23.03.2017

Netzwerk aus Nanosatelliten

Gruppe von Nanosatelliten soll weitgehend unbekannten Teil der Thermosphäre erforschen und Materialien testen.

Die kleinen Satelliten begeben sich gemeinsam mit der Rakete auf ihren Weg zur Internationalen Raum­station ISS. Sobald die Raumstation erreicht ist, warten sie mit ihren Weltraum­experimenten noch ungefähr einen Monat an Bord auf ihren eigentlichen Einsatz. Von der ISS aus werden der Nano-Satellit SOMP2 mit seinen drei Experimenten sowie die 14 weiteren FIPEXnano-Experimente in ihren finalen Orbit entlassen. Kurze Zeit später liefert der Satellit die ersten Messdaten aus dem Weltraum. Vom Boden aus müssen die Forscher dann die Daten abfangen, dafür bleiben pro Überflug nur fünf bis acht Minuten. SOMP2 erfasst unter anderem die restlichen Partikel im Weltraum und testet neue Nano­materialien.

Abb.: Letzte Inspektion durch Tino Schmiel vor Übergabe an die NASA (Bild: T. Schmiel, ILRA)

SOMP2 ist ein Nano-Satellit, den Studenten, Doktoranden und Wissenschaftler der Fakultät Maschinen­wesen der TU Dresden gemeinsam entwickelten. „SOMP2“ steht dabei für Student On-Orbit Measurement Project und soll die Restatmosphäre in der Umgebung des Satelliten messen. Er ist 20 auf 10 auf 10 Zentimeter groß und wiegt etwas weniger als zwei Kilogramm. SOMP2 beherbergt drei wissenschaftliche Experimente: FIPEXnano, TEG und CiREX. Er wird die Erde so schnell umrunden, dass der Satellit 16-mal am Tag einen Sonnen­aufgang sieht. Was so romantisch klingt, ist allerdings eine große Herausforderung an die Materialien und die Elektronik.

Die maßgeblich um Tino Schmiel an SOMP2 mitarbeitenden Wissenschaftler Yves Bärtling, Christian Schunk, Elisabeth Abbe, Alexander Zwiebler und Tom Henschel können daher die ersten Signale kaum erwarten. „Nur kurze Zeit nachdem SOMP2 von der Raumstation in 415 Kilometer Höhe entlassen wird, aktivieren sich die Systeme selbständig, die Solarzellen laden die Batterien und wenn alle Systeme funktionieren, beginnt die Wissenschafts­phase der Mission“, so Yves Bärtling, der die technische Entwicklung von SOMP2 koordinierte. Dann endlich können die ersten Zustands-Daten auf der Erde empfangen und aufgezeichnet werden.

Mit FIPEXnano ist ein kleines Sensorsystem im SOMP2 und in den weiteren 14 Satelliten verbaut, welches bei mindestens 600 Grad Celsius die restlichen Gase im Weltraum in der so genannten Thermosphäre misst. In dieser Zone, die sich in 80 bis 600 Kilometer Höhe befindet, treten Gas­temperaturen von 1000 Grad Celsius auf. Bisher ist zu wenig über die Dynamik der Zusammen­setzung dieser Atmosphären­schicht bekannt. Wissenschaftler sprechen daher oft von der Ignorosphäre anstatt der Thermosphäre. Das Experiment leistet somit einen wichtigen Beitrag für die Atmosphären­modellierung. Anhand der gesendeten Daten lassen sich Klima­vorhersagen optimieren und neue Atmosphären­modelle erarbeiten.

„Die Sensoren von FIPEXnano sind winzig klein, nur 3 mal 3 Millimeter groß. Die Vorgänger waren bereits 2008 auf der Internationalen Raumstation ISS im Einsatz – damals noch so groß wie Streichhölzer. Sie wurden soweit miniaturisiert, dass sie nur einen Bruchteil der elektrischen Leistung benötigen. Nun ist FIPEXnano in der Lage, Gase bei nur einem Einhundert­tausendstel des Druckes auf der Erde zu erfassen“, so Tino Schmiel – Leiter des Forschungsfeldes Klein­satelliten und Spin-off Technologien am Institut für Luft- und Raumfahrt. Das Experiment CiREX testet mehrere Nano­materialien aus dem Dresdner Forschungs­raum auf ihre Einsatzfähigkeit in der harschen Umgebung des Weltraumes. SOMP2 erzeugt mit hochleistungs­fähigen Solarzellen Strom, auf den die Experimente angewiesen sind.

Zusätzlich haben die Wissenschaftler thermo­elektrische Materialien (TEG) verbaut. Mit ihnen wird getestet, ob man zukünftig auch aus Wärme von der Sonne und der Elektronik innerhalb des Satelliten Strom erzeugen kann. Für zukünftige Missionen ein wichtiger Aspekt. „Es bleibt sehr spannend – gerade auch für die vielen Studenten, die Tag und Nacht am Bau und Test des Satelliten mitwirkten. Das Risiko ist hoch – immerhin ist es ein Ausbildungsprojekt“, schwärmt Martin Tajmar, Direktor des Institutes für Luft- und Raumfahrttechnik. „Die Studenten standen vor großen Heraus­forderungen, die Systeme müssen im sehr rauen Weltraum funktionieren und den Start überleben. SOMP2 gab die einmalige Möglichkeit, praxisnah vieles zu erlernen“.

So haben die Mitarbeiter und Studenten nahezu jede Komponente selbst entwickelt: die Struktur, das Energie­system, die Mikro­kontroller­software, das Kommunikations­system, die Thermal­kontrolle und vieles mehr. Der Satellit wurde außerdem an verschiedenen Instituten der Fakultät Maschinen­wesen von den Studenten auf Herz- und Nieren getestet. Er musste hohe Vibrationen, Schocklasten, extreme Temperaturen, Strahlung und Hoch­vakuum überstehen. SOMP2 ist nun fit für die Mission. „Die härteste Prüfung, die ein Raumfahrt­ingenieur bestehen muss, ist vor dem so genannten NASA Safety Board“, so Tino Schmiel. „Unsere Studenten haben mit SOMP2 die Freigabe für einen Start zu einem bemannten System – der Raumstation – erhalten. Mehr geht nicht!“

Auch andere Satellitenbauer haben das Dresdner Experiment FIPEXnano in ihre Nano-Satelliten verbaut. FIPEXnano startet gleichzeitig auf weiteren 14 Satelliten des so genannten QB50 Netzwerkes – ein internationales Konsortium verschiedener Satelliten­entwickler. Die Satelliten für die FIPEXnano-Mission stammen von Instituten aus Russland und den USA, der Ukraine, China und Taiwan, Australien, Israel, Indien und mehrere aus Europa.

Diese FIPEXnano Systeme analysieren dann die restlichen Gase im erdnahen Weltraum an 14 verschiedenen Positionen zur gleichen Zeit. Die Ergebnisse sollen die stetigen zeit- und ortsabhängigen Veränderungen in der höheren Atmosphäre erfassen, um besser das Weltraum­wetter vorhersagen zu können. Weitere Systeme sind für einen Start mit der indischen PSLV-Rakete bereits ausgeliefert.

TU Dresden / DE

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