06.08.2025

Neue Methode zum Nachweis von Neutrinos

Das CONUS+ Experiment hat erstmals Daten zum Nachweis von Neutrinos aus einem Reaktor mit einem kompakten Detektoraufbau gemessen.

Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kernphysik (MPIK) in Heidelberg ist es nun gelungen, mit dem CONUS+ Experiment Antineutrinos aus dem Reaktor eines Kernkraftwerkes nachzuweisen, und das mit einer Detektormasse von nur 3 kg.

CONUS+ im Reaktor Leibstadt
CONUS+ im Reaktor Leibstadt
Quelle: MPIK

Ursprünglich am Kernkraftwerk Brokdorf beheimatet, wurde das CONUS-Experiment im Sommer 2023 an das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) in der Schweiz verlegt. Verbesserungen an den jeweils 1 kg schweren Germanium-Halbleiter-Detektoren sowie die hervorragenden Messbedingungen am KKL ermöglichten erstmals die Messung per coherent elastic neutrino-nucleus scattering (CEvNS). Bei diesem Prozess streuen Neutrinos nicht an den einzelnen Bestandteilen der Atomkerne im Detektor, sondern in sich zusammenhängend (kohärent) mit dem gesamten Kern. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit eines sehr kleinen, aber beobachtbaren Kernrückstoßes erheblich.

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Den Geisterteilchen auf der Spur

Dieser Rückstoß durch die Neutrino-Streuung ist vergleichbar mit dem Abprallen eines Tischtennisballs an einem Auto, wobei der Nachweis in der sich ändernden Bewegung des Autos besteht. Im Fall von CONUS+ sind die Streupartner die Atomkerne des Germaniums. Um diesen Effekt zu beobachten, bedarf es niederenergetischer Neutrinos, wie Kernreaktoren sie in großer Zahl produzieren.

Der Effekt wurde bereits 1974 vorhergesagt, jedoch erst 2017 durch das COHERENT-Experiment an einem Teilchen­beschleuniger erstmals bestätigt. Im CONUS+ Experiment ist es nun erstmals gelungen, den Effekt bei voller Kohärenz und kleineren Energien an einem Reaktor zu beobachten. Der kompakte CONUS+ Aufbau befindet sich 20,7 m vom Reaktorkern entfernt. An dieser Position durchströmen jede Sekunde mehr als 10 Billionen Neutrinos jeden Quadrat­zentimeter Fläche. Nach etwa 119 Tagen Messzeit zwischen Herbst 2023 und Sommer 2024 konnten die Forschenden aus den CONUS+ Daten, nach Abzug aller Untergrund- und Störsignale, einen Überschuss von 395±106 Neutrino-Signalen extrahieren. Dieser Wert stimmt innerhalb der Messunsicherheit sehr gut mit theoretischen Berechnungen überein. „Wir haben damit erfolgreich die Sensitivität des CONUS+ Experimentes sowie dessen Fähigkeit, Antineutrino-Streuung an Atomkernen nachzuweisen, bestätigt“, erläutert Gruppenleiter Dr. Christian Buck. Er betont auch die mögliche Entwicklung kleiner, mobiler Neutrino-Detektoren zur Überwachung der Reaktor-Wärmeleistung oder der Isotopen-Konzen­tration als mögliche zukünftige Anwendungen der hier vorgestellten CEvNS-Technik.

Ergebnisse der Antineutrinomessung mit CONUS+
Ergebnisse der Antineutrinomessung mit CONUS+
Quelle: MPIK

Die Messung von CEvNS bietet einzigartige Einblicke in grundlegende physikalische Prozesse innerhalb des Standardmodells der Teilchenphysik, der aktuellen Theorie zur Beschreibung des Aufbaus unseres Universums. Im Vergleich zu anderen Experimenten ermöglichen die Messungen mit CONUS+ eine geringere Abhängigkeit von kernphysikalischen Aspekten, wodurch die Sensitivität auf neue Physik jenseits des Standardmodells verbessert wird. Aus diesem Grund wurde CONUS+ bereits im Herbst 2024 mit verbesserten und größeren Detektoren ausgestattet. Mit der dadurch erreichten Messgenauigkeit werden noch bessere Ergebnisse erwartet. „Die in CONUS+ verwendeten Techniken und Methoden haben ein sehr gutes Potenzial für fundamentale neue Entdeckungen“, betont Prof. Manfred Lindner, Initiator des Projekts. [MPIK / dre]

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Max-Planck-Institut für Kernphysik

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