07.10.2014

Physik-Nobelpreis: Es werde blaues Licht!

Der Physik-Nobelpreis 2014 geht zu gleichen Teilen an Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für die Erfindung der blauen LED.

Ganz im Sinne Alfred Nobels würdigt der diesjährige Physik-Nobelpreis eine Erfindung, die großen Nutzen für die Menschheit hat – nämlich die Erfindung der blauen LED. Erst diese ermöglicht es, effiziente und energiesparende LEDs herzustellen, die weißes Licht emittieren. Die drei gebürtigen Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura waren es, denen es 1992 gelang, eine LED herzustellen, die blaues Licht aussendet und die nun den Lohn für ihre jahrelange Arbeit erhalten.

Bereits 1907 entdeckte Henry J. Round an Kristallen aus Siliziumkarbid das Phänomen der Elektrolumineszenz, bei dem ein Festkörper unter dem Einfluss eines elektrischen Stromes Licht emittiert. Er beobachtete, dass Stromfluss und Lichtemission stark vom Vorzeichen der angelegten Spannung abhängen, wie es von einer gleichrichtenden Diode bereits bekannt war – dies war die Geburtsstunde der lichtemittierenden Diode. Rund 20 Jahre später führte Oleg V. Losev weitergehende Untersuchungen der Lichtemission durch – doch beide Wissenschaftler verstanden das Phänomen nicht. Mehrere Jahrzehnte dauerte es, bis es gelang, die Elektrolumineszenz theoretisch zu beschreiben. Zentrales Element einer Leuchtdiode ist ein p-n-Übergang aus kristallinen dotierten Halbleiterschichten. In Vorwärtsrichtung betrieben, fließt im n- bzw. p-leitenden Gebiet ein elektrischer Strom aus Elektronen bzw. Löchern, die im Bereich des p-n-Übergangs injiziert werden. Dort können Elektronen aus dem Leitungsband mit Löchern aus dem Valenzband rekombinieren und Licht abstrahlen. In den 50er-Jahren entwickelten sich schnell Techniken, um effiziente p-n-Übergänge aus III-V-Verbindungshalbleitern herzustellen, da diese eine direkte Bandlücke besitzen und eine effiziente Lichtemission versprechen. In den 60er-Jahren schließlich gelang es, LEDs herzustellen, die rotes und später auch grünes Licht aussenden. Doch um weißes Licht zu erzeugen, ist zudem eine blaue LED erforderlich.

Die drei diesjährigen Physiknobelpreisträger (v. l.): Isamu Akasaki (geb. 1929), Hiroshi Amano (geb. 1960) und Shuji Nakamura (geb. 1954)

Viele Wissenschaftler und Labore scheiterten an dem Versuch, eine blaue LED herzustellen. Galliumnitrid (GaN) galt als Material der Wahl für diese Aufgabe, und so begannen auch Isamu Akasaki und sein Doktorand Hiroshi Amano an der Nagoya Universität sowie Shuji Nakamura bei Nichia Chemicals in Tokushima damit, aus GaN hochreine Kristalle zu züchten. Nach jahrelangen Bemühungen kam 1986 der Durchbruch, als Akasaki und Amano einen  hochreinen GaN-Kristall mit guten optischen Eigenschaften züchten konnten.  Ein paar Jahre später erzeugten sie eine p-Schicht und entdeckten, dass ihr Kristall stärker leuchtete, wenn sie ihn unter einem Elektronenmikroskop betrachteten. 1992 schließlich konnten Akasaki und Amano die erste blaue LED präsentieren.

Zur gleichen Zeit forschte auch Shiju Nakamura an GaN und entwickelte eine etwas andere Methode, um hochreine Kristalle zu züchten, indem er zunächst bei niedriger Temperatur eine dünne Schicht Galliumnitrid herstellte und weitere Schichten bei höheren Temperaturen aufwuchs. Im gleichen Jahr wie Akasaki und Amano konnte auch Nakamura eine blaue LED erzeugen und zudem erklären, wieso seine Konkurrenten mit ihrem Elektronenstrahl Erfolg hatten – dieser entfernte nämlich störenden Wasserstoff.

 Passend zum Thema des Physik-Nobelpreises 2014 leuchtet heute der Namenszug Alfred Nobels auf der Nobelprize-Website in blauen LEDs. (BIld: Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences)

Alle drei Wissenschaftler haben jahrelang konsequent auf ihr Ziel hingearbeitet, Rückschläge eingesteckt, aus Fehlern gelernt und Techniken weiterentwickelt. Tausende Experimente haben sie durchgeführt, bis sie zum ersten Mal mit blauem Licht belohnt wurden. In den 90er-Jahren verbesserten sie ihre blauen LEDs und steigerten deren Effizienz, zudem entwickelten sie einen blauen Laser, der als Kernstück eine blaue LED enthält. Diese Erfindungen haben nicht nur die Beleuchtung revolutioniert, sondern beispielsweise auch zur Entwicklung von Blu-ray-Discs und besseren Laserdruckern geführt. LEDs finden sich überall im Alltag – in LCD-Fernsehern, Smartphones oder Autoscheinwerfern. Insofern kommt der Nobelpreis für die Entdeckung der blauen LED nicht allzu überraschend, und dennoch erreichte das Nobelkomitee heute früh nur zwei der Preisträger: Hiroshi Amano saß nämlich gerade an Bord eines Flugzeugs und war telefonisch nicht zu erreichen. Aber auch Nakamura hat nicht mit dem Preis gerechnet, denn er wurde ganz klassisch in seiner Wahlheimat Santa Barbara vom nächtlichen Anruf geweckt.

Am 10. Dezember – dem Todestag Alfred Nobels – werden Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura den Nobelpreis aus den Händen des schwedischen Königs erhalten. Wenn sie Anfang Dezember zu diesem Anlass nach Stockholm reisen, werden sie in der winterlichen Beleuchtung sicherlich oft genug auf ihre eigene Erfindung blicken können.

Maike Pfalz

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