24.03.2005

Nano-Schnüffeln

Klein, schnell und hochempfindlich: Diese Eigenschaften könnten neue Gassensoren aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen auszeichnen.


Nano-Schnüffeln - Nanoröhrchen für hochempfindliche Gassensoren


Washington (USA) - Klein, schnell und hochempfindlich: Diese Eigenschaften könnten neue Gassensoren aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen auszeichnen. Amerikanische Militärforscher führten nun erste Versuche mit einem Netzwerk aus nur knapp zwei Nanometer dicken, einwandigen Hohlkörper durch. In der Fachzeitschrift "Science" berichten sie über herausragende Sensitivität beispielsweise für das Nervengas Sarin. So könnte der Sensor sogar nur ein Molekül unter zwei Milliarden zuverlässig detektieren.

"Ein Chemiekondensator aus Nanoröhrchen vereint in sich Stabilität, hohe Sensitivität für viele Substanzen und eine schnelle Reaktionszeit", erklären Eric Snow und seine Kollegen vom Naval Research Laboratory in Washington. So liegt der Schlüssel zur hohen Empfindlichkeit der winzigen Hohlkörper in einer winzigen Änderung der Kapazität (Bereich 10 nF/cm2). Dazu muss ein nachzuweisendes Molekül an ein Nanoröhrchen über eine chemische Bindung andocken. Dadurch ändern sich geringfügig die elektronischen Eigenschaften des Netzwerks. Das Ergebnis: Die Kapazität des Röhrchens steigt in linearer Abhängigkeit zur Anzahl der angedockten Moleküle geringfügig an.

Zwar können Moleküle - sei es Benzol, Ethanol oder Wasser - direkt an ein Nanoröhrchen anknüpfen, doch für einen wirksamen Sensor beschichteten die Forscher ihr Röhrchen-Netzwerk mit einem speziellen, so genannten chemoselektiven Polymer. Relativ fest umhüllt es die Nanopartikel, angebunden durch Wasserstoffbrückenbindungen. Für die Messung selbst muss das Gas-absorbierende Netzwerk elektrisch kontaktiert werden. Eine 250-Nanometer dicke Unterlage aus dielektrischem Siliziumdioxid ermöglicht mit einer filigranen Strukturierung den Anschluss der Sensor-Elektroden. Im Messbetrieb wird das Sensormodul mit einer Wechselspannung von 0,1 Volt bei 30 Kilohertz versorgt. Das reicht aus, um Kapazitätsänderungen nach dem Andocken von Gasmolekülen messen zu können.

Mit über 20 verschiedenen Substanzen überprüften Snow und Kollegen die Empfindlichkeit ihres Sensors. Jedoch schwanken je nach der Polarität der Moleküle die Kapazitätsänderungen und somit auch die Sensitivität des Moduls, die meistens im "Part per million" (ppm) Bereich lagen. Von Vorteil erwies sich die schnelle Bereitschaft des Röhrchen-Sensors. Schon nach rund vier Sekunden kann ein Molekül andocken und nachgewiesen werden. Zudem zeigte sich das Anknüpfen der Gasmoleküle reversibel, so dass nach einer kurzen Regeneration der Sensor abermals verwendet werden könnte. Andere Entwicklungsansätze, die auf eine Widerstandsänderung der Nanoröhrchen nach Andocken von Gasmolekülen beruhen, weisen nach Aussage von Snow und Kollegen diese Schnelligkeit nicht auf.

Schon vor zwei Jahren berichteten Physiker vom Rensselaer Polytechnic Institute in Troy über Gassensoren mit Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Sie entwickelten aus den Röhrchen einen hochsensitiven Gasdetektor, der mit großer Genauigkeit bisher Kohlendioxid, Stickstoff und Sauerstoff nachweisen kann. Durch seinen Energie sparenden Aufbau könnte er die Grundlage für portable, Batterie betriebene Gassensoren liefern, berichteten die Forscher im Fachblatt "Nature".

Natürlich handele es sich bei dem ersten Modell um einen rudimentären Prototyp, doch das Potenzial, andere Sensortechniken in den Schatten zu stellen, besitze das Nanoröhrchen durchaus, sagte Nanoforscher Pulickel Ajayan. Die Leistungsfähigkeit der millionstel Millimeter dünnen Röhrchen beruhte auch auf der chemischen und physikalischen Vielseitigkeit seiner Atome. Schon geringe Spannungen an einem ganzen Feld von Nanoröhrchen reichten aus, um effektive elektrische Felder zu erzeugen. Dadurch wurden die anwesenden Gasmoleküle ionisiert und konnten so leicht nachgewiesen werden. Die Konzentration der Gase offenbarte sich durch die Stromentladung, die diese Gasionen verursachen können.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos

Weiterführende Literatur:

  • E.S. Snow, J.P. Novak, P.M. Campbell, and D. Park, "Random Networks of Single-Wall Carbon Nanotubes as an Electronic Material," Appl. Phys. Lett. 82, 2145-2147 (2003).
  • J.P. Novak, E.S. Snow, E.J. Houser, D. Park, J.L. Stepnowoski and R.A. McGill, "Nerve Agent Detection Using Networks of Single-Wall Carbon Nanotubes," Appl. Phys. Lett. 83, 4026-4028

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