimmter fluoreszierender Moleküle, indem man eine große Zahl von Bildern nach­einander aufnimmt.

Abb.: Aufnahme einzelner Moleküle – mit Hilfe von Schall (Bild: TU Wien)

Ein Team der Fakultät für Elektrotechnik und Informations­technik der TU Wien konnte jetzt nach jahrelanger Forschung eine neue Mikroskopie-Methode präsentieren, mit der man einzelne Moleküle abbilden und sogar zuverlässig bestimmen kann. Die Moleküle werden auf einer winzigen Membran platziert und mit einem Laser bestrahlt. Gemessen wird, wie sich das Schwingungs­verhalten der Membran dadurch verändert. Die entscheidende Mess­größe ist somit nicht Licht, sondern eine mechanische Schwingung – also Schall.

Silvan Schmid vom Institut für Sensor- und Aktuator­systeme der TU Wien beschäftigt sich mit der Wechsel­wirkung von elektro­magnetischer Strahlung und winzigen mechanischen Strukturen. „Wir bringen einzelne Moleküle auf ganz bestimmte, extrem dünne Membranen auf“, erklärt er. „Danach wird die Membran von einem Laser­strahl abgetastet.“

Die Wellenlänge des Laserlichts wird so gewählt, dass es besonders stark mit dem gesuchten Molekül wechsel­wirkt. Trifft der Laser­strahl auf das Molekül, nimmt es Energie auf und erwärmt dadurch die Membran in seiner Umgebung. Diese Erwärmung wiederum bewirkt, dass sich die Schwing­frequenz der Membran verstimmt. „Man kann sich das vorstellen wie eine kleine Trommel“, erklärt Silvan Schmid. „Wenn sich die Trommel­membran erwärmt, wird sich auch das Trommel­geräusch ändern. Dasselbe geschieht bei unseren Mikro-Membranen.“

Die Membran schwingt mit einer Frequenz in der Größen­ordnung von rund zwanzig Kilohertz – das entspricht einem sehr hohen Ton, in einem Frequenz­bereich, den zumindest Kinder normaler­weise gerade noch hören können. Das Geräusch der Membran im nano­mechanischen Absorptions-Mikroskop ist aber viel zu leise, um wahrgenommen zu werden. Es wird mit optischen Sensoren gemessen.

Wenn man die gesamte Membran Punkt für Punkt mit dem Laser beleuchtet und jedes Mal die akustische „Verstimmung“ der Membran misst, kann man dann berechnen, wo ein Molekül sitzt – und so lässt sich ein Bild mit hohem Kontrast erzeugen. „Wir haben die Methode auf Fluoro­phore angewandt, das sind fluoreszierende Moleküle, die auch mit anderen Methoden abgebildet werden können. Dadurch konnten wir zeigen, dass unser Schwingungs-Bild tatsächlich stimmt“, sagt Silvan Schmid. „Unsere Methode lässt sich allerdings auch auf andere Moleküle anwenden. Man muss nur die Wellen­länge des Laser­lichts richtig wählen.“

Entscheidend für das Funktionieren der neuen Methode war, passende Membranen herzustellen. „Wir benötigen ein Material, das sein Schwingungs­verhalten möglichst deutlich ändert, wenn es durch einzelne Moleküle lokal erwärmt wird“, sagt Silvan Schmid. „Gelungen ist uns das schließlich mit Silizium­nitrid-Membranen mit einer Oberfläche aus Silizium­oxid.“ Silvan Schmids Forschungs­team arbeitete bei diesem Projekt mit der Biophysik-Forschungs­gruppe von Gerhard Schütz (ebenfalls TU Wien) zusammen, die sich auf besonders heraus­fordernde Mikro­skopie­techniken spezialisiert hat.

Anwendungsmöglichkeiten für die neue Technologie gibt es viele: „Unsere neue Methode liefert ein sehr deutliches, klares Signal. Dadurch ist sie für viele Bereiche interessant. Man kann auf diese Weise einzelne Moleküle lokalisieren und analysieren, man kann Detektoren für winzige Stoffmengen bauen, man kann sie aber auch für die Fest­körper-Forschung einsetzen, etwa um elektronische Schwingungen in Nano-Antennen zu messen“, sagt Silvan Schmid.

TU Wien / DE

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