Nichts schwingt besser
Stickstoff-Fehlstellen im Diamantgitter erlauben den Nachweis von Rabi-Oszillationen an einzelnen Elektronen-Spins.
Diamanten mit Stickstoff-Fehlstellen haben in den letzten Jahren zunehmend ihr Potenzial in der ultrasensiblen Magnetoskopie bewiesen. Und dank der Langlebigkeit ihrer Spinzustände auch bei Raumtemperatur sind sie ebenso für die Quanteninformationsverarbeitung von immer größerem Interesse. Hierfür könnte sich ein spezieller Effekt als nützlich erweisen, den chinesische Forscher des Hefei National Laboratory for Physics Sciences at the Microscale unter die Lupe genommen haben. Den Wissenschaftler gelang es erstmals, Rabi-Oszillationen zwischen mehrfachen Landau-Zener-Übergängen einzelner Elektronenspins zeitaufgelöst nachzuweisen.
Abb. 1: Schema der Stickstoff-Fehlstellen im Diamantgitter und Energieniveaus. Diamanten bestehen eigentlich aus reinem Kohlenstoff. Ersetzt man ein Kohlenstoff-Atom durch ein Stickstoff-Atom (N), entsteht am benachbarten Gitterplatz eine Fehlstelle (V). (Bild: J. Zhou et al.)
Bei Stickstoff-Fehlstellen sind zwei Kohlenstoff-Atome aus dem Diamantgitter durch ein Stickstoff-Atom und eine Fehlstelle ersetzt. Diese Fehlstellen besitzen besondere elektronische Eigenschaften. Sie haben einen Spin-1-Grundzustand mit drei entlang der (111)-Achse des Kristallgitters quantisierten Unterzuständen. Zwischen diesen lassen sich durch Anregung mit externen Mikrowellen-Feldern Übergänge herbeiführen.
Zusätzlich haben solche Fehlstellen durch die Eingliederung in das Kristallgitter sehr lange Kohärenzzeiten. Diese ermöglichten auch das nun erfolgte Experiment. Denn bei Landau-Zener-Übergängen können Quantenzustände, die nicht direkt ineinander übergehen, sich über Zwischenschritte entwickeln (s. Abb. 2). Dabei kommt es zu quantentypischen Mischzuständen. Wenn die Kohärenzzeit des Systems groß genug ist, kann die Interferenz zwischen mehreren Landau-Zener-Übergängen zu Rabi-Oszillationen führen. Bislang ließen sich solche in verschiedenen Quantensystemen wie gasförmigen Molekülen, Halbleiter-Quantenpunkten oder Atomen in optischen Gittern nachweisen.
Abb. 2: Bei Landau-Zener-Übergängen ändert sich der Quantenzustand über mehrere Achsen. Hierdurch kommt es zu einer Mischung zwischen den Zuständen. (Bild: J. Zhou et al.)
Die Forscher aus Heifei nutzten einen isotopisch besonders reinen Diamant mit über 99,9 Prozent Kohlenstoff-12, in den sie mit einem 5-keV-Strahl Stickstoff-15-Atome rund 5 bis 10 Nanometer tief implantierten. Durch ein statisches Magnetfeld von 510 Gauß hoben sie die Entartung der Spinzustände auf. Mit Hilfe von Mikrowellen, die sie über einen koplanaren Wellenleiter einspeisten, induzierten sie dann die Übergänge. Dabei konnten sie die Rabi-Oszillationen beobachten, wobei sich Interferenzen aus bis zu über 100 Landau-Zener-Übergängen ergaben.
Frühere Experimente mit weniger isotopenreinen Diamanten hatten nur deutlich kürzere Kohärenzzeiten gezeigt. Die durch die unterschiedlichen Kernmagnetfelder bewirkte Störung setzte ebenso wie Fluktuationen im Mikrowellenfeld die Zahl erreichbarer Übergänge herab. Die Forscher sind zuversichtlich, dass Landau-Zener-Übergänge an Stickstoff-Fehlstellen sich sowohl in der Quantenmetrologie als auch in der Quanteninformationsverarbeitung als hilfreich erweisen werden.
Dirk Eidemüller
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