Neuer Blick auf ultraschnelle Prozesse
Optimierung der Spektroskopie mit Photoelektronen.
Einem Freiburger Forscherteam um Frank Stienkemeier und Lukas Bruder ist es gelungen, ein neues Messverfahren zur Untersuchung ultraschneller Prozesse in Materie zu entwickeln. Hierbei handelt es sich um Abläufe auf atomarer und molekularer Ebene, die innerhalb einer Milliardstel Sekunde ablaufen. Das neue Verfahren, das unterschiedliche Spektroskopie-Verfahren kombiniert, ermöglicht unter anderem neue Einblicke in die Energiestruktur in Materie und die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Elektronen. Fundamentale molekulare Prozesse können nun laut der Forscher genauer verstanden werden.
Das Freiburger Team arbeitet seit mehreren Jahren an der Weiterentwicklung der ultraschnellen, kohärenten, mehrdimensionalen Spektroskopie. Vereinfacht gesagt wird bei der Spektroskopie die Absorption von Licht untersucht, um wichtige Eigenschaften von Materie zu untersuchen. Hierzu gehören ultraschnelle Prozesse sowie kohärente Quantenphänomene und Wechselwirkungen zwischen Atomen und anderen nanoskopischen Teilchen. „Dies sind die grundlegenden Eigenschaften von Materie, die die Vorgänge in der Natur auf nanoskopischer Ebene treiben und diese Eigenschaften wollen wir durch unsere Experimente besser verstehen“, berichtet Stienkemeier.
Ein generelles Problem in der kohärenten, mehrdimensionalen Spektroskopie ist die Komplexität der Messdaten, welche eine klare Interpretation der experimentellen Ergebnisse oft erschwert bis unmöglich macht. Die Situation verbessert sich deutlich, wenn das Experiment mit der Nutzung beispielsweise eines Massenspektrometers kombiniert wird. „Dieses Vorgehen gibt uns die zusätzliche und sehr nützliche Information über die chemische Zusammensetzung des untersuchten Stoffes – ein großer Vorteil bei der Studie ultraschneller chemischer Reaktionen“, erläutert Bruder.
Vergleichbar dazu ist es den Forschern nun gelungen, die kohärente, mehrdimensionale Spektroskopie mit der Photoelektronen- spektroskopie zu kombinieren. Die Energiemessung ausgelöster Elektronen liefert Informationen über die Energiestruktur und die räumliche Wahrscheinlichkeitsverteilung der Elektronen in der Materie. Kombiniert man die Photoelektronenspektroskopie mit Röntgenlichtquellen sind präzise Messungen mit atomarer Selektion möglich – das heißt, dass die Energieverteilung in einem Stoff mit extrem hoher bis hin zu atomarer Auflösung untersucht werden kann.
„Unser Ansatz eröffnet eine Vielzahl aufregender, neuer Entwicklungen“, erklärt Stienkemeier. „Das reicht von der Erweiterung unserer Methode zur simultanen energie- und winkelaufgelösten Elektronenmessung, bis hin zu Experimenten mit Röntgenstrahlung, um atomspezifische Informationen zu erhalten.“ Als weiterer Vorteil des Freiburger Ansatzes konnte die Sensitivität der kohärenten, mehrdimensionalen Spektroskopieexperimente um Größenordnungen verbessert werden. Das heißt, dass Signale, die zuvor einen Faktor von 200 kleiner als das Rauschen in der Messung waren, können nun nachgewiesen werden. „Die erhöhte Sensitivität ermöglicht es uns, sehr saubere Proben in Ultrahochvakuumexperimenten zu untersuchen und so fundamentale molekulare Prozesse genauer zu verstehen“, ergänzt Bruder.
U. Freiburg / JOL