17.12.2025 • Magnetismus

Nanomagnete mit besonderem Dreh

Mit neuem Fertigungsverfahren lassen sich besonders effiziente magnetische Nanomaterialien günstig herstellen.

Forschende des HZDR haben in Zusammen­arbeit mit Partnern von der Technisch-Natur­wissen­schaft­lichen Univer­sität Nor­wegens in Trond­heim und dem Institut für Kern­physik der Polni­schen Aka­demie der Wissen­schaften eine Methode entwickelt, mit der sich besonders effi­ziente magne­tische Nano­materi­alien in einem vergleichs­weise einfachen Verfahren und auf Basis günstiger Ausgangs­materialien fertigen lassen. Mit Hilfe eines hoch­fokus­sierten Ionenstrahls prägen sie den Materi­alien magne­tische Nano­streifen aus winzigen, senk­recht stehenden Nano­magneten auf. Wie die For­schenden berichten, verleiht diese Geo­metrie dem Material eine hohe Empfind­lichkeit gegenüber äußeren Magnet­feldern und Strom­pulsen.

Ein nanofokussierter Neonionenstrahl erzeugt eine räumlich begrenzte Gitterordnung in einer Legierung. Dadurch entsteht Ferromagnetismus, bei dem sich Spins senkrecht zur Materialoberfläche ausrichten.

Quelle: Sander Münster

Copyright: Sander Münster/HZDR
Ein nano­fokus­sierter Neon­ionen­strahl erzeugt eine räum­lich begrenzte Gitter­ordnung in einer Legie­rung. Dadurch ent­steht Ferro­magne­tismus, bei dem sich Spins senk­recht zur Material­ober­fläche aus­rich­ten.
Quelle: Sander Münster / HZDR

Nanomagnete spielen eine Schlüssel­rolle in modernen Infor­mations­techno­logien. Sie ermöglichen schnelle Daten­speicher, präzise magne­tische Sensoren, neu­artige Entwick­lungen in der Spin­tronik und zukünftig auch im Quanten­computing. Grund­lage all dieser Anwen­dungen sind Funktions­materialien mit besonderen magneti­schen Strukturen, die auf der Nano­skala maßgeschneidert und präzise kontrol­liert werden können.

Rantej Bali und seine Kollegen vom Institut für Ionen­strahl­physik und Material­forschung am HZDR haben bereits in der Ver­gangen­heit Verfah­ren ent­wickelt, um Materi­alien winzige magne­tische Strukturen in unter­schied­lichen Geome­trien einzuprägen. Denn die Natur der jeweiligen magne­ti­schen Nano­struk­turen bestimmt, wie sich das Material in der Anwendung verhält. Nun ist das Team einen entschei­denden Schritt weiter­gegangen: „Wir haben es geschafft, senk­rechte Nano­magnete mit einem relativ einfachen Material zu erzeugen. Dadurch können alle Techno­logien, die von Nano­magneten abhängig sind, besser und günstiger werden“, berichtet Bali.

In den meisten Materialien neigen die Elektronen­spins dazu, horizontal entlang der Ober­fläche aufgelegt und sich nicht nach außen zu zeigen. Das schränkt ihre Anwen­dung stark ein. Nun konnten die Forscher zeigen, dass die Spins durch eine dras­tische Verklei­nerung der magne­tischen Bereiche gezwungen werden können, senk­recht aus der Material­oberfläche heraus­zuragen. Herkömm­liche Verfah­ren erreichen ein ähnliches Verhalten zwar bereits, müssen dafür aber auf Ausgangs­materi­alien mit kom­plexen Kristall­struk­turen zurück­greifen oder unter­schied­liche Materi­alien in dünnen Schichten kombinieren. Das macht diese Methoden aufwändig und teuer. Anders die neue Entwick­lung: „Sowohl die Materialien als auch die Fertigung sind günstig und für die meisten magnetischen Anwendungs­szenarien geeignet“, erläutert Bali.

