20.03.2020

Poröses Laserlicht

Extrem poröses Material aus Aerobornitrid taugt für neue Laserlicht-Anwendungen.

Mit einer Porosität von 99,99 Prozent besteht es praktisch nur aus Luft und gehört damit zu den leichtesten Stoffen der Welt: Aerobor­nitrid heißt das Material, das ein internationales Forschungs­team unter Leitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entwickelt hat. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie damit eine zentrale Grundlage geschaffen haben, um Laserlicht als Leuchtelement zu verwenden. Basierend auf einer Bor-Stickstoff-Verbindung entwickelten sie eine drei­dimensionale Nanostruktur, die Licht sehr stark streut und kaum absorbiert. Bestrahlt mit einem Laser gibt das Material eine gleich­mäßige Beleuchtung ab, die je nach Lasertyp sehr viel effizienter und leistungsstärker als LED-Licht ist. Mit Laserlicht könnten Lampen für Autoschein­werfer, Beamer oder Raum­beleuchtungen zukünftig kleiner und heller werden. Das Projekt ist Teil der europaweiten Forschungs­initiative „Graphene Flagship“, an der insgesamt rund 150 Forschungs­gruppen aus Wissenschaft und Industrie in 23 Ländern beteiligt sind.

Abb.: Durch die innere Struktur kann das poröse Material verschiedene...
Abb.: Durch die innere Struktur kann das poröse Material verschiedene Wellen­längen streuen, also grünes, rotes und blaues Laser­licht. (Bild: F. Schütt)

In Forschung und Industrie wird Laserlicht schon länger als „nächste Generation“ von Lichtquellen gesehen, die Leucht­dioden in ihrer Effizienz noch übertreffen könnten. „Für sehr helles oder viel Licht braucht man eine große Anzahl von LEDs und damit Platz. Die gleiche Menge an Licht könnte man aber auch mit einer um ein Tausendstel kleineren Laser­struktur erhalten“, sagt Fabian Schütt, Material­wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe „Funktionale Nano­materialien“ der CAU. Leistungs­starke kleine Lichtquellen erlauben zahlreiche Einsatz­möglichkeiten. Erste Test­anwendungen wie in Auto­scheinwerfern gibt es bereits, doch flächendeckend konnten sich Laserlampen noch nicht durchsetzen. Das liegt zum einem an dem intensiven, gerichteten Licht des Laser­strahls. Zum anderen ist Laserlicht mono­chromatisch, es besteht also aus nur einer Wellenlänge. Das führt zu einem unangenehmen Flackern, wenn ein Laserstrahl von einer Oberfläche reflektiert wird. 

„Bisherige Entwicklungen zum Laserlicht arbeiten normalerweise mit Leucht­stoffen, den Phosphoren. Sie erzeugen allerdings ein relativ kaltes Licht, sind nicht langzeitstabil und wenig effizient“, sagt Rainer Adelung, Leiter der Arbeitsgruppe. Das Kieler Forschungsteam setzt daher auf einen anderen Ansatz: Sie entwickelten eine stark streuende Nano­struktur aus Bornitrid, das auch als „weißes Graphen“ bezeichnet wird und extrem wenig Licht absorbiert. Diese Struktur besteht aus einem filigranen Netz unzähliger feiner Hohl­röhren von wenigen Mikrometern. Trifft ein Laserstrahl darauf, wird er im Inneren der Struktur extrem stark gestreut und ein homogenes Licht wird abgegeben. „Unser Material wirkt quasi wie ein künstlicher Nebel, der ein gleichmäßiges, angenehmes Licht erzeugt“, erklärt Schütt. Die starke Streuung trägt außerdem dazu bei, dass störendes Flackern für das menschliche Auge nicht mehr sichtbar ist.

Die Nanostruktur sorgt nicht nur dafür, dass das Material dem intensiven Laserlicht standhält, sondern kann auch verschiedene Wellen­längen streuen. Rotes, grünes und blaues Laserlicht lässt sich so mischen, um neben normalem Weiß gezielte Farbeffekte zu kreieren – zum Beispiel für den Einsatz bei innovativen Raum­beleuchtungen. Hier könnten extrem leicht­gewichtige Laserdioden in Zukunft zu ganz neuen Design­konzepten führen. „Um künftig mit LEDs konkurrieren zu können, muss allerdings auch die Effizienz von Laserdioden noch verbessert werden“, so Schütt. Für den Schritt vom Labor in die Anwendung sucht das Forschungsteam jetzt Industrie­partner.  

Mittler­weile können die Kieler Forscher ihre Methode, hochporöse Nano­strukturen zu entwickeln, für unter­schiedliche Ausgangs­werkstoffe einsetzen, neben Bornitrid auch Graphen oder Graphit. Auf diese Weise entstehen immer mehr neue, leicht­gewichtige Stoffe, die „Aero­materialien“, die besonders innovative Anwendungen erlauben. Zurzeit forschen die Wissen­schaftler in Zusammenarbeit mit Firmen und anderen Hochschulen unter anderem an der Entwicklung selbst­reinigender Luftfilter für Flugzeuge. 

CAU Kiel / JOL

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