06.05.2022

Polarisation höchster Reinheit

Präzise Polarisatoren im Röntgenbereich sollen Wechselwirkung von Licht mit Licht nachweisen helfen.

Ein Forschungs­team konnte am European XFEL in Hamburg polarisierte Röntgen­strahlen mit nie dage­wesener Reinheit erzeugen. An den Experi­menten waren neben Forschenden des Helmholtz-Instituts Jena, einer GSI-Außenstelle, die Friedrich-Schiller-Universität Jena und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf beteiligt. Die Methode soll in den nächsten Jahren genutzt werden, um zu zeigen, dass sich selbst das Vakuum unter bestimmten Umständen wie ein Material verhält – eine Vorhersage aus der Quanten­elektrodynamik.

Abb.: Die Experimente zum Reinheits­grad für polarisierte Röntgen­strahlen...
Abb.: Die Experimente zum Reinheits­grad für polarisierte Röntgen­strahlen wurden am Euro­päischen Röntgen­laser XFEL durchgeführt. (Bild: H. Müller-Elsner, European XFEL)

Polarisierte Strahlung ist für eine Vielzahl von Experimenten von der Festkörper­physik bis zur Quantenoptik eine wichtige Voraussetzung. Zusätzliche Polari­satoren, wie sie am Helmholtz-Institut Jena entwickelt werden, haben den Zweck, die Polarisations­reinheit weiter zu verbessern, aber lange Zeit konnte die Grenze von einigen 10-10 – von zehn Milliarden Photonen haben nur eine Handvoll die ungewünschte Polari­sation – nicht weiter verschoben werden. Kai Schulze fand 2018 heraus, dass die Divergenz der Synchrotron­strahlung, also die Auffächerung des Strahls, der Grund für diese Grenze ist. „Um eine weitere Verbesserung der Reinheit zu bekommen, musste also eine Quelle mit besserer Divergenz her“, sagt der Physiker. „Die Inbetriebnahme des europäischen Röntgen­lasers, European XFEL, in Schenefeld bei Hamburg stellte dafür die Weichen.“

Das Team entwickelte ein Experiment-Setup am European XFEL, das dank besonderer Polarisator­kristalle, einer sehr präzisen Justage und eines stabilen Aufbaus einen neuen Reinheits­rekord von 8×10-11 aufstellte. Dieser neue Reinheits­rekord ermöglichte bereits eine Reihe von Experimenten zur Quantenoptik im Röntgenbereich und zur Ladungs­verteilung in Festkörpern. Besonderes Interesse gilt allerdings dem Nachweis der Vakuumdoppel­brechung. Die Wechselwirkung von Licht mit Licht wurde bereits 1936 von Werner Heisenberg und Hans Euler beschrieben, aber bisher auf der Erde noch nicht direkt beobachtet.

„Die Vakuum­doppelbrechung ist derzeit der vielver­sprechendste Effekt Licht-Licht-Wechsel­wirkung direkt nachzuweisen“, erklärt Schulze. „Dabei ändert sich die Polari­sation eines Probestrahls, wenn dieser im Vakuum mit einem sehr intensiven zweiten Lichtstrahl kollidiert. Das Vakuum wirkt somit wie ein doppel­brechender Kristall, der ebenfalls die Polarisation beeinflusst; daher der Name. Der Effekt ist extrem klein, wächst jedoch mit kleiner werdender Wellenlänge des Probestrahls. Präzise Polarisatoren im Röntgen­bereich bieten daher ein gutes Werkzeug, um den Effekt nachzuweisen.“

Das High-Energy-Density-Instrument am European XFEL werde künftig die idealen Bedingungen für solch ein Experiment bieten, erklärt Schulze weiter. Und das Forschungs­team hat nun ein Setup, mit dem kleinste Polarisations­änderungen messbar sind. Der Nachweis der Vakuumdoppel­brechung würde nicht nur die Fundamente der Quanten­elektrodynamik weiter untermauern, sondern, falls Abweichungen von den theo­retischen Erwartungen auftauchen, auch Hinweise auf bisher unbekannte Elementar­teilchen geben wie etwa Axionen. „Wir hoffen in den nächsten Jahren die ersten Versuche zum Nachweis starten zu können.“

Auch für zukünftige Experimente am Teilchen­beschleuniger­zentrum Fair wäre ein Nachweis des Phänomens interessant. „Wenn es uns gelingt die Vakuum­doppelbrechung zu vermessen, wird dies helfen die Messdaten von Fair zu inter­pretieren. Dort wird unter anderem die Vakuum­polarisation eine Rolle spielen, die eng mit der Vakuum­doppelbrechung verknüpft ist“, so Schulze.

GSI / XFEL / JOL

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