26.07.2017

Nanowirbel in Magneten

Harte Röntgenstrahlung macht theoretisch vorhergesagte Bloch-Punkte sichtbar.

Ein Forscher­team des Paul Scherrer Instituts PSI, der ETH Zürich und der Uni­versität Glasgow konnte erstmals die magnetische Struktur innerhalb eines kleinen drei­dimensionalen Objekts im Nanometer­bereich abbilden. Das mehrere Mikro­meter kleine untersuchte Objekt war ein zylinder­förmiger Magnet aus Gadolinium-Kobalt – ein Material, das sich ferro­magnetisch verhält. Den Forschern gelang es im Inneren dieses Objekts die feinen magne­tischen Muster bis auf das Zehntausendstel eines Milli­meters abzubilden. Die kleinsten noch sichtbaren Details in der 3-D-Visuali­sierung waren rund 100 Nanometer klein. Die Bildgebung wurde mit der Magnet­tomographie mittels harter Röntgen­strahlung erreicht.

Abb.: Ein virtueller senkrechter Schnitt durch die Probe offenbart ihre innere magnetische Struktur. (Bild: C. Donnelly, PSI)

„Bislang ließen sich solche winzigen Details der magne­tischen Struktur nur in dünnen Filmen oder an den Ober­flächen von Objekten abbilden“, erklärt Laura Hey­derman, Professorin an der ETH Zürich. „Mit unseren jetzigen Bildern dagegen können wir richtiggehend in das magne­tische Material eintauchen: Wir sehen und verstehen die drei­dimensionale Anordnung der winzigen magne­tischen Kompass­nadeln.“ Diese kleinen Nadeln reagieren auf einander und sind daher nicht beliebig angeordnet, sondern bilden bestimmte Muster, die das gesamte magne­tische Objekt durch­ziehen.

Heydermann und Kollegen erkannten schnell, dass das magnetische Muster aus grund­legenden magne­tischen Strukturen besteht, die ineinander verschlungen sind: Sie erkannten magne­tische Domänen, Regionen mit gleicher magnetischer Ausrichtung, und Domänen­wände, die zwei solcher Domänen voneinander trennen. Sie beobachteten zudem magne­tische Wirbel, deren Form derjenigen eines Tornados gleicht. Zusammen­gesetzt bildeten all diese Strukturen ein einzig­artiges, viel­schichtiges Muster. „Diese grund­legenden, bekannten Strukturen zu sehen, wie sie sich zu einem komplexen drei­dimensionalen Netzwerk zusammenfügen, war wirklich schön und eindrucksvoll“, sagt PSI-Forscherin Claire Donnelly.

Eine besondere Art Struktur stach dabei heraus: ein Paar magne­tischer Singu­laritäten, sogenannte Bloch-Punkte. Bloch-Punkte enthalten einen unendlich kleinen Bereich, in dem die magne­tischen Kompass­nadeln ihre Richtung schlagartig ändern. „Bei den Ferro­magneten kann die Magneti­sierung üblicher­weise als stetig angesehen werden, das heißt, auf der Nanometer­skala gibt es keine plötz­lichen Änderungen. An diesen Singu­laritäten dagegen gilt genau das nicht mehr“, sagt Sebastian Gliga von der Uni­versität Glasgow. Bloch-Punkte stellen Monopole der Magnetisierung dar und obwohl sie schon vor über 60 Jahren vorhergesagt wurden, konnten sie bis zu dieser Studie nie direkt beobachtet werden.

Die in dieser Studie angewandte Röntgen-Magnet­tomographie basiert auf einem Grund­prinzip der Computer­tomographie (CT). Ähnlich wie bei medi­zinischen CT-Scans werden viele Röntgen­bilder der Probe nach­einander und jeweils aus leicht unter­schiedlicher Richtung aufgenommen. Die Messungen dieser Studie wurden an der cSAXS-Strahl­linie der Synchro­tron-Lichtquelle Schweiz SLS am PSI durchgeführt. Eine Messeinheit zur Röntgen-Nano­tomografie des OMNY-Projekts ermög­lichte zusammen mit einer kürzlich ent­wickelten Bildgebungstechnik namens Ptychografie die Experimente. Aus den so gesam­melten Daten erstellten die Forscher mittels Computer­berechnungen und einem am PSI entwickelten neuartigen Rekonstruktion­salgo­rithmus eine 3-D-Landkarte der Magne­tisierung.

Die Forscher nutzten harte Röntgenstrahlen an der SLS des PSI. „Die weiche Röntgen­strahlung mit ihrer niedrigeren Energie wurde schon zuvor sehr erfolg­reich eingesetzt, um ähnliche Land­karten der magne­tischen Momente zu erzielen“, erklärt Donnelly. „Aber weiche Röntgen­strahlung dringt kaum in solche Proben ein, daher lässt sich mit ihr nur die Magne­tisierung eines Dünnfilms oder an der Oberfläche eines Objekts abbilden.“ Um wirklich ins Innere ihres Magneten einzu­tauchen, wählten die PSI-Forscher daher harte Röntgen­strahlung. Den Preis der deutlich geringeren Signal­stärke, die die harte Röntgen­strahlung mit sich bringt, nahmen sie dabei in Kauf.

Die neue Methode, mit der sich ins Innere von Magneten blicken lässt, könnte einen weit­reichenden Einfluss auf viele der heutigen Technologien haben: Magnete finden sich in Motoren, in der Energie­produktion und in der Daten­speicherung. Womöglich lassen sich dank der nun vorgestellten Methode eines Tages bessere, maßge­schneiderte Magnete erschaffen, was wiederum viele all­tägliche Anwendungen weiter verbessern würde.

PSI / JOL

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