28.03.2013

Plasmawellen wandern ohne zu zerfließen

Terahertz-Pulse aus Freie-Elektronen-Lasern regen in Supraleiter Josephson-Plasma-Solitonen an.

Noch zu Beginn der optischen Kommunikation in den 1990er-Jahren, mussten die Lichtsignale etwa alle zwanzig Kilometer wieder erneuert werden. Inzwischen wandern sie oft verlustarm in Form von Solitonen durch die Glasfasern. Diese haben die Eigenschaft, nicht wie eine gewöhnliche Welle allmählich zu zerfließen. Physiker um Andrea Cavalleri vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg haben nun Solitonen durch ein Material geschickt, das sich bislang einen Namen als verlustfreier Stromleiter gemacht hat: den keramischen Supraleiter Lanthanstrontiumcuprat (La1,84Sr0,16CuO4).

Abb.: Ein Josephson-Plasma-Soliton, das aus zwei gegeneinander drehenden Wirbeln des supraleitenden Tunnelstromes besteht, auf seinem Weg durch den Supraleiter. (Bild: J. Harms, MPSD)


Dieses Material ist wie alle keramischen Supraleiter in Schichten aufgebaut. Der widerstandslose Strom fließt dabei durch einzelne dieser Schichten, die durch isolierende Ebenen voneinander getrennt sind. Trotzdem können die stromtransportierenden Cooper-Paare, zu denen sich in einem Supraleiter jeweils zwei Elektronen zusammenschließen, durch die isolierende Lage von einer supraleitenden Schicht zur nächsten gelangen. Sie tunneln nämlich durch die für sie eigentlich unüberwindbare Barriere, das Phänomen heißt Josephson-Effekt. Ein Sandwich aus zwei supraleitenden und einer isolierenden Schicht wird Josephson-Kontakt genannt. Da der Tunnelstrom, der durch die isolierende Schicht fließt, sehr empfindlich auf Magnetfelder reagiert, verwendet man den Josephson-Effekt unter anderem für sehr empfindliche Messungen magnetischer Felder.

Die tunnelnden Cooper-Paare lassen sich als eine Art Flüssigkeit beschreiben. „Dieses Fluid charakterisieren wir zum einen durch die Dichte der Cooper-Paare und zum anderen durch die Phase, die seine langreichweitige Ordnung beschreibt“, erklärt Martin Eckstein vom Hamburger Max-Planck-Institut. „In dem Fluid können wir mit Terahertz-Strahlung Plasmawellen anregen, sodass die Phase in dem Fluid periodisch auf ähnliche Weise schwankt wie die Dichte der Luft in einer Schallwelle.“ Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Frequenz über der sogenannten Josephson-Plasmafrequenz liegt, die für das Lanthanstrontiumcuprat bei zwei Terahertz liegt.

Beobachten lässt sich der Schritt über die Josephson-Plasmafrequenz relativ leicht, weil der keramische Supraleiter dann für Licht transparent ist. Das heißt der anregende Lichtpuls wandert durch das Material, und zwar parallel zu den Ebenen der supraleitenden und isolierenden Schichten. Die vom Licht erzeugte Plasmawelle beeinflusst das Licht wiederum auf seinem Weg über die supraleitenden Ebenen sehr stark – eine Rückkopplung entsteht.

Wenn der anregende Lichtpuls nun genau die Josephson-Plasmafrequenz besitzt und sehr intensiv ist, wandert er in Form eines Solitons durch das Material. Denn dann wird das Wechselspiel aus Licht- und Plasmawelle hochgradig nichtlinear.
Erklären lässt sich der Effekt damit, dass sich jeder Lichtpuls aus Wellen unterschiedlicher Frequenz zusammensetzt, die sich stets mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen. Es tritt Dispersion auf – ein Lichtpuls fließt in einem Glasfaserkabel allmählich auseinander. Wie das Physikerteam nun festgestellt hat, beeinflussen die nichtlinearen Wechselwirkungen im Josephson-Kontakt die einzelnen Frequenzen eines anregenden Lichtpulses gerade so unterschiedlich, dass sie gebündelt bleiben.

„Experimentell konnten wir die Josephson-Plasma-Solitonen nur mit den Terahertz-Pulsen eines Freie-Elektronen-Lasers realisieren, weil sich deren Frequenz zum einen sehr genau einstellen lässt und sie zum anderen sehr intensiv sind“, erklärt Lijhian Zhang, einer der beteiligten Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsgruppe für Strukturelle Dynamik an der Universität Hamburg.

Indem es Solitonen in einem Supraleiter anregte, hat das Forscherteam einen neuen Grad an Kontrolle im Wechselspiel zwischen Licht und Materie erreicht. „Wir haben damit gezeigt, dass wir in komplexen Materialien gezielt nichtlineare Prozesse anregen und nutzen können“, sagt Andrea Cavalleri, Direktor der Max-Planck-Forschungsgruppe für Strukturelle Dynamik. Diese Kontrolle wollen die Forscher nun noch ausweiten. Sie versprechen sich davon neben neuen grundlegenden Erkenntnissen auch einen praktischen Nutzen, möglicherweise in der Datenverarbeitung.

MPG / PH

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