08.12.2017

Prozesskontrolle mit Sensorkugeln

Kompakte Detektoren sollen Vorgänge in Bioreaktoren genauer verfolgen.

Die richtige Temperatur entscheidet darüber, wie gut sich Mikro­organismen oder Zellen in einem Bioreaktor kulti­vieren lassen. Obwohl sich die Wärme im Reaktor unter­schiedlich verteilt, ist die Temperatur bisher nur punktuell mit Stab­sonden messbar, die durch vorde­finierte Löcher gesteckt werden. „Mit unseren mobilen, etwa erbsen­großen Sensor­kugeln können wir die Temperatur an vielen Orten gleich­zeitig erfassen. Dadurch ist es möglich, die Wärme­zufuhr exakt so zu regulieren, dass sie für den Herstellungs­prozess optimal ist“, sagt Tobias Lüke, der die neuen Sens-o-Spheres-Mess­kugeln am Fraun­hofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Kooperation mit Wissen­schaftlern der Tech­nischen Univer­sität Dresden und Projekt­partnern aus der Industrie entwickelt hat.

Abb.: Sensorkugel: Mit der miniaturisierten Funkschaltung im Innern der Kugel lassen sich die Messdaten live an eine Basisstation übermitteln. (Bild: Fh.-ENAS)

„Bei einem Liter sind die Temperatur­unterschiede innerhalb eines Reaktors noch nicht so groß. Bei mehreren tausend Litern wächst der Fehler jedoch erheblich. Mit unserer präzisen Mess­technik gibt es weniger Probleme beim Upscaling der Volumina, also der Umstellung von kleinen Test-Reaktoren im Labor auf große in der Produktions­halle.“ Ein weiterer Vorteil der Sens-o-Spheres: Während Stabsonden durch Kabel gebunden sind, sind die Kugeln mit einer auflad­baren Batterie ausge­stattet. „Der Installations­aufwand ist daher gering. Die Sens-o-Spheres schwimmen einfach im Medium, so stören sie beispiels­weise auch nicht beim Umrühren. Außerdem können sie sowohl problemlos in kilometer­langen Röhren­reaktoren und anderen inno­vativen Reaktor­typen als auch in klassischen Klein­kultivierungs­gefäßen wie dem Schüttel­kolben eingesetzt werden. Gängige Mess­systeme stoßen hier an ihre Grenzen“, erklärt Lüke.

Die erfassten Daten werden per Funk live an eine Basis­station übertragen. Dabei ist jeder Messwert einer bestimm­ten Kugel zugeordnet, denn jede verfügt über eine eigene ID. Je mehr Kugeln, desto höher die Messge­nauigkeit. Eine Faust­formel dafür, wie viele Kugeln notwendig sind, gebe es jedoch nicht. Es gelte: So viele Kugeln wie nötig, so wenige wie möglich. Nach ihrem Einsatz können die Kugeln problemlos im Auto­klaven steri­lisiert werden, denn die Elektronik ist robust und zudem sicher von einer Kapsel aus Poly­propylen umschlossen – weder Feuch­tigkeit noch hohe Tempera­turen von rund 120 Grad Celsius und mehr, wie sie beim Auto­klavieren üblich sind, können ihr etwas anhaben. Die Kugeln können daher steril gehalten, mit Hilfe eines speziell entwickelten induk­tiven Batterie­ladesystems aufgeladen und wieder­verwendet werden.

Bald sollen die Mess­kugeln nicht nur die Temperatur, sondern auch den Sauerstoff­gehalt und den pH-Wert erfassen können. „Außerdem wollen wir die Basis­station mit dem Gesamt­system verbinden. Dann könnte der Herstellungs­prozess aufgrund der gemessenen Werte automatisch geregelt werden. Die Kugeln sollen zudem geortet werden können, so dass man genau weiß, wo der Messwert erfasst wurde“, sagt Lüke. Die Messkugeln sind nicht nur für die mikrobio­logische Kultur- und Prozess­entwicklung im Labor ideal, sondern könnten auch in der Arznei­mittelher­stellung, der Umweltmess­technik oder beim Screening in der Medizin zum Einsatz kommen.

FhG / JOL

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