Natürliche Quasikristalle entdeckt
Legierung aus Aluminium, Kupfer und Eisen zeigt – eigentlich verbotene – Ikosaederstruktur
Legierung aus Aluminium, Kupfer und Eisen zeigt – eigentlich verbotene – Ikosaederstruktur
Florenz (Italien)/ Princeton (USA) – Der Aufbau von Kristallen folgt in der Natur strengen Regeln. Vier Symmetrieklassen genügten bisher, um die periodisch angeordneten Atome in den Kristallgitterstrukturen einzuordnen. Doch italienische und amerikanische Mineralogen fanden nun in einer Legierung aus Aluminium, Kupfer und Eisen eine Fünfer-Symmetrie und berichten darüber in der Zeitschrift "Science". Solche Quasikristalle konnten bisher nur im Labor gezüchtet werden und galten unter natürlichen, geologischen Bedingungen als instabil.
Abb.: In dieser Mineralprobe von der russischen Kamschatka-Halbinsel verbergen sich natürliche Quasikristalle aus einer Almunium-Kupfer-Eisen-Legierung. (Bild: AAAS/Science)
"Ein nahezu perfekter und natürlicher Quasikristall, der sich unter geologischen Bedingungen formen konnte, hätte große Auswirkungen auf die Geologie und die Festkörperphysik", schreiben Luca Bindi von der Universität Florenz und seine Kollegen von der Princeton University. Einen ersten Beweis, dass Quasikristalle tatsächlich in der Natur vorkommen können, haben die Forscher nun in einer Mineralprobe aus den Karyak-Bergen auf der russischen Kamschatka-Halbinsel gefunden. Umgeben von den bekannten Mineralen Cupalit und Khartyrkit entdeckten sie winzige Körnchen, die in rotationssymmetrischen Ikosaeder kristallisiert waren.
Die Struktur ihrer Probe untersuchten die Wissenschaftler sowohl unter einem Transmissionselektronenmikroskop, über die Rückstreuung von Elektronen und über Röntgendiffraktionsmuster. Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass die Metall-Legierung tatsächlich Fünfer-Symmetrien und Ikosaeder-Strukturen aufwies. Bisher gelang die Synthese von vergleichbaren, etwa 100 verschiedenen Quasikristallen nur unter Laborbedingungen.
Für die Klassifizierung von natürlichen Kristallen genügten bisher Strukturen mit zwei, drei, vier oder sechs Symmetrieachsen. Ein stabiles Gitter mit fünf Achsen gilt als verboten. Daher könnte diese Entdeckung nun zu einer Diskussion über eine Neuordnung der Klassen für natürliche Kristalle führen, in der nicht nur periodisch aufgebaute Gitter, sondern auch Gitter mit einer Rotationssymmetrie aufgenommen werden könnten.
Aber Quasikristalle begeistern nicht nur die Strukturforscher. So verblüffen die im Labor gezüchteten Minerale mit physikalischen Eigenschaften, die keine andere Materialklasse aufweist. Zum Beispiel nimmt ihre elektrische Leitfähigkeit mit steigender Temperatur zu statt ab und empfiehlt diese Strukturen dadurch für neue elektronische Bauteile. "Unsere Studie könnte auch einen Weg eröffnen, neue Quasikristalle zu entdecken in Kompositionen, die bisher nicht synthetisiert wurden", schreiben die Forscher in ihrer Veröffentlichung.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Luca Bindi et al., Natural Quasicrystals. Science, 324, 1306 (2009)
http://dx.doi.org/10.1126/science.1170827 - Sezione di Mineralogia, Università degli Studi di Firenze:
http://www.msn.unifi.it/ - Princeton Institute for the Science and Technology of Materials, Princeton University:
http://prism.princeton.edu/
Weiterführende Literatur:
- D. Levine, P. J. Steinhardt, Phys. Rev. Lett. 53, 2477 (1984)
- D. Shechtman, I. Blech, D. Gratias, J. W. Cahn, Phys. Rev. Lett. 53, 1951 (1984)
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