Pilotanlage für hochfeste Fasern
Keramische, hitzebeständige Fasermaterialien für Luftfahrt und Energietechnik.
Am Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL in Bayreuth entsteht eine europaweit einzigartige Faserpilotanlage. Der erste Spatenstich erfolgte Mitte dieser Woche mit zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Industrie. Mit der Faserpilotanlage werden keramische Verstärkungsfasern hergestellt, die für neue Hochleistungswerkstoffe benötigt werden. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2019 geplant.
Abb.: Am Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL in Bayreuth entsteht derzeit eine europaweit einzigartige Pilotanlage zur Herstellung keramischer Verstärkungsfasern. (Bild: ksg architekten und stadtplaner)
Forschungsschwerpunkt des Zentrums HTL ist die Energieeffizienz von industriellen Wärmeprozessen. Gerade vor dem Hintergrund des auf der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris formulierten Klimaabkommens sind neue Technologien, mit denen Wärmeprozesse nachhaltiger gestaltet werden können, dringlicher denn je. Hochtemperaturbeständige Werkstoffe spielen dabei eine Schlüsselrolle. Bei Temperaturen weit über 1000°C sind die Einsatzmöglichkeiten von metallischen Werkstoffen ausgereizt. Herkömmliche Keramiken, die wesentlich temperaturbeständiger sind, können jedoch häufig wegen ihrer Sprödigkeit nicht verwendet werden. Hier kommen die keramischen Verstärkungsfasern ins Spiel. Durch den Einbau solcher Fasern entstehen Faserverbundwerkstoffe mit quasi-duktilen Eigenschaften, die etwa in energieeffizienten Gasturbinen eingesetzt werden sollen.
„Das Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL trägt mit seiner Forschungsarbeit entscheidend zur Optimierung von Hochtemperaturprozessen im Rahmen der Energieeffizienz bei. Gemeinsam mit den Industriepartnern hat das Zentrum HTL dabei eine einzigartige Expertise bei der Herstellung qualitativ hochwertiger Siliciumcarbid-Fasern aufgebaut. Das ermöglicht es, eine völlig neue Generation von Bauteilen für Luftfahrt, Energie- und Wärmetechnik zu produzieren“, so Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in ihrem Grußwort. „Mit der neuen Faserpilotanlage macht sich Deutschland unabhängig vom weltweiten Markt, zumal die außereuropäischen Hersteller keramische Fasern nur zu sehr hohen Preisen und vorwiegend für den eigenen Bedarf produzieren”, ergänzt Gerhard Sextl, Leiter des Mutterinstituts Fraunhofer ISC in Würzburg.
“Bei der Planung und dem Betrieb der Anlage besteht eine enge Kooperation zu unseren Industriepartnern, damit die Fasern rasch in neue Produkte umgesetzt werden“, erläutert Friedrich Raether, Leiter des Fraunhofer-Zentrums HTL in Bayreuth. Ein wichtiger Partner für das Zentrum HTL ist die Firma BJS Ceramics GmbH aus Gersthofen. Mit BJS erfolgt die Entwicklung von Fasern aus Siliciumcarbid – bisher noch im Technikumsmaßstab. Siliciumcarbid-Fasern können bei extrem hohen Temperaturen eingesetzt werden und sind deshalb stark nachgefragt. Auch die Liste der Verarbeiter und Endanwender, die an den hergestellten Fasern interessiert sind, ist lang. Die Firma MTU möchte beispielsweise aus den Fasern hergestellte Bauteile in umweltfreundlichen Fluggasturbinen einsetzen.
Die Pilotanlage eröffnet die Möglichkeit, Keramikfasern in Mengen von einigen Tonnen pro Jahr herzustellen und damit Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen für die Luftfahrt, Energie- und Wärmetechnik zu qualifizieren. Neben den schon bekannten Keramikfasern wird das HTL auch neue Fasertypen entwickeln, deren maximale Einsatztemperatur sogar noch über die der bisherigen Fasern hinausgeht. Den Kernbereich bildet eine bis zu elf Meter hohe Technikumshalle, in der die Spinntürme und die Fertigungslinien aufgestellt werden. Geplant sind zwei Fertigungslinien: jeweils eine für oxidische und eine für nichtoxidische keramische Verstärkungsfasern. Anfang 2019 soll der Betrieb an der Faserpilotanlage aufgenommen werden.
Fh.-ISC / JOL