Neuer Monopol im Quantenfeld gesichtet
Exotischer Zustand in einem Bose-Einstein-Kondensat erzeugt.
Mit ultrakalten atomaren Gasen lassen sich exotische Anregungen in Quantenfeldern erzeugen und eingehend studieren. Jetzt haben Forscher punktförmige Monopole hergestellt, die sich grundlegend von Dirac-Monopolen unterscheiden. Magnetische Elementarladungen oder Monopole, wie sie Paul Dirac theoretisch untersucht hatte, konnte man als topologische Anregungen des Vakuums bisher nicht entdecken. Nur in magnetischen Kristallen oder ultrakalten Atomwolken hat man klassische bzw. quantenmechanischen Dirac-Monopole erzeugen können.
Abb.: Die Spins der Atome (blaue Pfeile) folgen dem Magnetfeld (graue Linien; links). In der x-y-Ebene gehen sie radial vom Monopol weg. In der y-z-Ebene weichen sie dem Monopol wie einem Sattelpunkt aus. (rechts; Bild: M. W. Ray et al., AAAS)
So hatten Forscher um David Hall vom Amherst College in Massachusetts und Mikko Möttönen von der Aalto University in Finnland vor einem Jahr einen quantenmechanischen Dirac-Monopol in einem Bose-Einstein-Kondensat aus Rubidium-87-Atomen erzeugt. Dazu brachten sie die Spin-1-Atome in den magnetisierten Zustand | F = 1, m = 1 und setzten sie einem zeitabhängigen Magnetfeld aus. Das Kondensat geriet daraufhin in komplizierte Bewegungen. Es wies eine charakteristische Knotenlinie auf, die von einem Dirac-Monopol ausging. Diese ausgedehnte Anregung des Kondensatfelds war demnach nicht punktförmig.
Jetzt haben die Forscher ihr Experiment so abgewandelt, dass sie damit einen wirklich punktförmigen Monopol im Quantenfeld des Kondensats produzieren konnten. Dazu haben sie die etwa 200.000 ultrakalten Rubidiumatome des Kondensats in den nichtmagnetisierten Zustand | F = 1, m = 0 präpariert. Anschließend ließen sie ein langsam veränderliches Magnetfeld auf das Kondensat wirken, das die Spins der Atome längs der vertikalen z-Achse ausrichtete.
Während das z-Magnetfeld dann wieder langsam abgeschaltet wurde, erzwang ein zusätzliches magnetisches Quadrupolfeld im Kondensat eine ungewöhnliche Spinkonfiguration, wie Berechnungen ergaben. Die Spins in der horizontalen x-y-Ebene waren von einem Punkt radial nach außen gerichtet, hingegen zeigten sie längs der z-Achse auf diesen singulären Punkt hin. Im Schnitt entlang der x-z-Ebene konnte man erkennen, dass die Spins diesen Punkt wie einen Sattelpunkt umströmten, bei dem es sich um einen Monopol handelte.
Die Forscher unterzogen das Kondensat einer Reihe von Tests, um nachzuweisen, dass in ihm tatsächlich ein punktförmiger Monopol steckte. Dazu setzen sie das Kondensat einem schnell zunehmenden homogenen Magnetfeld aus, das eine Quantisierungsrichtung für die Spins festlegte. Anschließend machten sie die Teilchendichte in der Atomwolke getrennt nach den einzelnen Spinzuständen (-1, 0 und +1) sichtbar.
Abb.: Die atomare Dichteverteilung im Kondensat längs der y-Achse (links: Experiment; rechts: Theorie) für die verschiedenen Spinzustände. Die beiden Bilder ganz oben zeigen die Dichteverteilung farblich unterschieden für alle drei Spinzustände. (Bild: M. W. Ray et al. / AAAS)
Die Berechnungen hatten, abhängig von der Projektionsrichtung, für jeden der Spinzustände charakteristische Dichtemuster ergeben, die mit den experimentell gefundenen Mustern gut übereinstimmten. Eine Knotenlinie, wie sie die Forscher im vergangenen Jahr beim Nachweis des Dirac-Monopols beobachtet hatten, sollte den Berechnungen zufolge jedoch diesmal nicht auftreten. Und tatsächlich zeigte keines der experimentell gewonnen Dichtemuster solch eine verräterische Linie.
Mit ihrem Verfahren, so glauben die Forscher, lässt sich auch die Wechselwirkung von Monopolen und anderen topologischen Defekten wie Domänenwänden oder Skyrmionen untersuchen. Die Resultate wären insbesondere für die Hochenergiephysik und die Kosmologie interessant. Darüber hinaus ließen sich vielleicht neuartige Anregungen erzeugen, die punktförmige Monopole und Dirac-Monopole miteinander kombinieren. Schließlich wäre auch die experimentelle Erzeugung von Monopolen für nicht-abelsche Felder von großem Interesse.
Rainer Scharf
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