10.06.2015

Planetarischem Nebel auf den Staub geschaut

Ursprung bipolarer Nebel mit ihrem komplexen und fas­zinie­renden, sand­uhr­arti­gem Er­schei­nungs­bild gibt Astro­nomen Rätsel auf.

Mit einer Entfernung von etwa zweihundert Lichtjahren ist L2 Puppis einer der nächstgelegenen roten Riesen­sterne, von denen bekannt ist, dass sie am Beginn ihrer letzten Lebens­phasen stehen. VLT-Beobachtungen im ZIMPOL-Modus des neu installierten Instruments SPHERE im sichtbaren Licht und unter Verwendung von extremer adaptiver Optik erzeugten Abbildungen, die drei Mal schärfer sind als die des Hubble Space Telescope, und zeigten so feinste Details in der Staub­wolke um L2 Puppis. Sie bestätigen frühere Resultate, die nahegelegt hatten, dass der Staub in einer Scheibe angeordnet ist, die wir von der Erde aus beinahe genau von der Kante sehen. Die aktuellen Beobachtungen erlauben eine viel genauere Unter­suchung, und die vom ZIMPOL-Modus gelieferten Informationen zur Polarisation des Lichts haben es dem Team ermöglicht, ein drei­dimen­sionales Modell der Staub­strukturen zu erstellen.

Abb.: Die Beobachtungen des roten Riesensterns L2 Puppis im ZIMPOL-Modus des SPHERE-Instruments (links), ergänzt mit NACO-Daten aus dem Infrarotbereich (rechts). Diese zeigen einen Staubbogen, der von der abgewanten Seite des oberen Teils des Nebels ausgestoßen wird. (Bilder: ESO / P. Kervella et al.) Caption

Wie die Astronomen herausgefunden haben, beginnt die Staubscheibe in etwa 900 Milli­onen Kilometer Entfernung vom Stern – also etwas mehr als die Distanz von Jupiter zu unserer Sonne. Die Scheibe weitet sich dann auf und bildet eine symme­trische, trichter­artige Struktur um den Stern. Das Team entdeckte auch eine zweite Licht­quelle etwa 300 Millionen Kilometer entfernt – also der zwei­fachen Entfernung Erde-Sonne – von L2 Puppis. Es handelt sich bei diesem Begleit­stern vermutlich um einen roten Riesen mit vergleich­barer Masse, aber in einem früheren Entwicklungs­stadium.

Die Kombination aus der großen Menge Staub, die den sterbenden Stern umgibt, und der Anwesenheit des Begleit­sterns bedeutet, dass wir hier genau die Art von System beobachten, bei der wir die Entstehung eines bipolaren Planeta­rischen Nebels erwarten. Es handelt sich dabei um notwendige Bedingungen, aber vermutlich spielt auch der Zufall eine gewisse Rolle bei der Frage, ob dann aus dem staubigen Kokon auch tatsächlich ein himmlischer Schmet­terling schlüpft.

Beobachtungsleiter Pierre Kervella erklärt: „Der Ursprung von bipolaren Planetarischen Nebeln ist eines der großen klas­sischen Probleme der modernen Astrophysik. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie Sterne ihr Inventar an Metallen zurück ins Weltall befördern. Das ist ein sehr wichtiger Prozess, denn aus diesem Material werden spätere Genera­tionen von Planeten­systemen entstehen.“

Zusätzlich zur aufgeweiteten Scheibe von L2 Puppis fand das Team zwei konische Strukturen, die senkrecht aus der Scheibe hervortreten. Innerhalb dieser Strukturen wurden zwei lange, leicht gekrümmte Materie­wolken entdeckt. Anhand des Ursprungs­orts einer dieser Wolken könnte es sich bei ihr um ein Resultat von Wechsel­wirkungen zwischen Materie aus der Scheibe von L2 Puppis und dem Sternwind und dem Strahlungsdruck des Begleitsterns handeln. Die andere Wolke ist vermutlich das Ergebnis des Aufeinander­treffens der Winde der beiden Sterne oder das Produkt einer Akkretions­scheibe um den Begleitstern.

Obwohl viele Fragen noch ungeklärt sind, gibt es zurzeit zwei führende Theorien zur Entstehung bipolarer Planeta­rischer Nebel. Beide setzen ein Doppel­stern­system voraus. Den neuen Beobachtungen zufolge spielen bei L2 Puppis beide vorge­schlagenen Prozesse eine Rolle. Wahrscheinlich bringt dieses System in Zukunft deshalb einen kosmischen Schmet­terling hervorbringen.

Pierre Kervella schließt: „Da der Begleitstern wenige Jahre für einen Umlauf braucht, erwarten wir beobachten zu können, wie er die Scheibe des Roten Riesen in ihrer Form beeinflusst. Wir werden die Entwicklung der Staub­strukturen in diesem System in Echtzeit verfolgen können. Eine extrem seltene und aufregende Gelegenheit.“

ESON / OD

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