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Als Ausgangsmaterial nutzten die Forschenden einen dünnen metallischen Film aus einer Eisen-Vanadium-Legierung. Die Atome dieses Materials sind in ihrer zunächst ungeord­neten Form nur schwach magne­tisch. Dies ändert sich jedoch bei Beschuss mit einem stark fokus­sier­ten Ionen­strahl. Das Prinzip: Wenn der Strahl mit einem Durch­messer von nur etwa zwei Nanometern die Materie trifft, ordnet er die Atome lokal in ein Kristall­gitter um. Die Ionen schubsen die Atome quasi auf ihre Gitter­plätze. Im geordneten, kristallinen Zustand wird das Material ferro­magne­tisch. So entstehen Stück für Stück winzige magne­tische Bereiche im Film. Zwar ist der genaue physikalische Mecha­nismus noch nicht geklärt, doch ist klar, dass sich damit magne­tische Nano­struk­turen fast beliebiger Geo­metrie und Größe erzeugen lassen.

Anders als bei früheren Versuchen verklei­nerten die For­schenden diesmal die Breite der Nano­streifen, bis sie schließ­lich extrem dünne, lediglich 25 Nano­meter breite magne­tische Bereiche erhielten. Zu ihrer Über­raschung stellten sie fest: In den sehr dünnen Streifen richteten sich die Nano­magnete plötz­lich an bestimmten Stellen senkrecht zur Oberfläche aus.

Senkrechte Nanomagnete sind aus mehreren Gründen vorteilhaft: Erstens können sie deutlich kompakter untergebracht werden. Das erhöht zum Beispiel die Daten­speicher­dichte von Festplatten und unterstützt den Trend zu immer weiter miniaturi­sierten Bauteilen. Zweitens machen sie Materi­alien effizienter, etwa in der Spin­tronik, die neben der Ladung der Elektronen auch deren Spin für den Signal­transport nutzt. Fließt elektrischer Strom durch das Material, so üben senkrechte Momente ein größeres Dreh­moment auf die Elek­tronen aus als parallele. Auch Quanten­computer können sich senkrecht stehende Nano­magnete zunutze machen, um die beiden möglichen Grundzustände eines Qubits, die jeweils einer magneti­schen Ausrich­tung nach oben oder nach unten entsprechen, zu unter­scheiden und diese hoch­empfind­lich anzu­steuern.

„Stark vereinfacht kann man sich das ähnlich wie bei einem Kartenspiel vorstellen. Wenn man alle Karten nebeneinander auf einen Tisch legt, benötigen sie relativ viel Platz. Stellt man sie stattdessen senkrecht auf, ist das viel platzsparender. Eine Karte, die senkrecht steht, reagiert deutlich sensibler auf Reize aus der Umgebung als eine flach liegende. Gleiches gilt für die Reaktion der Nanomagnete auf magnetische Reize von außen“, illustriert Bali.

Um das Ergebnis ihrer Versuche noch genauer zu verstehen, beobachteten die Forschenden in weiteren Experi­menten, wie sich magne­tische Domänen im Material ausbildeten. Das sind Bereiche, in denen jeweils alle magnetischen Momente gleich ausgerichtet sind. Stoßen zwei gegen­sätzliche Domänen aneinander, so muss die Magneti­sierung in den schmalen, nur wenige Nano­meter breiten Grenz­bereich, der Domänen­wand, ausweichen. Das Resultat: Die magnetischen Momente richten sich senkrecht auf.

Das HZDR-Team konnte diesen besonderen Dreh zunächst mit Hilfe der Magnet­kraft­mikro­skopie und über Streu­felder nachweisen. Das NTNU-Team um Magnus Nord im norwegischen Trond­heim vermaß das fertige Material mit Hilfe des differen­tiellen Phasen­kontrast­verfahrens erneut. Diese Methode liefert nano­skalige Aufnahmen, die zeigen, wie Elektronen beim Durch­gang durch magne­tische Bereiche reagieren. Dadurch konnten die Forschenden die Magneti­sierung der Streifen zwei­dimen­sional abbilden und die Grenz­bereiche verschie­dener magneti­scher Domänen sichtbar machen. Das Team um Michal Krupinski vom Institut für Kern­physik der Polni­schen Aka­demie der Wissen­schaften in Kraków ergänzte theore­tische Simulationen und steuerte die Visuali­sierung bei, die zeigen, wie genau die Domänengrenzen die magnetischen Momente in die Senk­rechte zwingen. Auf den gemein­samen neuen Erkennt­nissen wollen die Teams nun aufbauen, um zukünftig Techno­logien für magne­tische Speicher, Sensoren und spin­basier­tes Quanten­computing weiterzu­entwickeln. [HZDR / dre]

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