Plötzlich verschwunden: Staub um einen jungen Stern
Innerhalb von zwei Jahren fiel die Infrarot-Intensität der Staubscheibe von TYC 8241 auf ein Dreißigstel ab.
Junge Sterne sind noch von rotierenden Scheiben aus Gas und Staub umgeben, in denen Planeten entstehen können. Dieser Vorgang dauert nach heutigen Erkenntnissen einige zehn Millionen Jahre. Am Ende der Entwicklung verschwindet der Staub aus der Umgebung des Sterns – zum Teil nehmen ihn die wachsenden Planeten-Embryos auf, zum Teil bläst ihn die Strahlung des Sterns aus dem System heraus.
Abb.: 2008 hatte der Stern TYC 8241 2652 1 offenbar noch eine prägnante Staubscheibe. (Bild: Gemini Obs., L. Cook)
„Die gemeinhin akzeptierte Zeitskala für die Beseitigung des Staubes beträgt mehrere Hunderttausend bis hin zu Millionen Jahren“, erklärt Inseok Song von der University of Georgia in Athens. Doch bei Beobachtungen des 456 Lichtjahre entfernten jungen Sterns TYC 8241 2652 1 stieß Song mit seinen Kollegen auf eine überaus rasante Entwicklung: Innerhalb von knapp zwei Jahren fiel die Intensität der infraroten Strahlung der Staubscheibe des Sterns auf ein Dreißigstel ab – der Staub verschwand gewissermaßen in einem astronomischen Augenblick fast vollständig.
„Was wir gesehen haben, war erheblich schneller und ist niemals zuvor beobachtet oder gar vorhergesagt worden“, so Song. „Das zeigt uns, dass wir noch Einiges über die Entstehung von Planeten zu lernen haben.“ Song und seine Kollegen haben die Staubscheibe um TYC 8241 anhand von bereits 1983 aufgenommenen Bildern des Infrarot-Satelliten IRAS entdeckt. Der Staub absorbiert einen Teil der Strahlung des jungen Sterns, erhitzt sich dadurch auf 450 Kelvin und sendet die aufgenommene Energie dann als Infrarotstrahlung wieder ab.
TYC 8241 2652 1 ist gerade einmal zehn Millionen Jahre als – ein Alter, in dem die Planetenentstehung ihren Höhepunkt durchlaufen sollte. Nach den Modellen der Astronomen entstehen dabei aus Staubkörnchen sukzessive größere Körper. Sind diese Himmelskörper groß genug, so ziehen sie mit ihrer Schwerkraft den noch übrig gebliebenen Staub an und reinigen so ihre Umgebung. Umgekehrt erzeugt die Kollision von solchen Planetenembryos aber auch wieder neuen Staub. In einer Art Kaskade können die dabei entstehenden Trümmerstücke immer wieder miteinander zusammenstoßen und so zu feinem Staub zermahlen werden – und die Strahlung des Sterns kann diesen feinen Staub dann aus dem jungen System heraus blasen.
Abb.: 2010 war schließlich kaum noch Wärmestrahlung nachweisbar – der Staub um TYC 8241 war fast vollständig verschwunden. (Bild: Gemini Obs., L. Cook)
Beobachtungen mit dem Gemini-Süd-Teleskop in Chile im Jahr 2008 zeigten erwartungsgemäß die gleiche Infrarotstrahlung wie 1983. Doch acht Monate später bot sich ein dramatisch verändertes Bild: Die Wärmestrahlung war um nahezu zwei Drittel abgefallen. Und 2010 war schließlich kaum noch Wärmestrahlung nachweisbar – der Staub um TYC 8241 war fast vollständig verschwunden.
Die Astrophysiker sehen zwei mögliche Erklärungsansätze für diese rasante Entwicklung: Entweder die Entstehung von Planeten verläuft wesentlich schneller und effizienter als erwartet – oder nach einer Kollisionskaskade bläst die Strahlung des Sterns den Staub viel schneller aus dem System als bislang angenommen. Doch beide Hypothesen lassen sich nicht ohne weiteres mit den derzeitigen Modellen der Planetenentstehung in Einklang bringen. Song und seine Kollegen sind möglicherweise auf eine Phase der Planetenentstehung gestoßen, die derart rasch verläuft, dass sie den Astronomen bislang entgangen ist.
Rainer Kayser
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