Plasmaspiegel für extreme Laserpulse
Regelmäßige Plasmastrukturen als Spiegel für Hochleistungslaser.
Um Laserlicht zu lenken, braucht es nicht unbedingt materielle Spiegel. Ein Forschungsteam unter britischer Leitung und mit Beteiligung von Götz Lehmann von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat ein grundlegend neues Konzept experimentell verifiziert: die Lichtreflexion an regelmäßigen Plasmastrukturen. Diese Methode kann insbesondere für kompakte Hochleistungslaser wichtig werden.
In immer mehr Forschungs- und Anwendungsbereichen werden Laser mit extrem hohen Leistungen benötigt. Ein prominentes Beispiel hierfür sind die Durchbrüche bei der lasergetriebenen Trägheitsfusion, die das US-amerikanische Lawrence Livermore National Laboratory im Dezember 2022 vermeldete. Die nächste Generation von gepulsten Ultrahochleistungslasern wird für Leistungsbereiche von Hunderten von Petawatt bis Exawatt ausgelegt. Gleichzeitig sollen die Aufbauten immer kompakter werden; sie sollen nicht mehr die Größe von Sporthallen haben, sondern in Universitätslaboren untergebracht werden können.
Die Entwicklung solch kompakter und leistungsstarker Anlagen stellt große Anforderungen an die optischen Elemente in solchen Lasern, die die Laserstrahlen führen und formen. Typischerweise werden hierfür Gitter und Spiegel genutzt. Bei den sehr hohen Leistungsdichten und kleinen Abmessungen kann aber die Lichtleistung so groß werden, dass die Festkörperspiegel beschädigt oder sogar zerstört werden.
Ein gänzlich neues Konzept, der „Geisterspiegel“, kommt ohne klassisch-spiegelnde Festkörperoberflächen aus. Verwendet werden sollen Plasmen – also Gase, in denen die Atome vollständig ionisiert sind –, in denen kurzzeitig regelmäßige Strukturen induziert werden. Diese können ebenfalls Licht reflektieren oder anderweitig manipulieren. Das Konzept wurde 2016 theoretisch von Karl-Heinz Spatschek und Götz Lehmann am Institut für Theoretische Physik I der HHU erarbeitet. Die Physiker zeigten, dass es möglich ist, mittels Lasern reflektierende Plasmastrukturen zu erzeugen.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dino Jaroszynski von der schottischen Universität in Strathclyde hat nun unter Beteiligung von Götz Lehmann das Konzept experimentell bestätigt. Sie haben einen solchen „Geisterspiegel“ entwickelt und getestet. Lehmann wirkte bei der Konzeption und der Dateninterpretation im Rahmen des Düsseldorfer Modells mit.
Das Team realisierte mithilfe gegenläufiger Laserstrahlen einen geschichteten Plasmaspiegel. Die Laserstrahlen erzeugen dazu im Plasma eine Schwebungswelle, die wiederum die Elektronen und Ionen im Plasma in die regelmäßige Gitterstruktur treibt. Eine solche Struktur wirkt als sehr robuster Spiegel mit hohem Reflexionsvermögen.
Diese Spiegel sind sehr flüchtig, sie existieren nur für einige bis wenig hundert Pikosekunden. Dies reicht aber aus, um die ungleich kürzeren Hochleistungslaserpulse – die eine Länge im Femtosekundenbereich haben – zu reflektieren. Jaroszynski: „Unsere Arbeit bringt den Stand der Technik im Bereich der Hochleistungslaser erheblich voran. Die so erzeugbaren robusteren und kompakteren optischen Komponenten können einen Paradigmenwechsel bei Hochleistungslasern bewirken.“
Gregory Vieux aus Strathclyde, der die Experimente am Rutherford-Appleton-Laboratory (RAL) in Chilton / UK maßgeblich mit konzipierte und durchführte, sagt: „Die Plasmen halten Intensitäten von bis zu 1018 Watt pro Quadratzentimeter stand. Dies übersteigt die Zerstörungsschwelle von konventionellen optischen Komponenten um vier bis fünf Größenordnungen. Dadurch wiederum kann die Größe optischer Elemente um zwei oder drei Größenordnungen reduziert werden, so dass Optiken – die sonst die Größe von einem Meter haben – auf Millimeter oder Zentimeter schrumpfen könnten.“
Lehmann: „Die Arbeit zeigt das gute Zusammenspiel von Theorie und Experiment. Es ist erfreulich, dass wir die in Düsseldorf gelegten Grundlagen nun so eindrucksvoll experimentell bestätigt finden.“ An den Forschungsarbeiten waren neben den Universitäten Strathclyde und Düsseldorf auch die Universitäten in Frankfurt und in Lissabon sowie das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, das Ulsan National Institute of Science and Technology (UNIST) in Südkorea und das RAL beteiligt. Die relativistische Laser-Plasma-Physik ist ein Schwerpunkt im Fach Physik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
HHU / DE