19.03.2020

Neue Materialien für 5G

Aluminiumscandiumnitrid eignet sich für neue Bauelemente in Smartphones.

Um den stetig wachsenden mobilen Datenverkehr zu bewältigen, werden neue Mobilfunk­standards wie zum Beispiel 5G umgesetzt. Diese belegen mehr und höhere Frequenz­bereiche. Damit Geräte auch in Zukunft alle diese Frequenzen erreichen können, steigen die Anforderungen an Radio­frequenz-Bauelemente konstant an. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörper­physik IAF hat für diesen Zweck kompaktere und energie­effizientere RF-Filter mit hohen Bandbreiten entwickelt. Im Zuge des Projekts „PiTrans“ ist es dem Forschungsteam gelungen, Aluminium­scandiumnitrid (AlScN) mit den nötigen spezifischen Anforderungen zu wachsen und elektro­akustische Bauteile für Smartphones zu realisieren.

Abb.: Prozes­sierte Oberflächen­wellen­strukturen – SAW-Strukturen –...
Abb.: Prozes­sierte Oberflächen­wellen­strukturen – SAW-Strukturen – auf AlScN/Si (l.) und AlScN/Al2O3. (Bild: Fh.-IAF)

Die Zahl der RF-Komponenten, die in einem einzelnen Smartphone verbaut sind, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Das Fraunhofer IAF hat diesen Trend bereits 2015 erkannt und das Projekt „PiTrans – Entwicklung von AlScN-Schichten für die nächste Generation von piezo­elektrischen RF-Filtern“ gestartet. Während des fünfjährigen Projekts ist es den Forschern gelungen, hochkristalline AlScN-Schichten zu wachsen und akustischen Oberflächen­wellen (SAW)-Resonatoren zu realisieren, die den steigenden Anfor­derungen der Industrie gerecht werden. Für das Wachstum des Materials, welches auch für andere leistungs­elektronische Anwendungen vielversprechend ist, wurde eine moderne Magnetron-Sputter-Infrastruktur etabliert. Das Projekt wurde unter der Leitung von Agnė Žukauskaitė im Januar 2020 erfolgreich abgeschlossen. 

AlScN ist und bleibt eines der vielver­sprechendsten Materialien, um das in RF-Filtern von Mobil­funkgeräten herkömm­licherweise genutzte Aluminiumnitrid (AlN) abzulösen. Durch das Beifügen von Scandium (Sc) zu AlN wird die elektro­mechanische Kopplung und der piezoelektrische Koeffizient des Materials erhöht und so eine effizientere Umwandlung von mechanischer zu elektrischer Energie ermöglicht. Das wiederum erlaubt die Entwicklung von deutlich effi­zienteren RF-Bauelementen. Einem industriellen Einsatz des Materials stand bislang jedoch die Instabilität der piezo­elektrischen AlScN-Kristallphase im Weg, da es üblicherweise während des Wachstums zu einer Entmischung von Wurtzit-Typ AlN und kubischem ScN kommt. „Als das Projekt 2015 startete, kannten wir das Potenzial von AlScN, aber wir standen vor der Aufgabe, einen Weg zu finden, um das Material in einem stabilen und skalier­baren Prozess zu wachsen“, sagt Žukauskaitė.

Im Zuge des Projekts ist es den Forschern gelungen, hoch­kristalline AlScN-Schichten mit unter­schiedlichen Sc-Anteilen von bis zu 41 Prozent zu wachsen. Dabei wurde eine gute Homogenität der Schichten über den gesamten Siliziumwafer mit einem Durchmesser von bis zu 200 mm erreicht, womit es auch die Anforderungen einer industriellen Produktion erfüllt. Neben diesen industrie­relevanten Ergebnissen gelang es dem Projektteam auch, ein in allen Raumrichtungen definiertes Wachstum von AlScN auf Saphir (Al2O3)-Substraten mittels Magnetron-Sputter-Epitaxiezu realisieren, was für zukünftige Material­forschung wichtig ist.

Zusätzlich zu der erfolgreichen Material­entwicklung stellten die Forscher drei Generationen von Teststrukturen her, um die Leistung der entwickelten AlScN-Dünnschichten zu demonstrieren. Die Imple­mentierung der MSE zur Herstellung von AlScN/Al2O3-basierten Resonatoren führte zu einer Verbesserung der elektro­mechanischen Kopplung von bis zu zehn Prozent bei einer Frequenz von zwei Gigahertz. In Zusammen­arbeit mit den Firmen Evatec und Qualcomm konnte auch eine unpolare AlScN-Dünnschicht entwickelt werden, durch die die elektromechanische Kopplung von SAW-Reso­natoren noch weiter verbessert wurde. Diese Technologie wird aktuell noch weiter erforscht.

„Wir sehen in AlScN ein großes Potenzial für zukünftige Anwendungen, die von dem piezo­elektrischen Effekt profitieren. Dazu gehören vor allem Sensor­technologien und Transistoren mit hoher Elektronen­beweglichkeit“, sagt Žukauskaitė. Der Erfolg des Projekts „PiTrans“ führte dazu, dass zwei weitere Projekte zum Thema AlScN-Technologie akquiriert werden konnten. Im Projekt „mAgnes“ werden Breitband-Strom­sensoren, wie sie beispielsweise in Elektro­fahrzeugen zur Anwendung kommen, erforscht und im Projekt „SALSA“ entwickelt das Forschungs­team neuartige schaltbare Transistoren mit hoher Elektronen­beweglichkeit (HEMTs). Beide Projekte profitieren von der erworbenen Expertise im Bereich der der Bauteil­entwicklung auf AlScN-Basis und dem Wachstum des Materials sowie der dafür notwendigen Infra­struktur am Fraunhofer IAF.

Fh.-IAF / JOL

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