20.08.2019

Neuer Laser könnte Terahertz-Lücke stopfen

Neues Material für einen Landau-Niveau-Laser ohne Auger-Streuung.

Der „Landau-Niveau-Laser“ ist ein spannendes Konzept für eine unge­wöhnliche Strahlungs­quelle. Er hat das Zeug, höchst effizient Terahertz-Wellen zu erzeugen, die sich zum Durchleuchten von Materialen und für die künftige Daten­übertragung nutzen ließen. Bislang jedoch scheiterten nahezu alle Versuche, einen solchen Laser in die Tat umzusetzen. Auf dem Weg dorthin ist einem inter­nationalen Forscherteam nun ein wichtiger Schritt gelungen: Die Wissen­schaftler stellten nun ein Material vor, das Terahertz-Wellen durch das simple Anlegen eines elektrischen Stroms erzeugt. Physiker des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossen­dorf HZDR waren maßgeblich an den Arbeiten beteiligt

Abb.: Zirkular polari­sierte Tera­hertz-Pulse (orange Spirale) regen die...
Abb.: Zirkular polari­sierte Tera­hertz-Pulse (orange Spirale) regen die Elektronen (rot) vom untersten auf das nächst höhere Energie­niveau - dargestellt als para­bolische Schale – an. (Bild: Juniks, HZDR)

Sowohl für die Technik als auch für die Wissen­schaft zeigen Terahertz-Wellen interessante Eigenschaften: So können Grundlagen­forscher mit ihnen die Schwingungen von Kristal­lgittern oder die Ausbreitung von Spinwellen studieren. „Für technische Anwendungen ist interessant, dass Terahertz-Wellen zahlreiche Stoffe durchdringen können, die ansonsten undurch­sichtig sind, etwa Kleidung, Kunststoffe und Papier“, erklärt Stephan Winnerl. Eingesetzt werden sie heute bereits bei Sicherheits­kontrollen an Flughäfen. Hier lässt sich mit Terahertz-Scannern prüfen, ob Fluggäste gefährliche Gegenstände unter ihrer Kleidung tragen – und zwar ohne den Einsatz schädlicher Röntgen­strahlung.

Nützlich könnten die Terahertz-Wellen eines Tages auch für die Daten­übertragung sein. Der Grund: Sie haben eine höhere Frequenz als die derzeit verwendeten Radiowellen. WLan beispiels­weise funktioniert heute bei Frequenzen von rund zwei bis fünf Gigahertz. Terahertz-Frequenzen sind rund tausendmal höher und könnten Bilder, Videos und Musik entsprechend schneller übermitteln, wenn auch bei geringeren Reichweiten. Allerdings ist die Technik noch nicht ausgereift. „Zwar gab es in den letzten Jahren viele Fort­schritte“, berichtet Winnerl. „Aber nach wie vor ist es nicht ganz einfach, die Wellen zu erzeugen – die Fachwelt spricht von einer regelrechten Terahertz-Lücke.“ Insbesondere gibt es noch keinen kompakten, leistungs­fähigen und zugleich durch­stimmbaren Terahertz-Laser.

Verantwortlich für die Licht­erzeugung in einem Laser sind die Elektronen im Lasermaterial. Steckt man Energie in sie, senden sie Licht aus. Der Grund dafür ist ein Quanten­effekt: Die Elektronen können nicht beliebige Energien aufnehmen, sondern nur bestimmte Portionen. Dementsprechend erfolgt auch die Lichtabgabe portionsweise – in einer bestimmten Farbe und als gebündelter Strahl. Für einen Terahertz-Laser hat die Fachwelt bereits seit längerem ein spezielles Konzept im Blick, den „Landau-Niveau-Laser“. Das Besondere: Bei ihm lassen sich die Energieniveaus der Elektronen mithilfe eines Magnetfeldes flexibel einstellen. Diese Niveaus bestimmen wiederum, welche Frequenzen die Elektronen abstrahlen. Dadurch ist der Laser durchstimmbar – ein großes Plus für viele wissen­schaftliche und technische Anwendungen.

