07.10.2013

Neuer Werkstoff für den Quantencomputer?

BaBiO3 verbindet die interessanten Eigenschaften eines topologischen Isolators mit Supraleitung.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben einen möglichen Kandidaten für den Quantencomputer der Zukunft ermittelt. Aufgrund von Berechnungen gehen sie davon aus, dass die Verbindung BaBiO3 die beiden Eigenschaften besitzt, die man für einen Quantencomputer benötigt: nämlich sowohl die Eigenschaften eines topologischen Isolators als auch die eines Supraleiters. Die Forschungsarbeiten führte ein Team aus Dresdner und Mainzer Wissenschaftlern um den theoretischen Physiker Binghai Yan und die Experimentalchemiker Martin Jansen und Claudia Felser durch. „Jetzt werden wir versuchen, das mit Elektronen dotierte BaBiO3 zu synthetisieren“, kündigte Jansen an.

Das Design neuer Materialien am Computer, noch bevor sie im Labor hergestellt werden, ist ein hochaktuelles Arbeitsgebiet. Das computerbasierte Design trägt dazu bei, neue Materialien mit speziellen Eigenschaften sehr viel schneller sowie kosten- und ressourcenschonend zu identifizieren. Die theoretischen Vorhersagen sind mittlerweile sehr zuverlässig.

Seit einiger Zeit interessieren sich Materialwissenschaftler und Physiker besonders für topologische Isolatoren. Diese neue Materialklasse ist im Volumen isolierend und auf der Oberfläche metallisch – eine Besonderheit. Steht ein topologischer Isolator nun in Kontakt zu einem Supraleiter, erscheint ein mysteriöses Teilchen, das sogenannte Majorana-Fermion, das die Basis für einen Quantencomputer abgeben könnte, der wesentlich schneller wäre als gegenwärtige Computer. In der Festkörperforschung wird gegenwärtig nach diesem bisher noch unentdeckten Teilchen eifrig gesucht – ursprünglich wurde es im Zusammenhang mit neuen Elementarteilchen vorhergesagt.

Seit 30 Jahren ist bekannt, dass BaBiO3 unterhalb von 30 Kelvin supraleitend wird, wenn man die Hälfte des Bariums durch Kalium ersetzt – ein sogenannter Hochtemperatursupraleiter. Nun wurde entdeckt, dass die Verbindung zu einem topologischen Isolator wird, wenn man sie mit Elektronen dotiert. Die Kombination der von Kalium und Elektronen dotierten BaBiO3-Verbindung in einer Funktionseinheit oder eine Ladungstrennung von BaBiO3 in einem elektrischen Feld würde theoretisch die Realisierung von Majorana-Fermionen für Quantencomputer ermöglichen.

Zusätzlich zu ihrem möglichen Einsatz in einem zukünftigen Quantencomputer können topologische Isolatoren in der Spintronik und der thermoelektrischen Energieumwandlung zur Anwendung kommen. BaBiO3 hat zudem eine doppelt so große Bandlücke wie alle anderen bekannten topologischen Isolatoren. Dies ist wichtig, um den besonderen metallischen Oberflächenzustand auch oberhalb von Raumtemperaturen zu nutzen.

JGU / DE

 

 

 

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