Nanoteilchen nach Wunsch
Core-Shell-Cluster ebnen den Weg für neue effiziente Nanomaterialien.
Ob bei innovativen Baustoffen, leistungsfähigeren Computerchips, bei Medikamenten oder im Bereich erneuerbarer Energien: Nanopartikel als kleinste Bausteine von Materialien stellen die Basis für eine ganze Reihe neuer technologischer Entwicklungen dar. Ein Material, das gezielt aus solchen wenigen Millionstel Millimetern großen Teilchen zusammengesetzt wurde, kann sich aufgrund der Gesetze der Quantenmechanik in punkto Leitfähigkeit, Optik oder Robustheit gänzlich anders verhalten als das gleiche Material im makroskopischen Maßstab. Außerdem besitzen Nanopartikel oder Nanocluster im Vergleich zu ihrem Volumen eine sehr große Oberfläche, die katalytisch wirksam ist. Das erlaubt für viele Anwendungen eine Materialersparnis bei gleichbleibender Leistung. Forscher am Institut für Experimentalphysik (IEP) der TU Graz haben nun eine Methode entwickelt, mit der Nanomaterialien wunschgerecht zusammengebaut werden können.
Die Wissenschaftler lassen supraflüssige Heliumtröpfchen bei Temperaturen von 0,4 Kelvin durch eine Vakuumkammer fliegen und bringen gezielt einzelne Atome oder Moleküle in diese Tröpfchen ein. „Diese verschmelzen dort zu einem neuen Aggregat und können auf verschiedenen Substraten deponiert werden“, erklärt Wolfgang Ernst. Er beschäftigt sich seit nunmehr fünfundzwanzig Jahren mit dieser Heliumtropfen-Synthese, hat sie in dieser Zeit sukzessive weiterentwickelt und die darauf ausgerichtete Forschung im eigens dafür aufgebauten „Cluster 3 Labor“ am IEP auf höchstem internationalem Niveau etabliert. Die nun gefertigten Cluster haben einen drei Nanometer großen Kern aus Silber und einen anderthalb Nanometer dicken Mantel aus Zinkoxid. Zinkoxid ist ein Halbleiter, der beispielsweise Anwendung findet in Strahlungsdetektoren zum Messen von elektromagnetischer Strahlung oder in Photokatalysatoren zum Abbau organischer Schadstoffe.
Das besondere an der Materialkombination: Der Silberkern liefert eine plasmonische Resonanz, das heißt er absorbiert Licht und bewirkt so eine hohe Lichtfeldverstärkung. Diese versetzt im umgebenden Zinkoxid Elektronen in einen angeregten Zustand, es bildet dabei Elektron-Loch-Paare – kleine Energieportionen, die an anderer Stelle für chemische Reaktionen genutzt werden können, wie zum Beispiel für Katalyseprozesse direkt an der Clusteroberfläche. „Die Kombination der beiden Materialeigenschaften steigert die Effizienz von Photokatalysatoren ungemein – außerdem wäre es denkbar, so ein Material in der Wasserspaltung zur Wasserstoffgewinnung einzusetzen“, nennt Ernst ein Einsatzgebiet.
Neben der Silber-Zinkoxid-Kombination erzeugten die Forscher weitere interessante Core-Shell-Cluster mit einem magnetischen Kern aus den Elementen Eisen, Kobalt oder Nickel und einer Schale aus Gold. Gold wirkt ebenfalls plasmonisch und schützt den magnetischen Kern außerdem vor ungewollter Oxidation. Diese Nanocluster können sowohl durch Laser wie auch durch äußere Magnetfelder beeinflusst sowie kontrolliert werden und eignen sich beispielsweise für die Sensortechnologien. Für diese Materialkombinationen wurden temperaturabhängige Stabilitätsmessungen sowie theoretische Rechnungen in Zusammenarbeit mit der IEP-Theoriegruppe rund um Andreas Hauser und dem Team von Maria Pilar de Lara Castells (Institute of Fundamental Physics am spanischen National Research Council CSIC, Madrid) durchgeführt, die das von makroskopischen Materialproben abweichende Verhalten bei Phasenübergängen wie einer Legierungsbildung erklären können.
TU Graz / JOL