15.03.2024

Neuartige Ionenfalle für größere Quantencomputer

Penning-Falle nutzt statische elektrische und magnetische Felder, um in Zukunft deutlich mehr Qubits zu realisieren.

Mit zeitlich konstanten elektrischen Feldern allein kann man Ionen nicht dauerhaft einfangen. Fügt man dagegen ein oszillierendes elektro­magnetisches Feld hinzu, erhält man eine stabile Ionenfalle, auch Paul-Falle genannt. Auf diese Weise ist es in den letzten Jahren gelungen, Quanten­computer mit Ionenfallen für rund dreißig Qubits zu bauen. Sehr viel größere Computer sind mit dieser Technik allerdings nicht einfach zu realisieren. Die oszil­lierenden Felder machen es schwierig, mehrere solcher Fallen auf einem Chip zu vereinen, und sie führen zum Aufheizen der Falle – ein Problem, dass vor allem in größeren Systemen zum Tragen kommt. Zudem ist der Transport von Ionen auf gerade Linien begrenzt, die durch Kreuzungen verbunden sind.

Abb.: Der Versuchsaufbau mit dem Fallen-​Chip in dem Behälter unterhalb der...
Abb.: Der Versuchsaufbau mit dem Fallen-​Chip in dem Behälter unterhalb der silbernen Kuppel. In diesem fängt eine Linse das von den gefangenen Ionen ausgesandte Licht ein.
Quelle: P. Hrmo, ETHZ

Forschende der ETH Zürich unter der Leitung von Jonathan Home haben jetzt gezeigt, dass man auch mit statischen Magnet­feldern anstelle der oszillierenden Felder Ionenfallen bauen kann, die sich für Quantencomputer eignen. In diesen statischen Fallen mit zusätzlichem Magnetfeld, Penning-Fallen genannt, können sowohl der beliebige Transport als auch die notwendigen Operationen für die künftigen Superrechner ausgeführt werden. „Traditionell werden Penning-Fallen benutzt, wenn man für Präzisions­experimente sehr viele Ionen einfangen will, diese aber nicht individuell kontrollieren muss“, sagt Doktorand Shreyans Jain: „In den kleineren Quanten­computern mit Ionen werden dagegen Paul-Fallen eingesetzt.“

Die Idee der Forschenden, künftig auch Quanten­computer mit Penning-Fallen zu bauen, stieß bei Kolleginnen und Kollegen zunächst auf Skepsis. Für die Vorbehalte gibt es einige Gründe: Für Penning-Fallen braucht man extrem starke Magnete, die sehr teuer und recht klobig sind. Zudem waren bislang alle Penning-Fallen sehr symmetrisch, was bei den neuen Chip-Fallen nicht der Fall ist. Und führt man Experimente in einem großen Magneten durch, wird es schwierig, die für die Kontrolle der Qubits nötigen Laser­strahlen in die Falle zu leiten. Zudem vergrößern starke Magnet­felder den Abstand zwischen den Qubit-Energie­zuständen. Das wiederum macht die Kontroll-Lasersysteme viel komplizierter: Anstelle eines einfachen Diodenlasers benötigt man gleich mehrere phasen­gekoppelte Laser.

Von all diesen Schwierig­keiten ließen sich Home und seine Mitarbeitenden aber nicht abschrecken. Sie konstruierten eine Penning-Falle, die auf einem supraleitenden Magneten und einem mikro­fabrizierten Chip mit mehreren Elektroden basiert, welcher an der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt in Braunschweig hergestellt wurde. Der verwendete Magnet liefert ein drei Tesla starkes Feld. Durch ein System von gekühlten Spiegeln gelang es den Forschenden, das nötige Laserlicht durch den Magneten zu den Ionen zu schleusen.

Die Mühen lohnten sich: Ein einzelnes gefangenes Ion, das mehrere Tag lang in der Falle verweilen kann, konnte nun durch Ansteuern der verschiedenen Elektroden auf dem Chip schnurgerade und beliebig hin- und herbewegt werden – dies war bei den herkömmlichen Systemen mit oszil­lierenden Feldern nicht möglich. Da keine oszillierenden Felder zum Einfangen gebraucht werden, können viele solcher Fallen auf einem Chip untergebracht werden. „Wir können die einmal elektrisch aufgeladenen Elektroden sogar komplett von der Außenwelt abkoppeln und so untersuchen, wie stark die Ionen durch äußere Einflüsse gestört werden“, sagt Doktorand Tobias Sägesser.

Die Forschenden demonstrierten außerdem, dass sich auch die Qubit-Energie­zustände des gefangenen Ions kontrollieren liessen, unter Beibehaltung der quantenmechanischen Überlagerung. Diese kohärente Kontrolle klappte sowohl mit den elek­tronischen Zuständen des Ions als auch mit den quantisierten Schwingungs­zuständen in der Penning-Falle und auch für die Kopplung zwischen diesen inneren und äußeren Quanten­zuständen. Letztere ist eine Voraussetzung für die Herstellung von Verschränkungs­zuständen, die für Quantencomputer wichtig sind.

Als Nächstes will Home zwei Ionen in benach­barten Penning-Fallen auf demselben Chip fangen und so nachweisen, dass auch Quanten­operationen mit mehreren Qubits ausgeführt werden können. Damit wäre dann endgültig belegt, dass Quantencomputer mit Ionen in Penning-Fallen realisiert werden können. Auch weitere Anwendungen kann Home sich vorstellen: Da die Ionen in der neuen Falle beliebig bewegt werden können, lassen sich mit ihnen elektrische, magnetische oder Mikrowellen­felder in der Nähe von Oberflächen messen. Dies eröffnet die Möglichkeit, solche Systeme als atomare Sensoren für Oberflächeneigenschaften zu verwenden.

ETHZ / JOL

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