01.08.2016

Per Anhalter zu den Gammablitzen

Detektor POLAR fliegt mit chine­sischer Welt­raum­mission ins All.

In den Tiefen des Alls leuchtet es mit gewaltiger Energie immer wieder auf: Einmal pro Tag registrieren Astronomen durchschnittlich einen Gammablitz. In wenigen Sekunden stoßen die Gamma-Quellen mehr Energie aus als die Sonne in Milliarden von Jahren. Und doch sind Gammablitze noch weit­gehend unver­standen, es ist nicht geklärt, was ihr Ursprung ist.

Abb.: Der Detektor POLAR im Reinraum. (Bild: PSI)

Hier setzt das Forschungsprojekt von Wojciech Hajdas und seiner Gruppe am Paul-Scherrer-Institut an: Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Uni Genf und des chinesischen Instituts für Hochenergiephysik haben die Forscher einen Detektor für Gammablitze entwickelt. POLAR heißt das Gerät, das den Grad der Polarisation von Gammablitzen vermessen soll. Diese Eigenschaft der Strahlung kann Hinweise liefern, welche Ereignisse im All die Ursprünge der Gammablitze sind.

Allerdings kann POLAR die Gammablitze nicht von der Erde aus detektieren: Die Erdatmosphäre verhindert genaue Messungen. Daher suchte Hajdas den Kontakt zu verschiedenen Raumfahrtmissionen. Am aufgeschlossensten für eine Zusammenarbeit zeigte sich das chinesische Institut IHEP-CAS. Schon lange plant die chinesische Weltraumorganisation für kommenden Herbst den Start ihrer nächsten Raumstation Tiangong 2. POLAR wird im September 2016 an Bord der Tiangong 2 in den Erdorbit fliegen und auch von dort aus Messdaten sammeln.

Hajdas und seine Kollegen erwarten, während des zweijährigen For­schungs­ein­satzes mehrere Dutzende sehr starker Gammablitze zu registrieren, was eine genaue Messung des Polarisationsgrads ermöglichen wird. Das Problem: Kein Gammablitz gleicht dem anderen. Die Forscher tun sich schwer damit, die Gammablitze in Kategorien einzuteilen. Immerhin lassen sich bisher zwei grobe Gruppen ausmachen, erklärt Hajdas: Einer­seits kurze Gamma­blitze, die nur ungefähr eine Sekunde lang leuchten, und andererseits solche, die zig Sekunden dauern – wobei die kurze Sorte öfters beobachtet wird als die länger leuchtende.

Während sich Dauer und Häufigkeit der Gammablitze recht gut vermessen lassen, ist ihr Polarisationsgrad bisher unbekannt. Daher erhoffen sich Hajdas und seine Kollegen, hierüber das Verständnis der Gammablitze zu erweitern. Womöglich werden sich auch bezüglich ihres Polarisationsgrades verschiedene Sorten Gammablitze einteilen lassen: Solche mit höherem und andere mit niedrigerem Polarisationsgrad, die demnach verschiedenen Entstehungsmechanismen zuzuordnen sein werden.

Das Herzstückstück von POLAR besteht aus 1600 speziellen Plastikstäben, die dicht an dicht liegen und für optisches Licht durchsichtig sind. Trifft Gammastrahlung auf diese Stäbe, löst es darin einen sichtbaren Lichtblitz aus. Am anderen Ende der Stäbe sitzt ein Detektor für sichtbares Licht, der somit indirekt die Gammablitze nachweist. Dabei kann das Instrument auf die Polarisation des Gammablitzes zurückschließen. Der Öffnungswinkel von POLAR ist so groß, dass rund ein Drittel des gesamten Himmels abgedeckt wird.

Ereignisse wie die Entstehung Schwarzer Löcher, die als Ursprung für Gammablitze in Betracht kommen, sind mit großer Wahrscheinlichkeit zugleich der Ursprung von Gravitationswellen. Gravitationswellen wurden im September 2015 von der internationalen LIGO-Kollaboration erstmals direkt nachgewiesen. Dieser Erfolg beflügelt Hajdas: Sein Traum wäre es, dass POLAR einen Gammablitz detektiert und die Kollegen von LIGO zeitgleich eine weitere Gravitationswelle vermessen. Womöglich entwickelt sich dadurch eine übergreifende Zusammenarbeit in diesem noch jungen For­schungs­zweig.


PSI / RK

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