20.05.2019 • Teilchenphysik

Neuer Hochleistungsrechner für die Bielefelder Physik

Fünfte Generation von Spezial­rechnern in der Teilchen­physik

Die Fakultät für Physik an der Uni Biele­feld bekommt einen neuen Hoch­leistungs­rechner zur Erforschung der Eigen­schaften stark wechselwirkender Elementar­teilchen. Die Wissen­schaftle­rinnen und Wissen­schaftler unter­suchen damit das Verhalten von Elementar­teilchen unter extremen Bedingungen, wie sie im frühen Universum Bruchteile einer Sekunde nach dem Urknall existierten, aber auch heute noch im Inneren schwerer Sterne vermutet werden. Der Hoch­leistungs­rechner wird neue Forschungs­arbeiten ermög­lichen, die die Biele­felder Teilchen­physik derzeit im Sonder­forschungs­bereich „Stark wechsel­wirkende Materie unter extremen Bedingungen“ in Zusammen­arbeit mit Arbeits­gruppen an der TU Darmstadt und der Uni Frankfurt durch­führt. Der neue Rechencluster wird heute offiziell eingeweiht, ab 16 Uhr finden Vorträge geladener Sprecher im Hörsaal 6 des Uni-Hauptgebäudes statt.

Die Arbeits­gruppe „Computer­simulation und Gitterfeld­theorie“...
Die Arbeits­gruppe „Computer­simulation und Gitterfeld­theorie“ erforscht mit dem Hoch­leistungs­rechner stark wechsel­wirkende Materie: Prof. Dr. Frithjof Karsch, Markus Klappen­bach, Dr. Olaf Kacz­marek, Dr. Christian Schmidt (v.l.; Bild: U. Biele­feld, H. Sand­meyer)

Der neue Hochleistungs­rechner ist bereits die fünfte Generation von Spezial­computern, die die Biele­felder Arbeits­gruppe seit mehr als 25 Jahren betreibt. Allerdings ist der neue Rechner mehr als 100.000-mal schneller als der erste, 1993 installierte Rechner, der in Bielefeld zur Erforschung der Struktur von stark wechsel­wirkender Materie betrieben wurde. Die Biele­felder Physikerinnen und Physiker der Arbeits­gruppe „Computer­simulationen und Gitter­feld­theorie“ um Frithjof Karsch, Olaf Kaczmarek und Christian Schmidt werden auf dem neuen Rechner noch genauere Unter­suchungen der Eigen­schaften dieser exotischen Zustands­form von Elementar­teilchen-Materie durch­führen können. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass Systeme von Elementar­teilchen bei hohen Temperaturen und Dichten neuartige Eigen­schaften aufweisen, die daraus resultieren, dass die Elementar­teilchen selbst aufgespalten werden und ihre Substruktur sichtbar wird. Diese Bausteine, Quarks und Gluonen, werden unter extremen Bedingungen frei gesetzt, etwa bei Tempera­turen, die 100.000 mal höher sind als die im Inneren unserer Sonne, und führen zu ganz neuen Eigen­schaften stark wechsel­wirkender Materie. Die Untersuchung dieses Quark-Gluon-Plasmas wird experimentell mit großen Teilchen­beschleu­nigern wie dem Large Hadron Collider in Genf oder dem relati­vistischen Schwer­ionen­beschleuniger in Brookhaven bei New York durchgeführt. An den theore­tischen Vorhersagen und der Beschreibung der experimen­tellen Befunde arbeiten die Biele­felder Teilchen­physiker derzeit im Rahmen des Sonder­forschungs­bereiches in Zusammen­arbeit mit Arbeits­gruppen in Darmstadt und Frankfurt am Main.

Die jetzige Rechner­installation besteht wie ihr Vorgänger aus einem eng gekoppelten System von speziellen Grafik­prozessoren (GPUs), wie sie auch in dem weltweit schnellsten Rechner dieser Art zum Einsatz kommen, dem Summit Super­computer am Oak Ridge National Laboratory in den USA. Der Biele­felder Rechner enthält 224 Nvidia Tesla V100 Tensor Core Grafik­prozes­soren, von denen jeweils acht GPUs über einen speziellen, schnellen Inter­connect (Nvidia NVLink) eng mitein­ander verbunden sind. Diese Komplexe werden durch jeweils zwei konventionelle Prozessoren (CPUs) gesteuert, wie sie auch in handels­üblichen Computern benutzt werden. Alle CPUs können über ein schnelles Infini­band-Netzwerk miteinander kommuni­zieren. Dadurch lassen sich komplexe Rechnungen parallel auf allen Rechen­einheiten durch­führen. Diese können im Extremfall 3,5 Petaflops erreichen und dabei auf den gesamten Speicher aller Rechen­einheiten zugreifen, der insgesamt 17 Terabyte beträgt. Gegen­wärtig wird der neue Rechner in Bielefeld aufgebaut. Bei der Instal­lation des Hoch­leistungs­rechners arbeitet die Uni mit den Firmen Sysgen und Nvidia zusammen – Sysgen ist ein Ausrüster für Computer­technik, Nvidia ist ein weltweit führender Hersteller von Grafik­prozes­soren.

Während die Anschaffung des größten Teils des Rechners durch die DFG und das Land NRW mit 1,9 Millionen Euro finanziert wird, hat auch die Universität einen Teil des Rechners mitfinan­ziert, um die speziali­sierten GPU-Resourcen auch anderen Forschenden der Univer­sität zugänglich zu machen. Sie können in Zukunft durch ein einfaches Antrags­verfahren Zugang zum neuen GPU-Cluster erhalten und gegebenen­falls auch Unter­stützung durch das IT-Service­zentrum der Univer­sität beim Einstieg in die GPU-Nutzung für ihre Forschungs­projekte erhalten. Start­bereit sind bereits die Arbeits­gruppen „Data Science“ und „Decision and Operation Techno­logies“ der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften um Christiane Fuchs und Kevin Tierney, die die neuen GPU-Resourcen für ihre Forschungs­projekte nutzen wollen.

U. Bielefeld / od

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