22.07.2014

Optische Kabel aus „Nichts“

Kurze Laserpulse erzeugen Kanäle in der Luft, die wie Glasfaserkabel wirken.

Licht verliert in Luft durch Streuung an Intensität. Um Lichtsignale über weite Strecken zu übermitteln, verwendet man deshalb Glasfaserkabel. Signale zu hoher Intensität oder zu hohe Umgebungstemperaturen sind solchen Kabeln aber nicht zuträglich. Außerdem lassen sie sich beispielsweise nicht bei der atmosphärischen Spektroskopie einsetzen. Auch Techniken wie Lidar oder LIBS kämpfen mit Streuverlusten und damit verbundenen Beschränkungen der Auflösung und der spektralen Informationen. Eine neue Technik könnte nun diese Probleme verringern, indem sie die Luft selbst zum Wellenleiter macht.

Abb.: Kurze Laserpulse erzeugen dichtere und dünnere Bereiche in Luft. Dadurch wird Licht gebündelt und wie in einem Glasfaserkabel gelenkt. (Bild: H. Milchberg, UoM)

Howard Milchberg von der University of Maryland und seine Kollegen haben erforscht, wie sich mit Hilfe kurzer Laserpulse Luft so manipulieren lässt, dass sie Licht wie ein Glasfaserkabel bündelt. Die Idee ist, Zonen höherer und niedrigerer Dichte in Luft zu erzeugen. In einem Glasfaserkabel breitet sich das Licht durch das transparente Glas in der Mitte aus, das von einem Material mit niedrigerem Brechungsindex umgeben ist. Hier wird das Licht an der Grenze zurück in den Leiter reflektiert. Dasselbe lässt sich für kurze Zeit in Luft realisieren, wenn starke, schnelle Laserpulse eine Zone mit höherem Brechungsindex entlang der Bahnachse schaffen.

Die Forscher wählten einen Titan-Saphir-Laser, der 16 Millijoule starke und 50 bis 100 Femtosekunden lange Pulse bei 800 Nanometern aussandte. Diesen Pulsen prägten sie mit Spiegeln verschiedene Geometrien auf. Sowohl vier quadratisch wie auch acht symmetrisch angeordnete Strahlenbündel mit einem Gesamtdurchmesser von rund einem Millimeter konnten sie so erzeugen. Mit Brennpapier konnten die Wissenschaftler feststellen, dass die Strahlen ihre Geometrie über die untersuchte Strecke von einem Meter behielten.

Die Femtosekundenpulse waren stark genug, um sich durch den selbstinduzierten Kerr-Effekt zu Filamenten zu fokussieren. Wenn diese Selbstfokussierung stärker als die Streuung ist, kollabiert der Strahl zu einem scharfen Filament, dessen lokale Intensität die Ionisationsgrenze des Mediums überschreitet. Der weitere Kollaps des Strahls ist dann durch Plasma-Defokussierung begrenzt. Das Wechselspiel zwischen Fokussierung und Aufweitung bewirkt eine räumliche Fortpflanzung des Filaments über Distanzen, die üblicherweise viele Raleighlängen übersteigen.

Die stark nichtlineare Absorption in Luft führt dann zu atomarer und molekularer Anregung der Gasmoleküle, was eine axiale Druckwelle zur Folge hat. Dank der symmetrischen Anordnung der Filamente entsteht in deren Zentrum nach einigen Mikrosekunden eine Zone erhöhter Dichte und somit auch mit höherem Brechungsindex. Diese Zone besteht für den Zeitraum von ein paar Millisekunden, bis die thermische Relaxation einsetzt. In diesem kurzen Zeitraum ist das Zentrum optisch gesehen ein Wellenleiter aus Luft. „Der Luft-Wellenleiter verhält sich effektiv wie eine Linse in größerer Entfernung“, sagt Milchberg.

Die Forscher testeten das Verfahren mit einem Luftfunken, den sie mit einem weiteren Laser zündeten. Das Signal des Funkens konnten sie mit ihrem Luft-Wellenleiter um etwa die Hälfte verstärken. Dabei stellt die isotrope Ausstrahlung eines solchen Signals schwierigere Anforderungen an die Verstärkung als etwa gerichtetes Rückstreulicht, wie es bei einigen Anwendungen auftritt.

Bislang konnten die Forscher nur die prinzipielle Machbarkeit nachweisen: Auf einer Distanz von gerade einmal einem Meter erzielten sie eine spürbare Verstärkung von über fünfzig Prozent. Das ist nicht viel, aber das ursprüngliche Signal ist auf so kurze Entfernung noch sehr stark und deshalb ist keine hohe Verstärkung zu erwarten. Als nächstes will das Team größere Strecken von 50 bis 100 Metern angehen. Dabei sollten theoretisch Verstärkungsfaktoren bis zu 10.000 möglich sein.

Die Forscher schätzen außerdem die Verluste auf dem ersten Meter als am höchsten ein. Weiter hinten ist der Strahl bereits stärker fokussiert, wodurch der Luftwellenleiter effektiver arbeitet. Bei einer Strecke von 100 Metern sollte er – abgesehen von den unvermeidlichen Absorptionsverlusten – auf den letzten 99 Metern nur noch rund ein Viertel des Signals verlieren.

Mit solchen Luftwellenleitern sollte sich das Signal-Rausch-Verhältnis beim Lidar und bei LIBS-Messungen deutlich verringern lassen, hoffen die Forscher. Sie funktionieren zudem in beide Richtungen und würden es deshalb auch erlauben, fokussierte Laserpulse auf ein Ziel zu lenken, um es anzuregen. Damit könnte man etwa die Luftverschmutzung in höheren Atmosphärenschichten untersuchen. Im Prinzip ließen sich solche Luftwellenleiter aber auch für Langstreckenkommunikation oder eventuell sogar für künftige Laserwaffen einsetzen. Aber auch zur Analyse von Reaktionen im Innern von Kernreaktoren, wo Messungen aus der Nähe aufgrund der großen Hitze schwierig sind, könnte die Technologie dienen.

Dirk Eidemüller

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RK

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