Neue Art von Halbleiterstrukturierung
Aus einem raumfüllenden Verband isolierter Kristalle entstehen durch Photolithographie und Ätzen neue Ausgangssubstrate für die Mikroelektronik.
Forscher der ETH Zürich und des CSEM Neuchatel haben zusammen mit italienischen Kollegen vom Politecnico di Milano und von der Università di Milano Bicocca eine neue Methode entwickelt, mit der Strukturen von höchster Perfektion aus völlig verschiedenen Halbleitern hergestellt werden. Die neuartigen Strukturen können fast beliebig dick sein und werden auf kostengünstigen Halbleiterscheiben hergestellt. Diese Strukturen sind überdies nicht durch Verbindungstechniken aneinander gefügt, sondern monolithisch aufgebaut. Das heißt, sie bestehen aus einem Stück, was sich durch Verfahren des Schichtwachstums erreichen lässt, wie sie in der Mikroelektronik geläufig sind.
Abb.: Perspektivische Rasterelektronenmikroskop Aufnahme von etwa acht Mikrometer hohen, facettierten Germanium-Kristallen (links), welche auf den Silizium Säulen gewachsen sind und in eine Silizium Scheibe geätzten Säulen (rechts). (Bild: ETH Zürich)
Dank der neuen Methode gelang es den Forschern, die Kristalldefekte, die üblicherweise beim Aufeinanderschichten von Lagen aus Atomen verschiedener Größe auftreten, weitgehend zu vermeiden. Auch störende Substratverbiegung, verursacht durch unterschiedliche thermische Ausdehnung verschiedener Materialien konnten die Forscher unterbinden. Die neue Methode verhinderte die fatale Bildung von Rissen in den Schichten, die durch thermische Spannungen entstehen.
Dem Verfahren liegt eine einfache Idee zugrunde: Anstelle von zusammenhängenden Schichten bestehen die Strukturen aus einem raumfüllenden Verband isolierter Kristalle. Mit Hilfe der Photolithographie definierten die Forscher zunächst ein Muster von Flächen auf einer Siliziumscheibe, das einer Schokoladetafel glich, im Gegensatz zur Schokolade jedoch nur einige Mikrometer groß war. Um diese Flächen herum wurden danach tiefe Gräben in die Scheibe geätzt. Dadurch entstanden Substratsäulen, deren Höhe größer war als ihr Durchmesser. Anschließend erzeugten die Wissenschaftler dreidimensionale Halbleiterstrukturen derart auf den Säulen, dass zwischen benachbarten Kristallen stets ein minimaler Abstand bestand. Die Forscher perfektionierten ihre Methode so, dass sie 50 Mikrometer hohe, defektfreie Germaniumstrukturen auf Siliziumscheiben herstellen konnten. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen sich zukünftig auf viele andere Materialkombinationen anwenden.
Die Fähigkeit, nahezu defektfreie, monolithische Halbleiterstrukturen herzustellen, eröffnet bisher unerreichte Anwendungsmöglichkeiten. Bei Röntgendetektoren können Absorber, in welchen Röntgenstrahlung in elektrische Signale umgewandelt werden, direkt auf die Ausleselektronik integriert werden. Mit Absorbern aus hohen, defektfreien Germaniumstrukturen lassen sich empfindliche, energie- und ortsauflösende Detektoren herstellen. Möglicherweise könnten dadurch die Strahlenbelastungen bei medizinischen Anwendungen drastisch gesenkt werden. Weiter lassen sich hocheffiziente, gestapelte photovoltaische Zellen aus Halbleitern herstellen, wobei sich jede Zelle für unterschiedliche Wellenlängenbereiche des Sonnenlichts eignet. Diese Art von Photozellen wird schon heute verwendet – vorwiegend in der Raumfahrt. Da sich die Zellen mit dem beschriebenen Konzept auf Siliziumscheiben herstellen liessen, könnten in Zukunft die teuren, zerbrechlichen und schweren Germaniumsubstrate durch billigere, leichtere und mechanisch stabile Siliziumsubstrate ersetzt werden. Ähnliche Kosteneinsparungen ließen sich bei Leistungshalbleitern erzielen, indem sie auf grossflächige Siliziumscheiben aufgewachsen werden, so die Forscher.
ETH Zürich / PH