Neue Optionen für Synchrotron-Quellen
Per Laser manipulierte Elektronenpakete emittieren intensive Lichtpulse mit laserartiger Qualität.
In speicherringbasierten Synchrotronstrahlungs-Quellen zirkulieren Elektronenpakete über Milliarden Umläufe in einem Ring und erzeugen in dessen Ablenkmagneten eine rasche Folge von sehr hellen Lichtpulsen. In Freien-Elektronen-Lasern dagegen werden die Elektronenpakete linear beschleunigt und geben dann einen einzelnen superhellen Lichtblitz mit laserartiger Qualität ab. Ein Forscherteam aus Deutschland und China hat jetzt gezeigt, dass sich an einer Synchrotronstrahlungs-Quelle ein Muster von Pulsen erzeugen lässt, das die Vorteile von beiden Systemen vereinigt: Es liefert kurze, intensive Mikropakete, die Strahlungspulse mit einer laserartigen Qualität erzeugen, die aber außerdem dicht aufeinanderfolgen können.
Die Idee wurde vor etwa zehn Jahren unter dem Schlagwort „Steady-State Microbunching“ von Alexander Chao und Daniel Ratner von der Stanford University entwickelt. Der Mechanismus soll es in Speicherringen ermöglichen, Lichtpulse nicht nur mit hoher Wiederholrate, sondern auch mit laserartiger Qualität zu erzeugen. Diese Überlegungen hat Xiujie Deng von der Tsinghua University in Peking aufgegriffen und theoretisch weiter untersucht. Chao kontaktierte 2017 Beschleunigerphysiker am HZB, die neben der Weichröntgen-Quelle BESSY II am HZB auch die Metrology Light Source an der PTB betreiben.
Die MLS ist als erste Lichtquelle weltweit bereits vom Design her auf den Betrieb im „Low Alpha-Mode“ optimiert: Dabei können die Elektronenpakete stark verkürzt werden. Seit über zehn Jahren entwickeln die Forscher dort diesen speziellen Operationsmodus stetig weiter. „Nur deshalb konnten wir an der MLS die herausfordernden physikalischen Voraussetzungen erfüllen, um das SSMB-Prinzip experimentell zu bestätigen“, erklärt Markus Ries, Beschleunigerexperte am HZB.
„Die Theoriegruppe innerhalb des SSMB-Teams hatte in der Vorbereitungsphase die physikalischen Randbedingungen für eine optimale Einstellung der Maschine definiert. Dadurch konnten wir die neuartigen Maschinen-Zustände an der MLS erzeugen und zusammen mit Deng soweit optimieren, bis wir die gesuchten Pulsmuster nachweisen konnten“, berichtet Jörg Feikes vom HZB. Die HZB- und PTB-Experten benutzten einen optischen Laser, dessen Lichtwelle räumlich und zeitlich präzise synchronisiert zu den Elektronenpaketen in der MLS eingekoppelt wurde. Dadurch wurden die Energien der Elektronen in den Paketen moduliert.
„Das führt dazu, dass sich die einige Millimeter langen Elektronenpakete nach exakt einer Runde im Speicherring in nur ein Mikrometer lange Mikrobunches aufspalten und dann Lichtpulse abgeben, die sich kohärent verstärken wie in einem Laser“, erläutert Feikes. „Der experimentelle Nachweis der kohärenten Strahlung war dabei alles andere als einfach, aber die PTB-Kollegen haben eine innovative optische Detektionseinheit entwickelt, mit der der Nachweis gelang.“
„Der Clou von künftigen SSMB-Quellen ist, dass sie laserartige Strahlung auch jenseits des sichtbaren Spektrums erzeugen, also etwa im extremen ultravioletten Bereich“, betont Mathias Richter, Abteilungsleiter an der PTB. „Im Endausbau könnte eine SSMB-Quelle Strahlung einer neuen Qualität liefern. Die Pulse sind intensiv, fokussiert und schmalbandig, sie vereinigen die Vorteile von Synchrotronlicht mit den Vorteilen von FEL-Pulsen“, ergänzt Ries. Die Strahlung ist potenziell für industrielle Anwendungen geeignet. In der Nähe von Peking ist bereits die erste Lichtquelle basierte auf SSMB speziell für die Anwendung der EUV-Lithographie konkret in Planung.
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
X. Deng et al.: Experimental demonstration of the mechanism of steady-state microbunching, Nature 590, 576 (2021); DOI: 10.1038/s41586-021-03203-0 - Beschleuniger, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH
- Synchrotronstrahlungsquellen, Abt. Temperatur und Synchrotronstrahlung, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Berlin
- Institute for Advanced Study, Tsinghua University, Peking, China