Doch so einen Laser gibt es bislang noch nicht. „Das Problem war bislang, dass die Elektronen ihre Energie an andere Elektronen weiter­geben, statt sie wie gewünscht als Lichtwellen abzustrahlen“, sagt Winnerl. Den entsprechenden physikalischen Prozess bezeichnen die Fachleute als Auger-Streuung. Zum Leidwesen der Fachwelt spielt er sich auch in einem Material ab, das als besonders viel­versprechend für einen „Landau-Niveau-Laser“ galt: Graphen – eine zwei­dimensionale Form von Kohlenstoff – zeigte in Experimenten am HZDR eine ausgeprägte Auger-Streuung. Deshalb versuchte es das Forscherteam mit einem anderen Material – einer Verbindung aus Quecksilber, Cadmium und Tellur (HgCdTe). Bislang verwendete man diese Schwermetall-Legierung unter anderem für hochempfindliche Wärmebild-Kameras. Das Besondere an diesem Material: Der Gehalt an den jeweiligen Metallen Quecksilber, Cadmium und Tellur lässt sich sehr genau wählen. Dadurch lässt sich die Bandlücke gezielt einstellen.

Als Resultat zeigte das Material ähnliche Eigen­schaften wie Graphen – aber ohne dessen Nachteil von ausgeprägter Auger-Streuung. „Es gibt subtile Unterschiede zum Graphen, die diese Streuung vermeiden“, sagt Winnerl. „Vereinfacht ausgedrückt finden die Elektronen keine anderen Elektronen, die die passende Energie aufnehmen könnten.“ Infolge­dessen bleibt ihnen nichts Anderes übrig, als ihre Energie in der gewünschten Form loszuwerden – als Strahlung im Terahertz-Bereich.

Das Projekt war ein inter­nationales Teamwork: Russische Projektpartner hatten die HgCdTe-Proben hergestellt, die anschließend die federführende Arbeits­gruppe in Grenoble analysierte. Eine der entscheidenden Untersuchungen fand in Dresden-Rossendorf statt: Mit dem Freie-Elektronen-Laser Felbe feuerten die Fachleute starke Terahertz-Pulse auf die Probe und konnten das Verhalten der Elektronen zeitaufgelöst beobachten. Das Resultat: „Wir haben festgestellt, dass der Auger-Prozess, den wir in Graphen noch beobachtet hatten, tatsächlich verschwunden war“, sagt Winnerl.

Eine Arbeitsgruppe in Montpellier konnte schließlich beobachten, dass die Verbindung aus HgCdTe tatsächlich Terahertz-Wellen abgibt, wenn man elektrischen Strom anlegt. Indem die Fachleute das zusätzlich angelegte Magnetfeld von nur etwa 200 Millitesla variierten, konnten sie die Frequenz der abge­gebenen Wellen im Bereich von ein bis zwei Terahertz variieren – eine durchstimmbare Strahlungs­quelle. „Sie ist zwar noch kein Laser, sondern entspricht eher einer Terahertz-LED“, beschreibt Winnerl. „Das Konzept zu einem Laser zu erweitern, sollte aber machbar sein, auch wenn es einiger Anstrengung bedarf.“ Genau das wollen die französischen Projekt­partner nun in Angriff nehmen. Aller­dings gilt eine Einschränkung: Bislang funktioniert das Prinzip nur, wenn man es auf sehr tiefe Temperaturen knapp oberhalb des absoluten Nullpunkts kühlt. „Das ist sicher ein Manko für Alltags­anwendungen“, fasst Winnerl zusammen. „Aber für den Einsatz in der Forschung und bei manchen Hightech-Systemen dürfte man mit dieser Kühlung durchaus leben können.“

HZDR / JOL

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