22.01.2016

Plasmazündung mit Vorglühen

Ultravioletter Zündungspuls ermöglicht schnelle Erzeugung von Plasma per Infrarotlaser.

Intensive Lichtpulse können transparentes Material in ein Plasma verwandeln, das Lichtenergie anschließend effizient einfängt. Wissenschaftler aus Rostock und Berlin konnten diesen Prozess nun extrem präzise kontrollieren. Sie verwendeten dazu einen Trick, der medizinische Methoden und die Herstellung von Nano­materialien wesentlich vereinfachen könnte. Dieses Zusammentreffen von Licht und Materie hat ein Team von Physikern vom Institut für Physik der Universität Rostock und vom Max-Born-Institut für nichtlineare Optik und Kurzz­eit­spektroskopie (MBI) in Berlin erforscht.

Abb.: Simuliertes Nano-Feuerwerk (Bild: U. Rostock)

Die Wissenschaftler untersuchten die Wechselwirkung intensiver nah-infraroter (NIR) Laserblitze mit winzigen, nur wenige Nanometer-großen Teilchen aus einigen Tausend Argonatomen – so genannten Atomclustern. Das sichtbare NIR-Licht allein kann ein Plasma nur dann erzeugen, wenn seine elektromagnetischen Wellen so stark sind, dass es einzelne Atome ionisiert. Die Forscher konnten diese Zündungsschwelle austricksen, indem sie die Cluster mit einem zweiten, deutlich schwächeren und für das menschliche Auge unsichtbaren Femtosekunden-Lichtblitz im extrem-ultravioletten Spektralbereich bestrahlten. Mit diesem Trick konnten die Forscher den Energieeinfang auch für unerwartet schwaches sichtbaren Laserlicht „anschalten” und beobachteten ein Nano-Feuerwerk, bei dem Elektronen, Ionen und farbiges Fluoreszenzlicht von den Clustern in verschiedene Richtungen ausgesandt wurden.

Die Experimente wurden am Max Born Institut an einer 12 Meter langen Apparatur für die Erzeugung Hoher Harmonischer (HH) durchgeführt. „Die Beobachtung, dass Argoncluster selbst bei moderater Licht­intensität stark ionisiert wurden, war sehr überraschend ”, erklärt Bernd Schütte vom MBI, der das Experimente konzipiert und durchgeführt hat. „Obwohl der zusätzliche XUV-Lichtblitz sehr schwach ist, ist seine Anwesenheit entscheidend: Ohne den XUV-Zündungspuls blieben die Nanopartikel unverändert und transparent für das sichtbare Licht.“ Wissenschaftler um Thomas Fennel von der Universität Rostock konnten das Geheimnis der Synergie der beiden Lichtblitze durch Computer­simulationen lüften. Sie fanden heraus, dass die Bereit­stellung einiger weniger „Keim“-Elektronen durch die ionisierende XUV-Strahlung genügen, um einen Prozess ähnlich zu einer Schnee­lawine im Gebirge in Gang zu setzen. Die Keimelektronen werden dann durch das sichtbare Licht aufgeheizt und schlagen weitere Elektronen aus benachbarten Atomen heraus. „Im Verlauf dieser Lawine wächst die Zahl freier Elektronen in dem Nanopartikel exponentiell”, erklärt Fennel. „Letztlich heizen sich die Partikel so stark auf, dass hochgeladene Ionen erzeugt werden können und zerplatzen.”

Das neuartige Konzept der Zündung einer Ionisations­lawine durch XUV-Licht macht es möglich, die Starkfeld­ionisation von Nanoteilchen und Feststoffen räumlich und zeitlich extrem genau zu kontrollieren. Die Zündungs­idee eröffnet einen Weg, die Ionisation von Nanoteilchen zur verfolgen und einzustellen, und zwar auf der Zeitspanne von Atto­sekunden. Die Wissenschaftler erwarten, dass die Zündungsmethode in vielen transparenten Materialien funktioniert, also beispielsweise auch in Glas oder Plastik. Das macht dieses Konzept für die Herstellung von Nanostrukturen interessant. Der Vorteil ergibt sich aus den Eigenschaften der XUV-Lichtblitze, die auf eine viel kleinere Fläche fokussiert werden können und so eine höhere Präzision bei der Plasmazündung erlauben. Gleichzeitig lässt sich die Effizienz erhöhen, da, verglichen mit gängigen Verfahren, sichtbare NIR-Pulse mit viel geringerer Intensität ausreichend sind. Daraus könnten zukünftig neue Methoden in der Nano­lithografie und Nanomedizin entstehen.

U. Rostock / DE

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