30.05.2017

Planeten im Takt

Bestimmung der Umlaufperiode von Trappist-1h gelingt dank Planetenresonanz in Rekordzeit.

Frühere Beobachtungen von der Erde und dem Weltall aus hatten gezeigt, dass der kühle Zwergstern Trappist-1 von sieben erd­ähnlichen Planeten umkreist wird – eine grössere Anzahl als in allen anderen vergleichbaren bisher bekannten Planeten­systemen. Während Astrophysiker die Umlaufzeiten der inneren sechs Planeten bestimmen konnten, blieb diejenige des äußersten Planeten unbekannt.

Abb.: Künstlerische Darstellung von Trappist-1h (Bild: NASA / JPL-Caltech)

Nun hatte die NASA mit ihrem Kepler-Weltraumteleskop den Stern Trappist-1 von Mitte Dezember bis Anfang März angepeilt. Mit ihrer Ankündigung, diese Daten zwei Monate eher als geplant öffentlich zugänglich zu machen, startete die NASA ein internationales Rennen unter Weltraum­forschern . Am schnellsten ist die Bestimmung der Umlaufzeit nun Forschern des Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern mit einem internationalen Team gelungen.

Nur vier Tage nach dem Ende der Kepler-Beobachtungs­kampagne veröffentlichte die NASA die Daten. Die Forscher in Bern hatten sich bereits mit Kollegen der Universität Washington und anderen Forschenden in den USA, Belgien, Frankreich, Grossbritannien, Saudi-Arabien und Marokko zu einem Team zusammen­geschlossen, um unmittelbar mit der Arbeit beginnen zu können. Simon Grimm, Postdoc am CSH, hatte ein Verfahren vorbereitet, mit dem er die Daten automatisch herunter­laden und verarbeiten konnte, sobald sie verfügbar waren, während Marko Sestovic, Doktorand am CSH, eine Pipeline für die Datenanalyse bereit­stellte. Mit einem unabhängig davon entwickelten Computer­code machte sich Rodrigo Luger, Doktorand in Seattle, an die gleiche Arbeit.

„Wir haben diese wissenschaftliche Heraus­forderung angenommen und wussten, dass wir schnell sein mussten“, sagt Marko Sestovic. „Wenn man nicht der erste ist, wird man nicht wahrgenommen“, ergänzt CSH-Postdoc Simon Grimm. Sie hatten dabei eine besondere Nuss zu knacken: Normaler­weise kalibriert die NASA die Daten des Kepler-Weltraum­teleskops vor der Veröffentlichung in einer aufwändigen Prozedur, doch diesmal erhielten die Forschenden nur die Rohdaten. „Der Kepler-Satellit schwankt wegen eines technischen Problems von einer zur anderen Seite“, erklärt Sestovic. „Dies verursacht starke Störsignale des Instruments und viel Rauschen, das entfernt werden muss. Die Störungen können fünfmal größer sein als das eigentliche Signal.“ Mit ihren Computer­codes, die sich auf maschinelles Lernen stützen, konnten die Forscher in Bern und Seattle die Kepler-Daten innert Rekord­zeit kalibrieren, da sie Tag und Nacht arbeiteten. „Jede Stunde zählt, wenn man nicht überholt werden will“, sagt CSH-Professor Brice-Olivier Demory.

Um die Umlaufzeit des äußersten Planeten Trappist-1h zu bestimmen, setzten die Forscher auf die Theorie. Sie hatten bereits entdeckt, dass die Perioden der inneren Planeten aufgrund der Wechsel­wirkungen der Schwerkraft eine Verbindung aufweisen: Wenn beispielsweise Planet b den Stern achtmal umkreist, so macht Planet c fünf Umläufe und Planet d drei – ein Resonanz-Phänomen. Ist Planet h ebenfalls in Resonanz mit seinen nächstgelegenen Planeten f und g, dann muss seine Umlaufzeit einen von mehreren, bestimmten Werten aufweisen, so die Überlegung. Aufgrund der Analyse der früheren Daten konnten Brice-Olivier Demory sowie zwei seiner Kollegen in Seattle und Chicago alle möglichen Perioden aus­schließen, bis nur eine übrig blieb: 18,764 Erdtage. Tatsächlich ergab sich genau dieses Resultat aus den Kepler-Daten. Umkreist also Planet h den Stern Trappist-1 zweimal, so vollführt sein innerer Nachbar g drei Umläufe und Planet f deren vier.

„Die Tatsache, dass die Umlaufzeit von Trappist-1h von der Theorie vorausgesagt wurde, bevor man sie in den Daten nachwies, erinnert daran, wie Neptun in unserem Sonnen­system vor mehr als 100 Jahren aufgespürt wurde“, sagt CSH-Direktor Kevin Heng. Weil der Planet Uranus von seiner Bahn abwich, schlossen Astronomen, dass es weiter außen einen zusätzlichen Planeten geben musste, dessen Schwerkraft sich auf ihn auswirkte. Aufgrund der Bahn­störungen von Uranus berechneten sie die Position des bis dahin unbekannten Planeten – von Neptun. Zusätzlich zur Umlaufzeit von Trappist-1h fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Temperatur des Planeten 173 Kelvin oder minus 100 Grad Celsius beträgt und sein Radius etwas kleiner ist als derjenige der Erde. Sie konnten zudem messen, dass sich der Zwerg­stern selbst in 3,3 Tagen einmal um seine Achse dreht, und schließen aufgrund der beobachteten Stern­flecken und Eruptionen auf eine relativ niedrige Aktivität von Trappist-1, was bedeutet, dass dieser älter ist als bisher angenommen.

Sobald die NASA die Daten freigegeben hatte, arbeiteten die Forscher über sechzig Stunden fast ununterbrochen an deren Analyse und am Aufschreiben der Resultate. Das so in Rekord­zeit eingereichte, 37-seitige Paper ist nun veröffentlicht. „Unsere Kollaboration von dreißig Leuten tauschte in wenigen Tagen mehr als 450 Emails aus“, fasst Brice-Oliver Demory zusammen: „Zu einem bestimmten Zeitpunkt überarbeiteten 15 Forschende gleichzeitig das Online-Manuskript – insgesamt eine schöne Erfahrung!“

U Bern / DE

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