17.11.2017

Noch immer keine Spur von Dunkler Materie

Neutronenexperiment schließt die Existenz von Axionen mit bestimmten Eigenschaften zuverlässig aus.

Axionen sind hypo­thetische Elementar­teilchen, aus denen die Dunkle Materie bestehen könnte. Sollten sie exis­tieren, würden sie sich womöglich an einer Forschungs­anlage des Paul Scherrer Instituts PSI – der Quelle ultra­kalter Neutronen UCN – nachweisen lassen. Ein inter­nationales Forschungs­team hat nun die Messer­gebnisse analysiert und gezeigt: Es wurden keine Wechsel­wirkungen mit Axionen beobachtet. Damit ist die Existenz von Axionen zwar nicht ausge­schlossen, aber der Spielraum an Eigen­schaften, die diese Teilchen haben könnten, ist nun deutlich eingeschränkt. So leisten die Experi­mente einen wichtigen Beitrag zur Suche nach Dunkler Materie.

Abb.: An den Experimenten zur Bestimmung des elektrischen Dipolmoments des Neutrons sind Forscher aus sieben Ländern beteiligt. Hier ein Teil des Teams vor der UCN-Neutronenquelle am PSI. (Bild: M. Fischer, PSI)

Die Kräfte der sicht­baren Himmels­körper reichen bei Weitem nicht aus, um zu erklären, warum sich die Galaxien so bewegen, wie sie es tun. Daher postu­lieren Forscher die Existenz von Dunkler Materie, die einen Großteil der Materie des Uni­versums ausmachen soll. Woraus diese Dunkle Materie besteht, ist bisher aber völlig unklar. Sie ist jedenfalls nicht aus denselben Teilchen aufgebaut, aus denen die Sterne, die Erde oder wir selbst bestehen. Zugleich muss die gesamte Masse der Dunklen Materie etwa fünfmal so groß sein wie die unserer bekannten Materie, um die beobach­teten Vorgänge im Universum zu erklären. Forscher haben inzwischen zahlreiche theoretische Modelle zur Natur dieser Dunklen Materie entwickelt. Eine vielver­sprechende Möglich­keit ist, dass sie aus Axionen besteht.

Sollten die Axionen existieren, so würden sie sich unter bestimmten Bedingungen an der Quelle ultra­kalter Neutronen UCN beobachten lassen. Im Rahmen einer inter­nationalen Zusammen­arbeit untersuchen hier Forscher aus sieben Ländern vor allem die Eigen­schaften des Neutrons selbst – insbe­sondere wollen sie dessen elek­trisches Dipolmoment bestimmen. Die Existenz eines statischen elek­trischen Dipol­moments ist mit vielen aktuellen Frage­stellungen der modernen Physik verknüpft – etwa der Frage, warum es im Universum mehr Materie als Anti­materie gibt. In den Messdaten, die für die Unter­suchungen des Neutrons aufgenommen worden sind, könnte sich aber auch die Existenz der Axionen zeigen.

„Wir haben dafür auf einen anderen Aspekt in diesen Daten geschaut“, so Klaus Kirch, Leiter des Labors für Teilchen­physik am PSI. „In unserem Experiment dauert eine einzelne Messung des Dipol­moments rund fünf Minuten. Um ein gutes Ergebnis für das statische Dipol­moment des Neutrons zu bekommen, führen wir diese Messung viele Male durch und bestimmen den über lange Zeit gemittelten Wert. Für die Suche nach den Axionen schauen wir dagegen, ob die Messer­gebnisse mit der Zeit mit einer festen Frequenz schwanken. Eine solche Oszil­lation wäre nämlich ein Hinweis auf eine Wechsel­wirkung der Neutronen mit den hypo­thetischen Teilchen.“ Dass sich die Axionen auf diese Art indirekt nachweisen liessen, liegt daran, dass diese nicht nur über die Gravi­tation mit anderer Materie wechsel­wirken; sie könnten zum Beispiel auch an die Gluonen koppeln, die das Neutron im Inneren zusammenhalten. Damit könnte die Begegnung mit einem Axion ein elek­trisches Dipol­moment verur­sachen. Sehr salopp gesagt würden Axionen die Form des Neutrons verändern und damit die Verteilung der elek­trischen Ladung in seinem Innern.

In den Messdaten des Experi­ments am PSI ließ sich eine solche Oszil­lation bislang nicht nachweisen, ebenso wenig in den Daten eines Vorgänger­experiments an der Neutronen­quelle ILL in Grenoble, die im Rahmen dieses Projekts ebenfalls neu ausge­wertet wurden. Diese beiden Experimente sind die ersten, in denen Forscher die Kopplung von Axionen an Gluonen direkt im Labor untersucht haben. Die bisherigen Erkennt­nisse über solche Kopp­lungen konnten nur indirekt aus astro­physikalischen Beobach­tungen und kosmo­logischen Modellen gewonnen werden. Die neuen Labor­messungen verbessern die Genauig­keit dieser früheren Ergebnisse drastisch und führen dazu, dass man die Existenz von Axionen mit bestimmten Eigen­schaften zuverlässig ausschließen kann. „Damit widerlegen die Ergebnisse diejenigen physi­kalischen Modelle, die Axionen mit diesen Eigen­schaften postu­lieren, und helfen so, die Vielfalt an Teilchen einzu­schränken, die mögliche Kandi­daten für die dunkle Materie sind“, so Kirch.

Dass das Experi­ment nicht alle denk­baren Arten von Axionen erfasst, hat im Wesent­lichen zwei Gründe. So müssten die Axionen hinreichend stark mit den Neutronen wechsel­wirken, damit sich die Oszil­lation in den Messdaten mani­festiert. Zudem dürfte ihre Masse nicht zu groß sein, weil eine hohe Masse zu einer hohen Frequenz der Oszil­lation führen würde, die sich angesichts der Fünf-Minuten-Schritte in den bisher durchge­führten Messungen nicht beo­bachten ließe.

PSI / JOL

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