Planck testet Einstein
Datenauswertung der Satellitenmission im Hinblick auf dunkle Energie und Gravitationstheorie: Standardmodell besteht – vorbehaltlich.
Bei der Auswertung von Daten der „Planck“-Satellitenmission haben Forscher neue Erkenntnisse zur dunklen Energie und der Gravitationstheorie gewonnen. Ihren Ergebnissen nach ist das Standardmodell der Kosmologie immer noch eine sehr gute Beschreibung des Universums ist. Kombinieren sie jedoch die von Planck gelieferten Daten jedoch mit anderen astronomischen Beobachtungen, so ergeben sich einige Abweichungen. Ob diese durch Messunsicherheiten oder durch bisher unentdeckte physikalische Zusammenhänge zu erklären sind, die auch Einsteins Gravitationstheorie in Frage stellen würden, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Die Auswertung der Planck-Daten geben daher wichtige Impulse für den Forschungsgegenstand zukünftiger Weltraummissionen.
Abb.: Das kosmologische Standardmodell liegt am Schnittpunkt der gestrichelten Geraden. Die Ellipsen geben die Lage des Modells mit modifizierter Gravitation wieder, Form und Lage hängen von der Wahl der Daten ab: Planck alleine ist blau (kompatibel), rot allerdings schließt Weak Lensing mit ein und ergibt einen Widerspruch. μ0 und η0 sind Maße für das Verhältnis aus Gravitation und Energiedichte des Universums. (Bild: Planck Coll.)
Der ESA-Satellit Planck hat von 2009 bis 2013 Messungen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds durchgeführt – in bisher unerreichter Genauigkeit. Nun wurden mehrere Forschungsarbeiten zu den Planck-Daten veröffentlicht. Eine dieser Studien entstand unter Beteiligung der Forschungsgruppe Kosmologie am Institut für Theoretische Physik (ITP) der Universität Heidelberg. „Wenn man die kosmische Mikrowellenstrahlung präzise misst, so finden sich in ihr winzige Temperaturunterschiede. Auf einer Himmelskarte sehen diese Temperaturschwankungen wie kleine Flecken aus: Jeder Fleck ist ein Gebiet mit etwas höherer oder niedrigerer Temperatur“, erklärt Valeria Pettorino, Nachwuchsgruppenleiterin am ITP.
Nach bisherigen Erkenntnissen lässt sich das Universum in seiner Entwicklung seit dem Urknall mit nur sechs Parametern relativ genau mit dem Standardmodell der Kosmologie beschreiben. Mit Hilfe der Temperaturdifferenzen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds lassen sich diese Parameter recht genau bestimmen. Einer von ihnen beschreibt die dunkle Energie, die rund siebzig Prozent der Gesamtenergie des Universums ausmacht und für seine beschleunigte Ausdehnung verantwortlich ist.
Die Planck-Forscher haben mit den neuesten Daten des Satelliten verschiedene Theorien auf den Prüfstand gestellt, die die Dunkle Energie einbeziehen und von einer modifizierten Gravitation ausgehen – und damit von der Gravitationstheorie, wie sie in Albert Einsteins Relativitätstheorie formuliert ist, abweichen. Sie nutzten dazu ein breites Methodenspektrum und bezogen auch Daten aus anderen Messungen ein. Diese umfassten unter anderem baryonische akustische Oszillationen, lokale Messungen der Hubble-Konstante, die die Ausbreitungsrate des Universums zum heutigen Zeitpunkt beschreibt, sowie Supernovae.
Aus den Planck-Daten konnten die Wissenschaftler ermitteln, wie viel Dunkle Energie es in der Vergangenheit gegeben haben muss. „Überraschenderweise war die Menge dieser ‚Frühen Dunklen Energie’ deutlich geringer, als wir erwartet hatten: Bisher hat man angenommen, dass die Dunkle Energie maximal ein Prozent der gesamten Energie zum Zeitpunkt der Freisetzung der Mikrowellenhintergrundstrahlung ausmacht. Die neuen Planck-Ergebnisse zeigen jedoch, dass es höchstens 0,4 Prozent gewesen sein können“, erklärt Pettorino. „Für die theoretischen Modelle der Dunklen Energie, die eine deutlich größere Energiemenge für das frühe Universum vorhergesagt haben, ist das ein großes Problem“, ergänzt ihr Kollege Matteo Martinelli.
Darüber hinaus hat die Analyse der Planck-Daten gezeigt, dass sich auch kleine Störungen der Schwerkraft selbst zeigen, die sich nicht ganz mit dem Standardmodell der Kosmologie vereinbaren lassen. Auch wenn diese Abweichungen nur gering sind und mit dem jeweils untersuchten Datensatz variieren, machen sie weitere Tests und Untersuchungen mit anderen Datensätzen erforderlich. „So könnten wir herausfinden, ob es sich tatsächlich um Abweichungen von Einsteins Gravitationsgesetz handelt, die eine Neuformulierung erforderlich machen würden“, so Pettorino. Nach den Worten der Physikerin sind die Auswertungen richtungsweisend für die kosmologische Forschung zu dunkler Energie und Gravitation. Auch im Hinblick auf kommende Satelliten-Missionen, etwa die von ESA und NASA für 2020 geplante Mission Euclid, können sie wichtige Impulse geben.
RKU / OD