13.03.2015

Planck testet Einstein

Datenauswertung der Satelliten­mission im Hinblick auf dunkle Energie und Gravi­tations­theorie: Standard­modell besteht – vor­behalt­lich.

Bei der Auswertung von Daten der „Planck“-Satellitenmission haben Forscher neue Erkenntnisse zur dunklen Energie und der Gravitations­theorie gewonnen. Ihren Ergebnissen nach ist das Standard­modell der Kosmologie immer noch eine sehr gute Beschreibung des Universums ist. Kombinieren sie jedoch die von Planck gelieferten Daten jedoch mit anderen astronomischen Beobach­tungen, so ergeben sich einige Abwei­chungen. Ob diese durch Mess­unsicher­heiten oder durch bisher unentdeckte physika­lische Zusammen­hänge zu erklären sind, die auch Einsteins Gravi­tations­theorie in Frage stellen würden, müssen weitere Unter­suchungen zeigen. Die Auswertung der Planck-Daten geben daher wichtige Impulse für den Forschungs­gegen­stand zukünftiger Weltraum­missionen.

Abb.: Das kosmologische Standardmodell liegt am Schnitt­punkt der gestrichelten Geraden. Die Ellipsen geben die Lage des Modells mit modifizierter Gravitation wieder, Form und Lage hängen von der Wahl der Daten ab: Planck alleine ist blau (kompa­tibel), rot allerdings schließt Weak Lensing mit ein und ergibt einen Wider­spruch. μ0 und η0 sind Maße für das Verhältnis aus Gravi­tation und Energie­dichte des Universums. (Bild: Planck Coll.)

Der ESA-Satellit Planck hat von 2009 bis 2013 Messungen des kosmischen Mikro­wellen­hinter­grunds durch­geführt – in bisher unerreichter Genauig­keit. Nun wurden mehrere Forschungs­arbeiten zu den Planck-Daten veröffent­licht. Eine dieser Studien entstand unter Beteiligung der Forschungs­gruppe Kosmologie am Institut für Theore­tische Physik (ITP) der Universität Heidelberg. „Wenn man die kosmische Mikro­wellen­strahlung präzise misst, so finden sich in ihr winzige Temperatur­unterschiede. Auf einer Himmels­karte sehen diese Temperatur­schwankungen wie kleine Flecken aus: Jeder Fleck ist ein Gebiet mit etwas höherer oder niedrigerer Temperatur“, erklärt Valeria Pettorino, Nachwuchs­gruppen­leiterin am ITP.

Nach bisherigen Erkennt­nissen lässt sich das Universum in seiner Entwicklung seit dem Urknall mit nur sechs Parametern relativ genau mit dem Standard­modell der Kosmologie beschreiben. Mit Hilfe der Temperatur­differenzen des kosmischen Mikro­wellen­hinter­grunds lassen sich diese Parameter recht genau bestimmen. Einer von ihnen beschreibt die dunkle Energie, die rund siebzig Prozent der Gesamt­energie des Universums ausmacht und für seine beschleunigte Ausdehnung verantwortlich ist.

Die Planck-Forscher haben mit den neuesten Daten des Satelliten verschiedene Theorien auf den Prüfstand gestellt, die die Dunkle Energie einbeziehen und von einer modifi­zierten Gravitation ausgehen – und damit von der Gravitations­theorie, wie sie in Albert Einsteins Rela­tivitäts­theorie formuliert ist, abweichen. Sie nutzten dazu ein breites Methoden­spektrum und bezogen auch Daten aus anderen Messungen ein. Diese umfassten unter anderem baryonische akustische Oszil­lationen, lokale Messungen der Hubble-Konstante, die die Aus­breitungs­rate des Universums zum heutigen Zeitpunkt beschreibt, sowie Supernovae.

Aus den Planck-Daten konnten die Wissenschaftler ermitteln, wie viel Dunkle Energie es in der Vergangenheit gegeben haben muss. „Überraschenderweise war die Menge dieser ‚Frühen Dunklen Energie’ deutlich geringer, als wir erwartet hatten: Bisher hat man angenommen, dass die Dunkle Energie maximal ein Prozent der gesamten Energie zum Zeitpunkt der Freisetzung der Mikrowellenhintergrundstrahlung ausmacht. Die neuen Planck-Ergebnisse zeigen jedoch, dass es höchstens 0,4 Prozent gewesen sein können“, erklärt Pettorino. „Für die theoretischen Modelle der Dunklen Energie, die eine deutlich größere Energiemenge für das frühe Universum vorhergesagt haben, ist das ein großes Problem“, ergänzt ihr Kollege Matteo Martinelli.

Darüber hinaus hat die Analyse der Planck-Daten gezeigt, dass sich auch kleine Störungen der Schwerkraft selbst zeigen, die sich nicht ganz mit dem Standard­modell der Kosmo­logie vereinbaren lassen. Auch wenn diese Abweichungen nur gering sind und mit dem jeweils unter­suchten Datensatz variieren, machen sie weitere Tests und Unter­suchungen mit anderen Daten­sätzen erfor­derlich. „So könnten wir heraus­finden, ob es sich tatsächlich um Abweichungen von Einsteins Gravi­tations­gesetz handelt, die eine Neuformu­lierung erforderlich machen würden“, so Pettorino. Nach den Worten der Physikerin sind die Auswertungen richtungs­weisend für die kosmo­logische Forschung zu dunkler Energie und Gravitation. Auch im Hinblick auf kommende Satelliten-Missionen, etwa die von ESA und NASA für 2020 geplante Mission Euclid, können sie wichtige Impulse geben.

RKU / OD

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