Polarisation von Gammablitzen gemessen
Erfolgreicher Einsatz von POLAR an Bord der chinesischen Raumstation.
Sie leuchten in großer Entfernung kurz und extrem hell auf: Rund einmal pro Tag können Astronomen Gammablitze aus den Tiefen des Alls beobachten. Sie stoßen in wenigen Sekunden mehr Energie aus als die Sonne in Milliarden von Jahren. Was jedoch ihr Ursprung ist, ist bislang noch weitgehend unklar. Um in dieser Frage weiterzukommen, hat ein internationales Forscherteam jetzt den Polarisationsgrad der Gammablitze gemessen. Die Ergebnisse zeigen: Gammablitze haben einen vergleichsweise niedrigen Polarisationsgrad. Zudem beobachteten die Forscher Hinweise auf eine Veränderung des Polarisationswinkels über den Verlauf einzelner Gammablitze hinweg.
Die verschiedenen bisherigen Theorien zur Entstehung von Gammablitzen führen zur Vorhersage verschieden hoher Polarisationsgrade. Dabei kommen als Ursprung eines Gammablitzes unter anderem der Kollaps eines massereichen Sterns zu einem schwarzen Loch in Betracht, das Verschmelzen zweier Neutronensterne, eine spezielle Sorte Supernovae und eine Reihe ähnlich energie- und massereicher Vorgänge. Dank der neuen Daten werden sich wohl manche dieser Theorien zu den Ursprungsmechanismen ausschließen lassen, sagt Wojciech Hajdas vom Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz. Er war maßgeblich an der Entwicklung des Instruments POLAR beteiligt, das die neuen Messdaten geliefert hat.
POLAR ist ein hochmoderner Detektor, den Hajdas und sein Team am PSI gemeinsam mit Wissenschaftlern der Uni Genf und des chinesischen Instituts für Hochenergiephysik entwickelt hatten. Im September 2016 war das Gerät an Bord der chinesischen Raumstation Tiangong 2 befördert worden. Von dort aus hat POLAR die Photonen der Gammablitze mittels 1600 spezieller Kunststoffstäbe aufgefangen, weitergeleitet und analysiert. Der Flug ins All war entscheidend für das Projekt, denn vom Erdboden aus verhindert die Erdatmosphäre eine genaue Messung des Polarisationsgrads.
Sowohl das Konzept des POLAR-Detektorsystems als auch die Elektronik wurden maßgeblich am PSI entwickelt. Die Signalauslesemodule und der Zentralcomputer von POLAR wurden dann am PSI hergestellt und getestet. Zusätzlich entwickelten die Forscher eine eigene Software für die Bearbeitung der Daten. Um POLAR vor seinem Einsatz zu kalibrieren, nutzten die Wissenschaftler die Röntgenstrahlung der Synchrotron-Strahlungsquelle Schweiz SLS am PSI sowie der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble. Das Zürcher Unternehmen Art of Technology fertigte die Netzteile für POLAR an. An der Uni Genf wurden die Kunststoffstäbe, die Mechanik sowie das Gehäuse gebaut und dann die Komponenten von POLAR zusammengesetzt.
Insgesamt konnte POLAR mehrere Dutzend Ereignisse registrieren, von denen das internationale Forschungsteam nun die fünf aussagekräftigsten Gammablitze ausgewertet hat. Auf der virtuellen Plattform PSI POLAR Data Center stellt das Team zudem die Daten aller registrierten Ereignisse der Forschungsgemeinde zur Verfügung. Da etliche der von POLAR vermessenen Gammablitze zusätzlich von weiteren Detektoren weltweit beobachtet wurden, dient die Plattform unter anderem dazu, die unterschiedlichen Datensätze abzugleichen.
PSI / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S.-N. Zhang et al.: Detailed polarization measurements of the prompt emission of five gamma-ray bursts, Nat. Astronomy, online 14. Januar 2019; DOI: 10.1038/s41550-018-0664-0 - Detectors, Irradiation and Applied Particle Physics, Laboratory for Particle Physics, Paul-Scherrer-Institut, Villigen, Schweiz